Önne Hedlund

Die Götter mit den blauen Haaren


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dem Kopf, bei dem anderen färbt sich die Brust rot, als sie zusammenbrechen. Varus steht schon bei Albano, drückt ihm etwas in die Hand und gibt ihm hektisch Zeichen. Ein weiterer Schuss fällt und Varus schreit Albano an: „Oh mein Gott, welch ein Glück, dass ihr noch schießen konntet. Sie hätten euch sonst erschlagen! Seid ihr schwer verletzt?“ „Der Arm ist gebrochen und es tut höllisch weh. Ich hätte nicht gedacht, dass ich noch so gut schießen kann. Halte mal den Revolver und dann mein Handy, damit ich wählen kann. Ich rufe den Jagdleiter an, der Polizeichef ist bei der Jagd dabei.“ Während Albano mit dem Leiter spricht, reibt Varus seine rechte Hand und den Revolver immer wieder mit Sand und Schlamm ein und ruft dann: „Verzeihung mein Gott, mir ist die Waffe in den Schmutz gefallen.“ „Putz ihn und gib ihn her.“ Erwidert Albano ungehalten. „Was ist mit dir?“ Kümmert sich Varus nun um Iogi. „Ich bin in Ordnung, nur meine Daumen und Handgelenke tun etwas weh.“ Varus sieht sie sich an, tastet sie ab und wendet sich erleichtert wieder Albano zu. „Mein Gott, warum habt ihr eigentlich danach noch in den Boden geschossen, aus Schmerz, Wut oder Erleichterung?“ Der Gott schaut ihn erstaunt an, dann antwortet er jammervoll. „Aus Erleichterung, ich musste mich abreagieren, ich hätte tot sein können! Ich halte es nicht mehr aus, wo bleiben bloß die anderen? “„Ihr solltet ein wenig umhergehen, mein Gott, das lenkt von den Schmerzen ab. Ich helfe euch.“ Und so führt Varus Albano auf und ab.

      Eine Melodie erklingt aus dessen Mantel. Großvater greift hinein und reicht dem Gott das Handy. „Berat! Wo bleibst du denn. Ich bin am Waldrand, nordwestlich von euch, halte die Verbindung, wenn wir dich hören oder sehen, kann ich dich dirigieren. “Kurze Zeit und wenige Worte später steht ein verschmutzter, ehemals weißer, Geländewagen vor Ort. Ein großer, untersetzter Gott in Jagdbekleidung springt heraus und rennt zu Albano. „Papa, was machst du für Sachen! Lass erst den Arm sehen. Hmm, gebrochen, das sieht man sogar durch die Kleidung. Kannst du den Arm frei machen? Warte ich helfe dir.“ Und zu Varus. „Priester! Fass mal mit an.“ Nun ist das ganze Ausmaß der Verletzung sichtbar, der dick geschwollene Unterarm ist zwischen Handgelenk und Ellbogen direkt abgeknickt. Albano jammert leise. „Marco gib mir was gegen die Schmerzen.“ Während der Sohn den Vater verarztet, treffen weitere Geländewagen ein. Vier Götter steigen aus. „Hallo Herr Berat, schlimme Sache, falls du sie nicht kennst das sind Sergio, Hermann und Pedro. Sie werden mich unterstützen. Kannst du schon aussagen oder brauchst du noch ärztliche Hilfe?“ Begrüßt der Chef von ihnen den Verletzten und weist anschließend seine Leute an.

      „Sichert das, was vom Tatort noch übrig ist, macht ein paar Fotos, schaut euch die Leichen an und befragt die Dörfler!“ Ein dicker Gott, fast so groß wie Varus walzt auf diesen und Iogi zu und hält Varus sein Handy vor den Mund. „Du bist der Priester, erzähl mal, was hier passiert ist!“ Großvater berichtet. „... Dann zog dieser Gott in höchster Not seinen Revolver und schoss auf die Angreifer, die fielen sofort um .“ Nachdem Großvater geendet hat, wendet sich der Gott zu Iogi. „War es so?“ „Ja, mein Gott.“ Der Dicke steckt sein Handy ein, murmelt ein O.K. und will gerade gehen als ihn Großvater aufhält. „Erhabener Gott darf ich noch etwas anmerken?“ „Sprich!“ „Der Junge hat die beiden Toten zuvor bei der großen Buche getroffen. Von dort könnte man vielleicht ihre Spuren bis zu ihrem Fahrzeug zurückverfolgen.“ „Hmm, schon möglich“ grunzt der Gott und verschwindet Richtung Tatort.

