Sabine von der Wellen

Das Vermächtnis aus der Vergangenheit


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mal eben nach den Terminen. Ich glaube, der nächste ist in zwei Wochen. Der findet immer samstags statt. Warte, ich sage es dir gleich und wir können dich dafür auch sofort anmelden.

      Ellen erscheint hinter mir, als ich mit Klaus zu dem Pult gehe, an dem er seine Tasche angelehnt hat. Er hebt sie auf den Tisch und kramt ein kleines Buch hervor.

      „Ja, am dreizehnen Dezember ist der nächste Termin. Es ist der letzte bei uns in diesem Jahr.“

      „Können Sie uns bitte dafür anmelden?“, frage ich und er nimmt einen der Kugelschreiber.

      „Carolin Maddisheim und Ellen Zeiss-Clarkson“, sage ich und er trägt unsere Namen ein.

      „Danke“, sage ich und schenke Ellen ein Lächeln.

      „Oh Mann. Auch das noch!“, murmelt sie mürrisch.

      Ich schiebe sie durch den Raum, Klaus ein „Bis zum nächsten Mal“ zurufend und teile ihr leise mit: „Ja, Erik hat mich heute Morgen daran erinnert und es ist der letzte Kurs in diesem Jahr.“

      Sie bleibt stehen und sieht mich mürrisch an. „Ach, Erik? Dass du dich überhaupt noch an seinen Namen erinnerst!“

      Ich sehe sie verdattert an. Was soll das jetzt?

      „Wo du doch eine Stunde lang nur Werner im Kopf hattest“, knurrt sie böse.

      Ich bin von ihren Worten betroffen. „Ellen, du spinnst! Und langsam gehst du mir echt auf den Geist mit deinem Theater. Auch wenn ich mit Erik zusammen bin, heißt das doch wohl nicht, dass ich mich mit keinem anderen männlichen Wesen unterhalten darf, oder?“, sprudeln mir die Worte wütend über die Lippen. „Erik ist doch deshalb nicht aus meinem Kopf gestrichen. Keine Sekunde! Und das sollte dir mehr als klar sein.“

      Ellen weicht ein wenig vor mir zurück und ihr Gesichtsausdruck wandelt sich. „Weiß nicht. Ich will nur nicht …“, murrt sie.

      „Was willst du nicht?“, fahre ich sie an. „Was glaubst du denn? Dass ich mir den nächsten greife, sobald Erik nicht in der Nähe ist?“

      Ich bin nun wirklich wütend auf sie. Nicht so sehr, weil sie scheinbar für möglich hält, dass ich Erik mal einen Moment vergesse, sondern weil sie mir den normalen Umgang mit Mitmenschen abspricht und Werner immer so blöd anmacht, dass es schon peinlich ist.

      „Ne!“, murmelt sie und plötzlich wird ihr Blick unsicher. Sie kennt das von mir nicht, dass ich sie so böse anfahre. Das ist bisher auch noch nicht oft vorgekommen, obwohl sie mich oftmals zur Weißglut bringt.

      „Gut!“ knurre ich. „Dann komm jetzt! Ich will nach Hause.“

      Als wir auf den kleinen Vorplatz treten, stehen noch viele unserer Mitstreiter draußen, schwatzend und rauchend. Ellen sieht sich um und ich bin schon wieder genervt. Schaut sie schon wieder wo Werner ist?

      Ein Brummen lässt mich hellhörig werden. Ich höre es trotz der vielen Stimmen und der anderen Autos, die auf der Straße an der Fahrschule vorbeiziehen und es vibriert in meinem Inneren und rüttelt dort alles wach.

      Ich sehe auf und direkt in Ellens Gesicht, die mir ihre Zigarettenschachtel hinhält. Sie möchte also Frieden schließen.

      Doch statt eine ihrer Zigaretten zu nehmen, sage ich lauschend: „Erik?“

      Sie sieht mich verunsichert an und dreht sich zur Straße um, wo das Brummen lauter wird. Kurz darauf schiebt sich der Mustang auf den Parkstreifen vor dem breiten Fußgängerweg.

      „Erik!“, stelle ich freudig fest und grinse Ellen an, die erleichtert wirkt.

      „Was du alles hörst!“, sagt sie mit gerunzelter Stirn.

      Hinter dem Mustang kommt mit etwas weniger Tumult der BMW auf den Parkstreifen für die Fahrschulautos gefahren.

      „Und Daniel!“, sage ich zu Ellen und meine Laune steigt sofort um hundert Prozent.

