Fritz Gustavo Allewelt

Abgefahren


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Ja, hier war es, hier links rein. Dann müsste gleich rechts la pescheria von Francesco sein.

      Hier konnte man alles kaufen, was das Meer an Fischen und Meeresfrüchten hergab. Tatsächlich, den Laden gab es noch. Er sah noch genauso aus, wie damals. Ob Francesco noch der Besitzer war? Jetzt wurde die Straße sehr eng und ich musste mich mit dem dreizehn Meter langen Gespann auf das Fahren konzentrieren. Aha, hier rechts, an den

      Carabinieri ging es vorbei, zum Marktplatz direkt am Meer.

      Die Carabinieri hatten sich eingezäunt als wäre es Fort Knox.

      Wovor hatten sie Angst?

       „Dina, wir sind da, sieht das nicht toll aus?“

      Sie stand auf dem Beifahrersitz, die Vorderpfoten auf dem Rahmen der Seitenscheibe.

      Sie interessierte sich nur für die italienischen Hunde, die neugierig das fremde Fahrzeug in

      Augenschein nahmen. Die asphaltierte Piazza, auf der einmal in der Woche ein typisch süditalienischer Markt stattfand, lag direkt am Meer. Eine kniehohe Mauer mit Laternen darauf grenzte ihn an der Meerseite ab.

      Eine Straße auf der anderen Seite trennt den Marktplatz von alten Häusern im typischen Stil Süditaliens.

      Das passte gut, ein Beamter der Polizia Municipale. Während ich auf den Beamten zuging, nahm Dina erst mal Kontakt mit den italienischen Vierbeinern auf.

      „Hallo, guten Tag. Mein Name ist Norbert Krüger, bin Deutscher und möchte den Optiker Gino Brunellisi besuchen.

      Ich möchte gerne einige Tage bleiben. Gibt es ein Problem, wenn ich hier stehe?“

      „Ah, aus Deutschland. Deutschland ist gut, mein Bruder hat dort lange gelebt und gearbeitet. Nein, keine Probleme, bitte nicht die Markise ausfahren, dann ist das Camping. Mittwochs ist hier Mercato, da müssen Sie sich einen anderen Platz suchen.

      Gegenüber von den Carabinieri ist noch ein guter Platz“.

      „Danke, sehr freundlich!“

      „Dina, bei Fuß, wir gucken mal, ob Gino in seinem Laden ist.“

      „Grüße an Gino von Salvatore!“ rief der freundliche Beamte noch.

      An der Ecke war ein kleiner Lebensmitteladen, ein paar Häuser weiter eine kleine Eisdiele, ein Geschäft mit Anglerzubehör und ein kleines Restaurant. Seit unserer Ankunft wurden wir beobachtet und ich spürte, dass man über den Straniero, den Fremden, sprach.

       Die kleine Seitengasse, die zum Corso Senatore Andrea Matarazzo führte, ließ erahnen, warum Jahrzehnte lang der Fiat Cinquecento hier das Sagen hatte.

      In den schmalen Gassen erlebte man das einzigartige Flair des unverfälschten süditalienischen Dorflebens.

      Die Corso Senatore Andrea Matarazzo war eine etwa ein Kilometer lange Fußgängerzone mit allen möglichen kleinen Geschäften.

      Beide Seiten der schmalen Straße säumten Obstgeschäfte, Weinläden, kleine Bars, Juweliere, Fotoläden, Friseurläden, Fischgeschäfte, Textilien und Schuhgeschäfte, einfach alles. Selbst ein Bankautomat und eine Post ließen sich hier finden.

      Und das Optikergeschäft, Gino Brunellisi, meines italienischen Freundes aus den 80er Jahren.

      Es zeigte sich noch alles so, wie vor zwölf Jahren.

      Hier musste die Zeit stehen geblieben sein.

      Noch an diesem Alimentari vorbei, dann müsste Bruno mit seinem Tabakladen kommen, hier gab es übrigens auch Briefmarken und Salz zu kaufen. Endlich hatten wir das Ziel erreicht, Ottica Brunellisi! Natürlich, da war sein Geschäft.

      Innerlich total aufgewühlt betrat ich den Laden. Wunderschöne Sonnenbrillen wurden in den unzähligen Glasvitrinen ausgestellt.

      Alles nur vom Feinsten.

      Da stand er!

