I. Tame

Mika liebt …


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wieviel Klamotten sie aus ihrem riesigen Kleiderschrank zauberte. Und begleitet wurde ihre Suche mit Bemerkungen wie „Och, das war mal ein Entwurf. Ist schon lange her.“ Oder „Das ist echt nix Besonderes, Mika. Mach‘ nicht so ein Tamtam darum.“

      Zu der dunklen Jacke wählte sie ein Hemd in der Farbe seiner Augen, welches lässig über seine schwarze Jeans getragen wird. Das gefällt Mika besonders gut. Das Hemd ist ein Stückchen länger als die Jacke. Dadurch wirkt die ganze Kombination sehr leger, nicht overdressed und super sexy.

      Dann hatte er sich noch die Haare nachschneiden lassen und sein Blond ein wenig aufgefrischt. Jetzt stehen sie wieder frech in alle Richtungen ab.

      Fast fühlt sich Mika wie neu geboren, wenn da nicht diese große Trauer in ihm wäre. Keno ist weg. Und ein inneres Gefühl sagt ihm, dass er nicht mehr zurückkommt. Eigentlich hatte Mika es doch immer gewusst. Nur wahrhaben wollte er es nie. John hatte Recht gehabt.

      „War ja klar! Letztendlich würde ich auch mit einem Typen wie John abhauen, wenn ich die Wahl zwischen ihm und mir hätte!“ Mikas Selbstwertgefühl ist am Boden und wird sich so schnell wohl nicht erholen. Doch dann klammern sich seine Gedanken wieder an Jana fest … und schon geht es Mika besser. Ach, Jana! Endlich wieder ihre Stimme hören, ihr unverschämtes Lachen, ihre Kraft und ihre Lebenslust spüren. Mika lässt seinen Blick erneut über die vorbeirasende Landschaft schweifen. Er lächelt. Ja, das Wiedersehen mit Jana wird ihm neuen Mut schenken.

      Und wenn sie erst ihr Geburtstagsgeschenk sieht!! Vorsichtig hat Mika den in braunes Packpapier geschlagenen Rahmen auf die obere Ablage im Abteil geschoben. Bereits vor einiger Zeit ließ er sich Abzüge von Kenos Fotos machen, auf denen Jana und Mika festgehalten wurden, als sie die Klamotten für Edwinas Fest anprobierten. Mika hat einen besonders geilen Schnappschuss ausgewählt und auf 50 x 40 cm vergrößern lassen. So musste er nur noch einen schönen Rahmen besorgen und – Voilà – fertig war das Geschenk.

      Auf dem Bild kniet Mika in verschossenen Jeans, barfuß, mit nacktem Oberkörper und verstrubbelten Haaren vor Jana. Sein Blick ist vorsichtig fragend nach oben gerichtet. Der Blick, der Keno sofort rattig machte.

      Mikas Hände umfassen die Bänder der Corsage und ziehen daran. Dadurch treten seine Oberarmmuskeln wie gemeißelt hervor. Jana steht mit leicht vorgebeugtem Oberkörper barfuß vor ihm. Ihre Brüste quellen sexy aus dem Dekolletee. Sie stemmt die Hände in die Hüften und hat den Mund ein Stück geöffnet. Dadurch wirkt sie als würde sie stöhnen. Da ihre Beine etwas versetzt stehen, sieht man den entblößten Schritt nicht. Doch ihr knackiger kleiner Po wölbt sich unter der abschließenden Bordüre der Corsage. Um die beiden herum liegen aufgerissene Kartons, Papier und Tüten. Mika hat die Aufnahme in Sepia drucken lassen, was ihr noch eine ganz eigene Ausstrahlung verleiht.

      *

      Schließlich steht Mika im Hotel vor der Eingangstür zu einem Penthouse-Appartement. „Ganz schön feudal, wie Jana so lebt. Ihr neuer Typ scheint ja ‘ne Menge Kohle zu haben.“ Mika drückt auf die Klingel. Das Bild hat er vorsichtshalber erst mal neben sich abgestellt. Es dauert ein paar Momente, dann öffnet sich die Türe.

      Mika starrt den Mann an, der vor ihm steht. „Den kenn‘ ich doch!“ denkt er verwirrt. „Irgendwo hab‘ ich den schon mal gesehen.“

      Auch George ist einen Moment lang irritiert und überlegt, ob er Mika bereits persönlich einmal kennengelernt hat. Was für ein hübscher Kerl!

      „Hallo“, beginnt Mika vorsichtig und zieht unsicher die Augenbrauen zusammen. „Ich bin Mika.“

      Und jetzt fällt der Groschen bei George. „Lauf … Mika.“ Das war der Junge bei Edwina. Der mit den Kratzern im Gesicht, der vor seinen Freunden wegrannte. Das ist Janas Freund? So genau hatte er ihn sich auf den Fotos der Detektei nie angesehen. Doch wie Mika nun so vor ihm steht … er strahlt sein devotes Wesen mit jeder Pore aus. George spürt ein leichtes Ziehen in seinem Schwanz. Es sollte doch mit dem Teufel zugehen, wenn sich da nichts arrangieren ließe. Ein Lächeln legt sich auf sein Gesicht.