      Erik steigt beschwingt aus dem Mustang aus, die Blicke der um uns stehenden ignorierend, die sein Auto mustern.

      Für mich zählt nur Erik und als er so um sein Auto herumgeht und suchend in die Menge lugt, schlägt mein Herz schneller.

      Auch Daniel steigt aus und auch er schaut sich um.

      Plötzlich habe ich das Gefühl, die beiden sind nicht zufällig da. Ist etwas passiert?

      Schnell bewege ich mich durch die um uns Stehenden auf Erik zu, der mich in dem Moment entdeckt.

      „Erik, alles in Ordnung?“, frage ich schon, als ich ihn noch nicht mal erreicht habe.

      Er sieht mich an und seine Augen leuchten auf. Aber er sagt nichts, sondern kommt mir entgegen, zieht mich an sich und küsst mich.

      Ich bin nicht nur irritiert, sondern auch etwas peinlich berührt. Diese Auftritte machen mich immer noch verlegen.

      Erik lässt mich los und grinst: „Jetzt schon.“

      Ich drehe mich zu Ellen um, die Daniel einen Kuss gibt, mir zuwinkt und schnell in den BMW steigt.

      Ich wollte sie doch noch wegen Werner zusammenstauchen, aber sie scheint es mit einem Mal sehr eilig zu haben und Daniel zieht mit seinem BMW an dem Mustang vorbei, hupt kurz und weg sind sie.

      „Komm! Ab nach Hause!“, knurrt Erik mir in seiner Gangstermanier zu und gibt mir einen Klaps auf den Po.

      Ich sehe ihn etwas ungehalten an, weil ich so etwas gar nicht mag. Das mimt immer ein wenig den Anstrich von Nutten-Zuhälter Konstellation.

      Eriks Blick wandert düster über die Leute hinweg und mir wird auf einmal klar, dass dieser Auftritt wohl überlegt ist. Deswegen hat Ellen sich so schnell aus dem Staub gemacht. Sie weiß, wie sehr ich so einen Auftritt hasse und ich denke mir, sie hat ihn höchstpersönlich erbeten.

      „Können wir jetzt fahren?“, brumme ich resigniert. Sowas werde ich aus diesen Zeiss-Clarkson wohl niemals herausbekommen.

      Erik hält mir sogar die Beifahrertür auf, was ihm einen mittlerweile bösen Blick von mir einbringt. Aber er ignoriert den lässig.

      Als er einsteigt, den Motor aufbrüllen lässt und den Mustang auf die Straße treibt, sehe ich nicht noch mal zurück zu den vielen jungen Leuten. Ab heute werden sie mich mit anderen Augen sehen, das steht schon mal fest.

      „Was ist?“, fragt Erik gut gelaunt.

      „Nichts!“, knurre ich und er lacht. „Ich liebe das, weil ich weiß, wie wenig dir an solchen Auftritten liegt.“

      „Ja, Danke. Schon klar. Jetzt wissen alle Bescheid!“, murre ich, kann aber nicht länger böse auf ihn sein, weil seine Augen so zufrieden glänzen und um seinen Mundwinkel dieses belustigte Lächeln spielt, das ich so an ihm mag, weil es mir zeigt, dass es ihm gut geht. Und wenn ihn solche Auftritte glücklich machen …

      Am nächsten Morgen treffe ich Ellen an der Schule. Sie wurde wieder vor mir von Daniel dort abgeliefert und muss nun erschrocken feststellen, dass ich noch nicht mit ihr fertig bin.

      „Guten Morgen!“, säuselt sie, als ich Erik hinterherwinke.

      Ich sehe sie mit bösem Blick an, was ihre gute Laune verfliegen lässt.

      „Kein guter Morgen. Zumindest nicht für dich!“, fahre ich sie an und tue so, als wäre ich noch stinksauer. Sie soll mir einfach sagen was sie mit diesem Werner für ein Problem hat.

      „Ich habe nichts gemacht“, sagt sie in Abwehrhaltung.

      Sie zum Schulhof ziehend, frage ich barsch. „So, nicht? Und was ist das mit diesem Werner? Kannst du mir mal sagen was du gegen den hast? Der will doch nur nett sein!“

      Ellen bleibt wie erstarrt stehen und lacht böse auf. „Ach, wegen dem bist du sauer? Das ist doch wohl nicht wahr.“

      „Ich bin nicht wegen dem sauer, sondern weil du ihm gegenüber so feindselig bist. Was ist denn bloß mit dir los?“

      Langsam