Thomas Krause R.

EURO-Bankraub


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Es wird auch dargestellt, wie die Versorgung von Geld in den verschiedenen Ländern Europas wirkt, wer das Geld erhält und vor allen Dingen, warum dieser Weg der EURO-Rettung schon mittelfristig nicht erfolgreich sein wird.

      Den Abschluss bildet ein Plädoyer für eine nachhaltige Lösung der Staatsschulden- und Bankenschuldenkrise, die sich nicht zu einer Währungskrise des EURO oder zu einer Wirtschaftskrise im EURO-Raum ausweiten muss, wie es ebenfalls von bestimmten Akteuren immer wieder behauptet wird. Gerade durch die gedankliche Trennung der unterschiedlichen Wirkungszusammenhänge zwischen der Bankenschuldenkrise und der Staatsschuldenkrise erscheint eine Betrachtung Erfolg versprechender Rettungsmaßnahmen möglich. Für eine nachhaltige Lösung müssen sowohl die Staatsschuldenkrise als auch die Bankenschuldenkrise gelöst werden. Lösungsalternativen werden in Form eines 8 Punkte Plans am Ende des Buches beschrieben.

       Die deutsche Atombombe

      Bereits Ende der 1980er Jahre hat Francois Mitterands engster Berater, Jacques Attali, die Deutsche Mark als „deutsche Atombombe“ bezeichnet. Die Wahl dieses militärischen Begriffs, der eine der furchtbarsten Massenvernichtungswaffe beschreibt, die das 20. Jahrhundert hervorgebracht hat, wurde von den deutschen Gesprächspartnern seinerzeit mit starker Irritation aufgenommen. Der Begriff sorgt auch heute noch für Verwunderung, wenn über die Vorteile einer wertstabilen Währung gesprochen wird, wie sie die D-Mark jahrzehntelang verkörperte. Schauen wir uns kurz die währungspolitischen Hintergründe an, die zu dieser Aussage auf französischer Seite geführt haben.

      Die D-Mark war über Jahre aufgrund der strikt am Ziel der Geldwertstabilität orientierten Deutschen Bundesbank immer wieder als Problem in den Ländern wahrgenommen worden, die Geldpolitik hauptsächlich als Mittel zur Finanzierung von Staatsdefiziten über die Notenpresse verstanden haben. So wurde in vielen europäischen Ländern über Jahrzehnte eine lockere Geldpolitik gemacht, die durch das übermäßige Drucken von Geld gekennzeichnet war. Das steigende Geldangebot führte in der Regel zu einer Abwertung der eigenen Währung gegenüber anderen Währungen, wie der D-Mark, die stets eine stabilitätsorientierte Geldpolitik repräsentierte.

      Finanzmärkte legen schonungslos offen, bei welchen Währungen das Verhältnis zwischen Geldangebot und Geldnachfrage nicht mehr stimmt, wenn also mehr Zentralbankgeld in Umlauf gebracht wird, als es dem Angebot von Gütern und Dienstleistungen entspricht, die mit dem Geld bezahlt werden. So wurden im September 1992 die italienische Lira und das britische Pfund gezwungen, die im europäischen Währungsverbund vereinbarten Bandbreiten durch Abwertung ihrer Währung gegenüber der D-Mark zu verlassen. Die italienische Lira wurde 1992/93 um mehr als 30% gegenüber der D-Mark abgewertet8. Das Pfund wurde gegenüber dem US-Dollar um 25%, um fast 15% gegenüber der D-Mark abgewertet und musste anschließend aus dem Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungssystems ausscheiden9.

      Dies war eine Demütigung der Politiker und Notenbanker, da damit für die Öffentlichkeit in den betroffenen Ländern klar erkennbar wurde, in welchem Umfang die Geldpolitik in Italien, Frankreich und Großbritannien im Vergleich zur stabilitätsorientierten Bundesbank zu lax gewesen war. In den Ländern, die mit einer Abwertung ihrer Währungen und damit auch mit einem deutlichen Kaufkraftverlust ihrer Währungen konfrontiert waren, hätte also deutlich weniger Zentralbankgeld in Umlauf gebracht werden dürfen.

      Auch Frankreich war in der 15-jährigen Amtszeit des sozialistischen Präsidenten Francois Mitterrand von 1981 bis 1995 mehrfach gezwungen, den Franc abzuwerten, um Frankreichs Wirtschaft für einige Jahre anzukurbeln, bevor dann die nächste Flaute folgte10. Die ersten beiden Abwertungen, die Jean-Claude Trichet in seiner damaligen Funktion als Kabinettschef des konservativen Finanzministers Éduard Balladur mit dem deutschen Verhandlungsführer, Hans Tietmeyer, verhandelte, waren für ihn demütigend, da die deutsche Seite dabei beständig auf die Wichtigkeit weiterer wirtschaftlicher Reformen in Frankreich hinwies11. Aufgrund der Schwäche der eigenen Währung war Frankreich stark an der Einführung einer gemeinsamen Währung interessiert12.