      „Hallo, Mika! Herzlich willkommen. Komm doch rein. Ich bin George.“

      Und jetzt fällt der Groschen auch bei Mika. Ohne nachzudenken platzt es aus ihm heraus.

      „Du bist Clooney!“

      George wird von dieser Bemerkung dermaßen überrumpelt, dass er lauthals lachen muss. Das ist ihm noch nie passiert.

      „Nein, Mika! Nur George. Wie kommst du auf Clooney? Nicht, dass ich mich nicht geschmeichelt fühle …“ Und wieder lacht er vor sich hin.

      Mika stimmt in sein Lachen ein. Im Eingangsbereich stellt er das Bild beiseite.

      „Ich hab‘ dich damals vor der Türe bei Edwina geseh’n. Du sahst aus wie George Clooney. Sehr elegant.“ Er presst die Lippen aufeinander. „Ich sah wohl nicht so elegant aus …“

      „Du sahst scharf aus“, widerspricht George in Gedanken und hat deutlich Mikas Erscheinung vor Augen. Die Lederhose, das Kettenshirt, durch das man die Peitschenstriemen auf dem Rücken sehen konnte. Sein trauriges verunstaltetes Gesicht. Georges Schwanz wird immer härter. Der Junge hatte sich auspeitschen lassen. Hmm.

      „Du warst irgendwie auf der Flucht“, wirft George ein.

      Mika lächelt verschämt. „Kann man so sagen … Hast du Jana damals bei Edwina kennen gelernt? Sie war ja unter den Leuten, die mir hinterher gelaufen sind.“

      George reißt erstaunt die Augen auf. „Ehrlich? Nein! Mein Wagen fuhr im selben Moment vor!“

      Er fasst es nicht. Da hatte er doch tatsächlich seinen süßen Engel um Sekundenbruchteile verpasst.

      „MIIKAA!“ Jana rennt wie ein Wirbelwind den Flur entlang. Also, so schnell ein Wirbelwind auf High Heels eben sein kann. Mika fängt sie jubelnd in seinen Armen auf und dreht sich mit seinem Mädchen mehrmals um die eigene Achse. Ihr langes fließendes Abendkleid weht wie ein Blütenblatt um sie herum. Nachtblau und jede Kontur ihres zierlichen Körpers betonend.

      „Ich bin noch nicht fertig geschminkt! Du darfst mich küssen!“, jauchzt Jana.

      Mika schaut fragend in Georges Richtung. Der deutet lachend eine ‚Nur zu‘-Geste an. Natürlich ist er total scharf darauf, zuzusehen. Und dass Mika ihn quasi erst um Erlaubnis bittet … der gefällt ihm!! Der gefällt ihm richtig gut!!

      Ihre Münder verschmelzen miteinander. Immer wieder reißen sie sich voneinander los, damit sie sich ansehen können. Doch dann küssen sie sich erneut ab. Endlich löst Jana sich aus Mikas Armen und tritt einige Schritte zurück.

      „Mika!! Du siehst sexy aus! Mann, Keno kriegt bestimmt die Vollkrise, weil er dich alleine losziehen lassen muss.“ Strahlend begutachtet sie Mikas neue Klamotten, während dieser innerlich vor Trauer aufschreit. Jana kennt die ganze Wahrheit ja noch nicht.

      Auch George schießt scharfe Säure in den Magen, dermaßen schockt ihn Janas Bemerkung. Keno??!! Oh, verdammt! Jetzt bloß nicht dieses unleidige Thema! Das ist Kenos blonder Junge! Er darf diese Tatsache nicht verdrängen?! „Ich muss erst mal vorsichtig sein. Mal sehen, wieviel er mit dem Wahnsinnigen noch zu tun hat. Hoffentlich hält sich Jana an ihr Versprechen, nichts von mir und der Tatsache zu erzählen, dass John mein Sohn ist.“

      Doch ein Blick in Janas Richtung reicht. Sie sieht George geradeheraus an und schließt kurz beruhigend die Augen. Alles klar! Sie ist ein Superweib!! Und so groß kann Cats Liebe ja nicht sein. Natürlich weiß George bereits von den zwei gebuchten Tickets in die USA.

      George geht vor in das große Wohnzimmer des Appartements.

      „Kommt ihr beiden. Lasst uns gemeinsam anstoßen, bevor die anderen Gäste kommen.“

      Mika schnappt sich sein Geschenk und beide folgen George in den Hauptraum. Das edle Ambiente beeindruckt Mika schwer. Was für ein Ausblick! Die ganze Stadt liegt ihm wie ein Lichtermeer zu Füßen. Er kann sich gar nicht davon losreißen.