Elke Bulenda

Das Schicksal lacht mit spitzen Zähnen


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Das ist jetzt die vierte Bedienstete, der du einen Bastard einpflanzt«, sagte Skryrmir trocken. Er hatte schon lange die Hoffnung aufgegeben, aus seinem Bruder könnte irgendwann einmal ein verantwortungsbewusster Mensch werden.

      »Skryrmir, diesmal ist es wirklich anders, denn Mathilda und ich sind so etwas wie Seelenverwandte. Ich will nicht behaupten, dass mir ihr Gott mehr zusagt, als unsere Götter. Dennoch verlangt dieser kein Blut, oder andere Opfer. Er ist ein friedfertiger Gott, der gut zu seinen Gläubigen ist. Ich bin ebenfalls friedfertig. Mathildas Worte haben mich tief berührt. Und wenn sie von ihrem Gott spricht, fühle ich mich ihr nahe. Sie ist sehr klug, lehrt mich sogar das Lesen und Schreiben. Die anderen Frauen sind schmückendes Beiwerk, aber Mathilda ist jemand, mit der ich den Rest meines Lebens verbringen will.«

      »Und was ist mit Mathildas Gott? Meinst du nicht, er wird euch deshalb zürnen?«, fragte Skryrmir skeptisch.

      »Unser Kind wird den Dienst für seine Mutter an ihrem Gott übernehmen. Du gabst Odin schließlich auch deinen Sohn. Weiß deine Numa schon von deinen Plänen?«

      … Das machte mich hellhörig. Welchen Sohn meinte er?...

      Skryrmir blies die Backen auf und ließ langsam die Luft entweichen. »Nein, und es wäre schön, wenn sie es nicht frühzeitig erfährt. Der Winter ist lang und ein leeres Bett wärmt mich nicht. Versprich mir, darüber zu schweigen!«, forderte er.

      »Selbstverständlich. Ich rede ohnehin mit ihr nur das Nötigste. Ansonsten beschimpfen wir uns«, grinste Hackbart.

      Skryrmir nickte erleichtert. »Gut. Tja, was soll ich sagen? Selbstredend freue ich mich, dass du es anscheinend diesmal mit einer Frau ernst meinst. Andererseits, kann das reine Augenwischerei sein. Hackbart, wir haben denselben Vater. In deinen Adern fließt ebenfalls das Blut des Drachentöters. Dieser ewige Zwist mit dir und Numa, so geht das nicht mehr weiter. Bitte hilf mir, damit ich dich nicht fortschicken muss! Hilf mir, eine beidseitig akzeptable Lösung zu finden! Bring mich nicht um meinen inneren Frieden!«

      »Du deutest an, was mir schon lange klar ist. Für mich ist diese Situation ebenfalls unerträglich. Numa ist zwar meine Fürstin, doch bin ich nicht ihr Lakai. Weißt du, ich spiele schon lange mit dem Gedanken, in den Süden zu gehen. Damals, als wir nach Hólmgarðr fuhren, kurz bevor wir ankamen, da befuhren wir einen Fluss, der voller Leben war.«

      »Meinst du die Newa?«, fragte Skryrmir.

      »Ja, genau. Dort würde ich mich gerne niederlassen und mit Pelzen handeln. Nach Hólmgarðr ist es nicht weit und so können wir unser Einflussgebiet weiter nach Osten ausweiten. Du kannst bei mir investieren. Wir könnten ein Vermögen mit den Pelzen machen. Ohnehin wirst du den Platz, der frei wird, gebrauchen können. Deine Kinder werden langsam erwachsen und wenn jeder von ihnen eine eigene Kammer bekäme, würden sie sich freuen.«

      »Stimmt, die Pelze waren hervorragend. Und du hast recht. Langsam wird es ziemlich eng hier im Haus. Ich spielte schon mit dem Gedanken, dich und deine Familie anderweitig unterzubringen. Du wirst uns doch besuchen kommen?«, fragte Skryrmir wehmütig.

      »Natürlich! Meine Nichten und Neffen sind mir beinahe wichtiger als meine eigene Brut. Ich kann mich im Süden für dich um die Waren kümmern, die du ohnedies von dort bekommst. So werde ich einmal im Jahr zu dir in den Norden fahren. Bei Odin, ich hasse lange Bootsreisen. Trotzdem, es wird einfach Zeit, selbst etwas auf die Beine zu stellen. Ich bin es leid, einfach nur Skryrmirs kleiner, von allen belächelter Bruder zu sein«, stellte Hackbart fest.

      »Niemand belächelt dich. Du bist mir lieb und teuer. Du warst ein weiser Statthalter. Gut, ich werde dich in deinem Vorhaben unterstützen. Wann wirst du gehen? Und wen nimmst du mit?«

      Hackbart überlegte. »Im Frühjahr wollten wir sowieso alle nach Uppsala zum großen Opferfest. Nach den Feierlichkeiten würden sich unsere Wege dann trennen, weil es bis zur Newa nicht mehr weit ist. Wir müssen dann nur noch ein kleines Stück nach Osten reisen. Tut mir leid, Bruder, wenn ich dir das ganze Haus ausräume, aber ich werde meine Frauen und Kinder, sowie meine Mutter Aenna mitnehmen. Selbstverständlich kommt auch Mathilda mit. Es sei denn, du verbietest es.

