Anna-Sophie Wagner

Stationen einer Liebe


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dass das jetzt nicht der richtige Zeitpunkt war. Das konnte und durfte er ihr nicht antun. Bei diesen Gedanken, ging wieder dieser schmerzhafte Stich durch seinen ganzen Körper und seine Augen wurden nass.

      Sie drückte sich an ihn – versuchte ihn zu küssen.

      Zärtlich schob er sie weg, drehte sich um und lief durch den Raum, währenddessen er sich mit beiden Händen, tief seufzend und aufgewühlt, durch die Haare fuhr.

      Sie verstand seine Reaktion nicht „Andreas - was ist denn?“, fragte sie leise.

      Plötzlich hatte er das Gefühl, dass seine Beine ihn nicht mehr länger tragen würden. Er spürte Verzweiflung in sich aufsteigen. Er setzte sich aufs Bett und ließ mit einem tiefen Seufzer sein Gesicht in seine Hände gleiten.

      Sie stand wie angewurzelt da. „Andreas, bitte rede mit mir!“, bat sie.

      Sie hörte ihn tief, ein- und ausatmen und es kam ihr wie eine Ewigkeit vor bis er antwortete:

      „Ich weiß nicht wie ich anfangen soll. Weiß nicht wie ich es dir sagen soll!“, sagte er hilflos. „Was? Was, willst du mir denn sagen?“, so langsam bekam sie Angst! In eben diesem Moment, hatte sie noch ihre Liebe gespürt. Was war jetzt nur los? Er hob den Kopf und sah sie mit feuchten Augen an „Es darf nicht sein! Nicht jetzt! Ich darf und ich kann dir das nicht antun Susanne! Kann das nicht von dir verlangen!“ „Was? Was, willst du mir nicht antun? Verdammt, sprich mit mir!!“, erwiderte sie jetzt verzweifelt, ja fast schon hysterisch und angstvoll ihn wieder zu verlieren. „Du hast eine Tochter – du musst jeden Tag voll einsatzbereit sein – du kannst dich nicht auf mich einlassen – nicht jetzt!“, sagte er. Und wieder ging ein stechender Schmerz wie ein Blitz durch seinen Körper. Jetzt löste sich aus ihrer Kehle ein unterdrücktes, hilfloses Schluchzen. „Ich verstehe das nicht Andreas – bitte sag mir was los ist!“ „Nein!“, antwortete er aufbrausend in seiner Verzweiflung. „Ich kann nicht. Es ist besser, wenn du jetzt gehst!“

      Sie war geschockt über seine Impulsivität. Aber irgendetwas in ihr wehrte sich gegen seinen Wunsch. „NEIN! Das werde ich nicht tun, nicht bevor du mir alles gesagt hast! Das bist du mir schuldig Andreas!“, antwortete sie nun aufgebracht und wütend. Dann nahm sie eine nicht enden wollende Stille wahr. Irgendwann konnte sie ihn wieder tief einatmen hören.

      Er stand vom Bett auf und ging in ihre Richtung. „Setz dich!“, forderte er sie auf. Sie setzte sich auf den nächstbesten Stuhl. Er nahm den anderen ihr gegenüber, während er sich mit der flachen Hand, schwer einatmend und seufzend über den Mund in Richtung Kinn fuhr. „Susanne! In nur sechs Stunden bin ich weg. Weg, für vielleicht, vier ganze Jahre, ich weiß nicht ob ich dazwischen zurückkommen kann, weiß nicht, ob ich überhaupt jemals zurückkehren werde!“ Andreas war es als wäre die Zeit stehen geblieben. Er fühlte, wie er die Luft angehalten hatte. Er hatte das Gefühl zu ersticken und atmete tief ein. Susanne saß eine Zeit lang ganz still da, bevor sie sprach „Andreas, ich verstehe das nicht.“, brachte sie nur kleinlaut über die Lippen. Er atmete schwer, ehe er weiter sprach „Ich wurde verpflichtet“, konnte er nur sagen. „Was soll das heißen, verpflichtet? Von wem? Wofür?“, fragte sie und sah ihn verzweifelt und den Tränen nahe an. „Vor zwei Monaten tauchte in der Uniklinik ein Generaloberstabsarzt der Bundeswehr auf. Er war wegen mir dort“, antwortete er. Weiter erklärte er ihr: „Europa befindet sich kurz vor einem Krieg mit den islamischen Ländern. Deutschland, als Mitglied der europäischen Union, muss seinen Teil zur Verteidigung und Eindämmung beitragen. Aber unsere Bundeswehr ist zu klein um das stemmen zu können. Die derzeit freiwillig bei der Bundeswehr beschäftigten Soldaten, sind zu wenige. Aber da gibt es noch die, die früher ganz normal den Grundwehrdienst abgeleistet haben. Zu denen gehöre auch ich. Deswegen hat er mich einberufen. Für vier Jahre!“ Andreas schaute auf – Susanne saß mit glasigen Augen da. „Nein!“, flüsterte sie. „Warum? Wieso gerade du?“, fragte sie. Andreas fuhr fort: „Ein für die Bundeswehr sehr wichtiges Kriterium, ist mein Beruf als Arzt. Ärzte fehlen in den Stützpunkten völlig. Und weil ich mich ziemlich reingehängt habe die letzten Jahre, wurde obendrein, wie du weißt, auch noch meine Spezialisierungszeit um zweieinhalb Jahre verkürzt. Wäre sie das nicht, hätten sie mich noch nicht einberufen dürfen.“ Er sah sie verzweifelt an, hatte Angst vor ihrer Reaktion. Susanne schaute auf und ungewollt liefen ihr die Tränen über die Wangen. Schluchzend fragte sie: „Weißt du wohin du musst?“, sie machte sich nicht die Mühe ihre Tränen abzuwischen. „Ja! Ich werde direkt in ein Krisengebiet geschickt! Wohin darf ich dir nicht sagen“, endete Andreas. - Stille. Er sah sie an. Mit gesenktem Kopf saß sie da. „Bitte sag was Susanne!“