      Die deutschen Sparer sind mit der D-Mark immer gut gefahren, da die Deutsche Bundesbank mittels einer an stabilem Geldwert orientierten Geldversorgung über Jahrzehnte für einen positiven Realzins gesorgt hat, der in der Größenordnung von 4% lag13. Dies bedeutet, dass der Zins, den die Sparer nach Abzug des Wertverlustes aufgrund der Verringerung des Geldwertes (z.B. 2% Inflation pro Jahr) erhalten, abhängig von der Anlageform zu Zeiten der D-Mark immer positiv war.

      Auch der stabile Außenwert der D-Mark sorgte dafür, dass das gesparte Vermögen der Deutschen auch im Ausland seinen Wert behielt. Häufig stieg sogar der Außenwert der D-Mark im Umfang der Abwertungen der anderen Währungen, was die Kaufkraft der deutschen Sparer im Ausland erhöhte. Die D-Mark hatte einen hohen Wert, der im Ausland, insbesondere in Frankreich, als so mächtig angesehen wurde, wie der Besitz einer Atombombe.

       Der politische Kuhhandel

      Mit den Diskussionen über die anstehende Wiedervereinigung Deutschlands kam 1989 seitens des französischen Präsidenten, Francois Mitterand, die Forderung auf den Verhandlungstisch, dass Deutschland seine D-Mark aufgeben müsse, um mittels einer europäischen Währungsunion die wirtschaftliche Stärke Deutschlands zu begrenzen. Mitterand drohte gegenüber Außenminister Genscher, dass man in die Welt von 1913 zurückfallen würde, als Deutschland in Europa isoliert war. So drohte er mit einer Trippelallianz aus Frankreich, Großbritannien und der Sowjetunion gegen Deutschland14.

      Die deutsche Regierung unter Helmut Kohl gab in den Verhandlungen zur Wiedervereinigung dem Drängen der Franzosen nach und schloss den Vertrag von Maastricht zur Gründung der Europäischen Zentralbank, die die Kontrolle über die Geldpolitik in der neuen Währung EURO übernehmen sollte. „Gegenüber dem amerikanischen Außenminister James Baker erklärte Kohl einige Tage nach dem Gipfel, er unterstütze die Wirtschafts- und Währungsunion, obwohl sie „gegen deutsche Interessen“ arbeite. Die Bundesbank sei zwar dagegen, der Schritt sei aber politisch wichtig. „Denn Deutschland braucht Freunde.“15

      Auch Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt, hatte in einem amtlich geheim gehaltenen Regierungspapier bereits im Jahr 1974 bezweifelt, dass eine „supranationale Koordination der ökonomischen Politiken“ in Europa möglich ist und meinte, dass nur „unter Angebot sehr hoher deutscher Opfer (volle Bereitstellung und Hingabe unserer Währungsreserven, hohe finanzielle Beiträge unter Inkaufnahme von Reallohneinbußen in der BRD, Aufgabe des Preisstabilitätszieles)“ andere Regierungen „zum Sprung ins kalte Wasser“ bereit sein könnten16.

      Ins Wasser sind alle Regierungen des heutigen EURO-Raums gesprungen, jedoch war es nur lauwarm, da man vergaß, die Wirtschaftspolitik im Rahmen einer weiteren politischen Integration Europas vor Einführung einer gemeinsamen Währung zu harmonisieren. So ist ein Währungsraum entstanden, dem wesentliche Grundlagen für den Erfolg fehlten, wie es schon 1963 der damalige Präsident der deutschen Bundesbank, Karl Blessing einmal formuliert hat: „Letztes Ziel der Kommission ist also eine europäische Währungsunion … Eine gemeinsame Währung und ein föderales Notenbanksystem sind nur denkbar, wenn es außer einer gemeinsamen Handelpolitik auch eine gemeinsame Finanz- und Budgetpolitik, eine gemeinsame Wirtschafts- und Konjunkturpolitik, eine gemeinsame Sozial- und Lohnpolitik, also eine gemeinsame Politik überhaupt gibt, kurz, wenn es einen Bundesstaat mit einem europäischen Parlament gibt, das Gesetzgebungsbefugnisse gegenüber allen Mitgliedsstaaten hat.“17

      Letztendlich hat sich die französische Auffassung durchgesetzt, wonach ein geeintes Europa nur durch die Währung entstehen wird; hierbei war es jedoch offen geblieben, ob es sich um eine Einheitswährung handeln müsse, oder ob die Einführung gemeinsamer Grundsätze der Währungsdisziplin ausreichend wäre18. Im Rückblick können wir also feststellen, dass die beiden Politiker Francois Mitterand und Helmut Kohl zwar den Zeitpunkt richtig erkannt hatten, zu dem die Länder Europas durch eine gemeinsame Währung stärker miteinander verbunden werden konnten, aber die historischen Erfahrungen Europas aus der gescheiterten Lateinischen Münzunion vor etwas mehr als 100 Jahren offensichtlich nicht zu deuten wussten. Schließlich war die 1865 in Paris gegründete