      »Nein, Mathilda soll dich begleiten. Was wäre ich für ein Mensch, wenn ich dich um deine große Liebe bringen würde?«, fragte Skryrmir.

      »Ich danke dir von Herzen, Bruder. Tja, dann würde ich vorschlagen, dass du dich vorzeitig für passenden Ersatz umsiehst. Vielleicht solltest du Wulfgar im nächsten Jahr noch nicht auf die Menschheit loslassen, sondern ihm die Rechtsprechung überlassen«, schlug er vor.

      »Ja, ich sehe mich jetzt schon mal nach neuen Leuten um. Solange das alte Personal noch da ist, kann es die Neuen einarbeiten. Und Wulfgar sollte wirklich zuerst lernen, wie ein weiser Führer seine Entscheidungen trifft. Er muss sich vorerst in Geduld üben. Na, der wird sich...«, hielt mein Vater mitten im Satz inne.

      Wir hielten uns noch immer im Dunkel der Halle unter einer Bank verborgen. Balder und ich zuckten zusammen, weil uns unmittelbar einer der großen Wolfshunde gegenüberstand, und seinen stinkenden Atem in unsere Gesichter hechelte. Wie konnten wir nur glauben, unser Vater würde uns nicht entdecken? Wo er doch drei Nasen, fünf Augen und zehn Beine besaß. Und schon hörten wir Schritte, die sich uns näherten.

      »Was treibt ihr beiden Heimlichtuer hier unter dieser Bank? Habt ihr etwa gelauscht?«, fragte unser Vater barsch, was ansonsten nicht seine Art war. Doch bei Spionage konnte er ziemlich ungehalten werden. Er sah es als sein persönliches Privileg an, selbst zu verkünden, was Sache war. Er hasste es, wenn Gerüchte vorschnell die Runde machten.

      »Onkel Hackbart geht?«, fragte ich voller Pessimismus.

      »Echt? Wir fahren nächstes Jahr nach Uppsala?«, fragte Balder erfreut. Das war der große Unterschied zwischen uns. Ich sah offensichtlich nur die Finsternis, während Balder stets die bunten Farben und Schmetterlinge wahrnahm.

      »Ja, und ja. Schweigt! Sonst gibt es von Arnulf ein paar fette Hiebe! Wehe einer von euch denkt auch nur laut darüber nach! Ihn werde ich finden, schließlich weiß ich, wo ihr wohnt!«, drohte mein Vater gespielt streng. Trotzdem verfehlte seine Mahnung nicht ihre Wirkung. Denn niemand wollte von Arnulf freiwillig Hiebe kassieren.

      Arnulf… Noch heute denke ich mit Grauen an ihn zurück!

      »Wer war dieser Arnulf? Und warum graut es dich noch heute vor ihm?«, fragte Agnir höchst interessiert.

      »Weil er uns ständig tötete!«, gab ich lachend zurück.

      »Wie? Er tötete euch ständig? Wie soll denn das gehen?«, wollte Agnir wissen. Von Weitem sahen wir Annie, die mit den Hunden Gassi ging. Wie die Unschuldslämmer winkten wir ihr, selbst wenn wir momentan nichts Schlimmes ausgefressen hatten. Annie, alias Fergus, ist meine Schwiegermutter. Eine Person, die einem permanent ein schlechtes Gewissen fühlen lässt.

      Sie winkte zurück und die Hunde tollten um sie herum…

      … Nein, eher nur ein Hund tollte um sie herum, nämlich Schnauze, der, dank Cornelius Gentherapie, wieder vier Beine besaß. Eine komplizierte Sache, zu erläutern, wie das genauer funktioniert. Immerhin war das Ergebnis voll und ganz überzeugend. Der andere Hund in Annies Dunstkreis, ist Prince Charles, ihr Basset Hound. Diese Rasse ist ebenfalls bekannt als Hush Puppy... Wie treffend - »Hasch Papi« wird´s ausgesprochen. Ja, und wie ein behaschter Papi, schlurfte der Hund durch die Gegend. Nie zuvor sah ich einen dermaßen relaxten Köter.

      Doch zurück zu Arnulf…

      Solche Typen wie Arnulf, würde man heutzutage wahrscheinlich als Veteranen mit posttraumatischer Störung bezeichnen. Wir bezeichneten Arnulf als gemeinen Schänder mit Dachschaden. Denn er war auf seine eigene Art ein wenig verschroben. Der alte Recke unterrichtete uns im Kampf mit Schwert und Schild, der Axt und dem Speer. Aus uns unerklärlichen Gründen, hatte er seine Schildhand verloren, was ihn nicht unbedingt erträglicher machte. Der Schmied unserer Siedlung hatte ihm eine Vorrichtung für seinen Armstumpf geschmiedet, die es ihm ermöglichte, einen Schild zu halten. Während des Unterrichts kannte Arnulf mit uns blutigen Anfängern kein Erbarmen. Jedes Mal, wenn wir einen taktischen Fehler machten, ging er dazwischen