      Susanne war es, als hätte ihr jemand den Boden unter den Füßen weggezogen. Andreas im Krieg! Ihr Andreas! Alles in ihr krümmte sich zusammen. Das konnte doch alles nur ein böser Traum sein. Und plötzlich wurde ihr klar, dass sie ihn schon immer geliebt hatte. Dass sie immer gehofft hatte, ihn wiederzusehen, bei ihm zu sein, ihn in den Armen zu halten – zu küssen. Und jetzt war das alles zum Greifen nahe – Nein! Das konnte nicht wahr sein. Sie weigerte sich, das zu glauben. Wie sollte sie ihn jetzt gehen lassen?

      Wie durch einen Vorhang, der sich langsam öffnete, erkannte sie, dass sie zusammen gehörten. Wie Seelenverwandte. Sie wussten es beide – ohne auch nur ein Wort sagen zu müssen. Es war zwischen ihnen. Es war dagewesen an dem Abend in der Bar als er ihr am Tisch in die Augen gesehen hatte. Es war auch dagewesen als sie sich an der Theke unterhalten und angesehen hatten. Und es war dagewesen als er bei Mia am Bett saß. Und im Krankenhaus als er ihre Hand gehalten hatte. Auch in der Tram hatte sie es gefühlt. Sie beide waren so dumm gewesen! Warum hatten sie es nicht schon früher zugelassen? Warum so viel Zeit verschenkt! Und jetzt? Jetzt wusste sie nicht, ob sie ihn jemals wieder in die Arme nehmen konnte, wusste nicht ob, oder wie, er zurückkehren würde. Er, der so gar nicht dorthin passte.

      Und heute Nacht?

      Er wollte sie schützen – sie vor ihren eigenen Gefühlen schützen. Wollte nicht, dass sie sich heute von ihm trennen musste, für vier lange Jahre, wollte nicht, dass sie sich Sorgen um ihn machte oder in Ungewissheit auf ihn wartete. Er wollte alles gleich im Keim ersticken – bevor sie sich noch näher kamen und die Gefühle noch tiefer wurden.

      NEIN! - Wenigstens diese eine Nacht wollte sie mit ihm verbringen. Wollte ihm etwas mit auf den Weg geben, an das er sich erinnern, wovon er zehren konnte. Und auch sie wollte zehren.

      „Susanne?“, seine Stimme war eher nur noch ein Flüstern.

      Da stand sie auf und ging zu ihm, setzte sich auf seinen Schoß und begann ihn zu küssen. Sie legte alles in diesen einen Kuss. Er küsste sie zurück, so als wäre es sein letzter Strohhalm. Er berührte sie im Nacken ganz sanft, dann küsste er ihren Hals erst langsam, dann fordernd. Er bemerkte ihren stockenden, erregten Atem. Er begehrte sie – er liebte sie. Und sie hatten nur diese Nacht. Andreas küsste wieder und wieder ihren Hals. Langsam, zog er ihr den Pulli aus und schaute ihr tief in die verweinten Augen, die jetzt, wie ein Bergsee, so dunkel, vor Verlangen waren. Er legte einen Arm unter ihre Beine, den anderen auf ihren Rücken und stand auf. Sie hatte die Arme um seinen Hals geschlungen und den Kopf an seine Schulter gelehnt. So trug er sie zum Bett und legte sie auf den Rücken. Währenddessen zog er ihr die Hose, und sich das T-Shirt aus. Dann schob er sie ein Stück weiter auf das Bett, bevor er über ihr kniend die gleiche Position einnahm. Er beugte sich zu ihr, um sie zu küssen. Erst ihren Mund, dann über den Hals zum Dekolleté und weiter zu ihren Brüsten. Langsam, voller Verlangen, küsste er mit halb geöffneten Lippen, Stück für Stück ihres Körpers. Manche Stellen streifte er nur.

      Sie hielt die Augen immer wieder geschlossen und spürte bei jeder seiner Berührungen, tiefe Erregung und Verlangen. Ihr ganzer Körper war wie unter Strom. Ihren Atem konnte sie kaum noch unter Kontrolle halten. Ein leichter Seufzer kam über ihre Lippen.

      Wie schön sie ist, stellte er bei sich fest. Er sah sie an. Sah ihre dunklen halblangen Haare, die jetzt ausgebreitet auf dem Kissen lagen und ihre kristallblauen Augen, die ihn voller Verlangen anblickten. Er wollte sie, er wollte sie ganz und gar. Nur schwer konnte er seine Erregung zurück halten. Langsam zog er seine Hose aus, bevor er ihr den BH öffnete und auszog. Unter Küssen zog er ihr auch den Slip aus. Jetzt waren sie beide nackt. Es fühlte sich an als wären sie eins.