      Ich konnte nicht glauben, dass zwölf Jahre vergangen waren, seit ich ihn das letzte Mal sah. Er hatte sich nicht verändert. Mit einer Zigarette im Mundwinkel, deren vordere Hälfte aus Asche bestand, guckte er mich an, als würde soeben Mussolini seinen Laden betreten.

      Er stand hinter dem, mit italienischer Ordentlichkeit gezierten Verkaufstresen. Berge mit Papier, einem Handspiegel, in dem nur ein Blinder, der hineinschaute, sein Aussehen mit der Armanibrille erahnen konnte.

      Über Ginos Kopf, bedeckt mit schwarz glänzendem Haar, hing ein Schild „non fumare“, nicht rauchen.

      „Mamma mia, Norberto, isch glauben es nicht, meine liebe Freund, meine Bruder. Isse das dein Geist?“

      Er stürmte hinter dem Tresen hervor. Links und rechts ein Kuss, gefolgt von einer wilden Umarmung. Er lief zum Telefon und brüllte in die strapazierfähige, italienische Sprechmuschel:

      „Imma, horen gut, was ich dir sagen muss. Meine liebe Freund, meine Bruder Norberto, stehen hier vor mich, bereite alles vor, wir essen heute Abend zusammen!“

      Nebenan war noch die Bar, in der wir schon damals unseren Espresso tranken.

      „Hey, ciao Pilota, wie schön dich wieder zu sehen. Due Cafe, e aqua per Dina.”

      Diese Herzlichkeit und Freundlichkeit!

      Es dauerte nicht lange dann waren auch Bruno vom Tabakladen, Antonio der Metzger, Dottore Battaglia, der Steuerberater, Francesco vom Fischladen am Marktplatz und viele andere da.

      Renato und Karin hatten die Tauchschule aufgegeben, wohnten aber noch hier. Renato war auf den Rollstuhl angewiesen.

       Alle wollten wissen, wie es mir ging, wie lange ich bleiben würde und was meine Pläne wären.

      Ich erzählte, dass ich mit meinem Wohnmobil hier sei.

      „Ich habe einen rimorcchio speziale, einen speziellen Anhänger mit einem Wasserflugzeug hinten dran. Damit will ich nach Griechenland, wo ich für den Juli verabredet bin.“

       „Oh no, no, hören gut, meine liebe Freund“, sagte Gino, „du müssen nisch farren in Grecia. Du kannst wohne bei mich und fliege hier auf die Wasser mit die Turisti!“

       Das muss ich dir noch alles erklären, lieber Gino, dachte ich mir. Aber nicht jetzt und auch nicht heute.

      Meine Verabredung mit Jannis war locker vereinbart worden. Im Laufe des Julis wollte ich in Paliouri eintrudeln.

      Eine Weile blieb ich noch bei Gino. Dann machte ich mich mit Dina auf den Weg zu unserem fahrbaren Zuhause. Für einundzwanzig Uhr hatte mich Gino zum Essen eingeladen.

      Eine Traube schaulustiger, neugieriger und laut diskutierender Anwohner umringte den Anhänger mit dem Flieger. Ob das ein elicottero, Hubschrauber, sei? Bist du der Pilot, hast du den aus Deutschland mitgebracht? Wie schnell ist der, wieviel Cavalli, PS, hat der Motor? Fragen über Fragen! Dann kannst du mit uns mal nach Capri fliegen. Wie heißt du? Wie heißt dein Hund? Die Neugierde und das Interesse der Italiener waren fast nicht zu befriedigen. Auf einmal wurden von den Häusern Stühle herübergeholt, plötzlich standen eine Korbflasche Rotwein und Gläser auf meinem Campingtisch.

      „Herzlich willkommen in Italien, Norberto, Pilota!“

      Von diesem Tag an hieß ich überall Pilota.

      Ja, wir sind nicht in Deutschland, Dina, wir sind in Italien. Nicht nur das Wetter war hier äußerst angenehm.

      Bei gutem Wetter konnte man von meinem „Grundstück“ aus Capri und die Costiera Amalfitana, die Amalfiküste, sehen. Wenn das nichts hatte!

      Kurz vor neun machten Dina und ich uns auf den Weg zu Gino. Überaus herzlich wurden wir von Imma begrüßt.

      Dina bekam von der Herzlichkeit etwas ab. Es wurde ihr sofort ein Schälchen mit Wasser und ein Teller mit Trockenfutter hingestellt.

      Imma hatte alles vorbereitet,