      Auch die beiden Dörfler gesellen sich zu der Gruppe von Göttern, die jetzt um Albano herumsteht, allerdings halten sie respektvoll Abstand. Albanos Arm ist verbunden und an seinem Körper fixiert, es scheint ihm besser zu gehen. „Schau mal nach dem Jungen, Marco.“ Bittet er seinen Sohn. Dieser betastet Iogis Hände, fragt ob es da oder bei dieser Bewegung schmerzt und ruft seinem Vater zu. „Nur leicht geprellt, das ist bald vergessen! Aber wir sollten schleunigst ins Krankenhaus, ich muss deinen Arm operieren!“ Und zum Chef der Polizisten: „Heinz, brauchst du Vater noch?“ „Ihr könnt fahren aber ruft mich morgen mal an, bis dahin habe ich sicher noch ein paar Fragen.“ Antwortet der Angesprochene und berät sich gleich mit seinen Leuten. Iogi steht nahe genug um, das Gespräch der Götter zu verfolgen. „Also was haben wir, Hermann?“ „Die Aussagen der Dörfler passen ins Bild, ich werde sie natürlich noch mit den VR-Aufzeichnungen vergleichen, morgen haben Sie meinen Bericht.“ „Schmauch- spuren?“ „Bei denen! Herr Berat hat doch geschossen.“ „Oh Mann! Der Fall mag noch so klar sein, wir müssen in alle Richtungen ermitteln.“ Der Chef dreht sich den Dörflern zu. „Kommt mal her und zeigt mir eure Hände!“ Varus und Iogi gehorchen. Der Gott betrachtet ihre Hände, führt sie zur Nase, und spricht in sein Handy. „Nach vorläufiger Betrachtung sind keine Schmauchspuren an den Händen der Dörfler zu finden.“ Er macht eine auffordernde Kopfbewegung zu seinen Leuten und der Nächste berichtet. „Der Tatort ist völlig zertrampelt, keine verwertbaren Spuren, ich habe ihn dennoch von allen Seiten fotografiert. Der Revolver als eine mutmaßliche Tatwaffe ist sichergestellt. Ich habe auch den Stock, mit dem der mutmaßliche Mordversuch an Herrn Berat begangen wurde, an ihm haften Fasern, die denen des Mantels von Herrn Berat ähneln. Hier müssen wir die Laboruntersuchungen abwarten.“ „Wir haben zwei unbekannte männliche Leichen. Todesursache sind offensichtlich die Schüsse, die den einen knapp unter dem rechten Auge und den anderen etwas oberhalb des Herzens getroffen haben.

      Die Projektile stecken noch im Körper, ich weiß nicht ob wir da eine Obduktion oder die Ballistik brauchen. Die Toten haben keine Papiere, kein Handy, ihre Taschen sind vollkommen leer. Vermutlich gedungene Mörder.“ Da meldet sich der, vorher gescholtene, Dicke zu Wort. „Der Junge hat die Beiden doch vor der Tat irgendwo da hinten getroffen, vielleicht kann man ihre Spuren von dort zu Ihrem Auto verfolgen und Hinweise auf ihre Identität finden.“ „Gute Idee, Hermann! Schnapp dir den Jungen und mach das. Pedro! Geh mit!“ Iogi führt die Götter zu der großen Buche, und von dort heften sich alle drei an die, im Schnee, recht deutliche Spur.

      Es wird jetzt rasch dunkel, aber die Götter haben starke Handlampen, die den Weg erhellen. Nach ungefähr zehn Minuten verlässt die Spur den Wald und führt über eine Wiese auf ein kleines Wäldchen zu. Nach kurzem Fußmarsch sehen sie dort, schon von Weiten, einen dunkelgrünen Geländewagen. Sofort gehen die Götter zehn Schritte nach rechts und links auseinander. Pedro, der zierliche Gott nimmt sein kurzes Gewehr vom Rücken und streicht mit der rechten Hand an ihm entlang, ein metallisches Klicken ertönt. Der Dicke zieht etwas Revolverähnliches und verursacht dann ebenfalls dieses metallische Klicken. Vorsichtig nähern sie sich dem Fahrzeug, es ist verlassen. Pedro spricht in sein Handy. „Hier Pedro, wir haben das Auto gefunden, es ist niemand zu sehen. O.K machen wir.“ Die Götter ziehen sich weiße Handschuhe an und suchen in dem Auto herum. Erneut spricht Pedro in sein Handy. „Wir haben ihre Papiere, Handys, ein Jagd- und ein Sturmgewehr. Gut wir kommen.“ Und dann zu Iogi. „Steig hinten ein aber lass deine Finger von den Gewehren.“ Iogi tut wie geheißen und eine Nachtfahrt über Stock und Stein beginnt. Im Geländeauto ist die Fahrt im Vergleich zum Lastwagen direkt angenehm.

      Am Ziel angekommen geht es sofort weiter, Iogi steigt zu Varus in einen anderen Geländewagen, der sie dann zum Lager bringt. Hier ist das Meiste schon abgebaut. Nur noch drei LKW und ein Auto stehen dort. Nach kurzer Zeit ist das Lager vollständig geräumt und die Dörfler steigen zur Heimfahrt in die beiden Transporter, die sie auch hergebracht hatten. Die Rückfahrt beginnt mit dem bekannten Geschaukele das erst erträglich wird, als sie die Straße erreichen.

      „He, Bub! Mittagsschlaf ist vorbei!“ Iogi muss sich erst einmal zurechtfinden, er ist doch tatsächlich in den letzten paar Minuten Straßenfahrt eingeschlafen und wird dafür von den Männern verspottet. Als er noch ganz steif und verschlafen vom Transporter springt, ist stockfinstere Nacht, die nur durch die Scheinwerfer der LKWs und einigen trüben Laternen erhellt wird. Komischerweise ist trotz der vorgerückten Stunde fast das ganze Dorf auf den Beinen. Wollen die Dörfler die Rückkehrer begrüßen? Iogis Müdigkeit ist blitzschnell verflogen, als er die entsetzte Stimmung der Leute wahrnimmt. Ein Gott, der den Transporter gefahren hat, ist ausgestiegen, vor ihm kniet eine Frau im Schnee.

      „Bitte gütiger Gott! Gebt mir meinen Sohn zurück!“ Kreischt sie. Dem Gott ist die Situation lästig. „Ich hab damit nichts zu tun, das geht mich nichts an. Priester! Schaff mir das Weib und die Leute vom Hals!“ Varus geht dazwischen. „Zurück! Dies ist keine Art einen Gott zu bitten. Wenn ihr ein Anliegen an die Götter habt, werden wir es demütig