Bevor ich jetzt den ganzen Morgen auf meinen Rechner starre und warte, dass Madame endlich das Wort an mich richtet: Gestatten Sie, dass ich einfach den Anfang und mich anschließend an mein Tagwerk mache: Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen Tag. Und danke für den gestrigen Abend.
Von: meretseger
Betreff: Re.: Danke!
Datum: 17. Mai 2011 09:04:17 MESZ
An: sundowner
Gern geschehen.
Von: sundowner
Betreff: Re-2: Danke!
Datum: 17. Mai 2011 09:06:47 MESZ
An: meretseger
Welche Ehre! Die gnädige Frau hat das Wort an mich gerichtet! Geruhen Sie das heute Morgen öfter zu tun? Dann hätt ich die ein oder andere Frage an Sie ...
Von: meretseger
Betreff: Re-2: Danke!
Datum: 17. Mai 2011 09:09:29 MESZ
An: sundowner
Warum möchten Sie wieder riskieren, mich zu verärgern?
Von: sundowner
Betreff: Re-3: Danke!
Datum: 17. Mai 2011 09:12:13 MESZ
An: meretseger
Meine Liebe, wenn ich kein Freund des Risikos wäre, wären wir uns niemals auf eine so intensive Weise begegnet. Also darf ich nun fragen oder nicht?
Von: meretseger
Betreff: Re-2: Danke!
Datum: 17. Mai 2011 09:17:34 MESZ
An: sundowner
Aber Sie sind es doch, der leidet, wenn ich Ihre dämlichen Fragen mit Missachtung strafe. Also gut, fragen Sie, aber lamentieren Sie nicht wieder, wenn Sie keine Antwort bekommen.
Von: sundowner
Betreff: Re-3: Danke!
Datum: 17. Mai 2011 09:27:59 MESZ
An: meretseger
Akzeptiert. Ich verspreche, nicht mehr rumzupienzen. Und will es wagen:
Meine Liebe,
wie erklären sich diese ungeheuerlichen Unterschiede in der Art, wie Sie schreiben – knapp, unterkühlt, nüchtern –, und der Art, wie Sie lieben – hingebungsvoll, heißblütig, unendlich zärtlich?
Bisweilen glaube ich, ich hätte es da mit zwei verschiedenen Frauen zu tun ...
Von: sundowner
Betreff: Re-3: Danke!
Datum: 17. Mai 2011 11:23:14 MESZ
An: meretseger
Ah ja. Ich verstehe. War doch wieder eine dämliche Frage. Wobei ich Ihre Definition von „dämliche Frage“ mal so interpretiere: Ich könnte mir die Antwort selber geben, wenn ich nur richtig drüber nachdächte.
Okay. Ich werde mich bemühen.
Oder strafen Sie mich speziell für diese Frage mit Missachtung, weil ich angedeutet habe, eventuell hinter Ihr Geheimnis gekommen zu sein? Oder sagen wir lieber: hinter eines Ihrer Geheimnisse?
Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel – und dass sich nichts an dem ändert, was zwischen uns ist. Apropos: Wie soll ich eigentlich nennen, was zwischen uns ist? Eine Beziehung? Ein Verhältnis? Eine Affäre? Ein Arrangement?
Ich betone: Dies soll kein Lamentieren sein. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag und hoffe, bald wieder von Ihnen zu hören.
Von: bigapple
Betreff: meretseger
Datum: 17. Mai 2011 19:37:12 MESZ
Nur mal schnell ein paar Zeilen aus der Mittagspause, nachdem ich nun einen halben Tag Zeit hatte, mir ein paar Gedanken über Dein merkwürdiges Abenteuer zu machen.
Zunächst einmal muss ich sagen: Du hattest recht.
Du hättest auf Dich hören sollen.
Denn: In diesen Kontaktforen im Internet tummeln sich tatsächlich nur Gestörte. Jetzt, wo Du Dir dies bewiesen hast, solltest Du aufhören, Dich dort herumzutreiben.
Bei all Deinen Überlegungen, was hinter diesem merkwürdigen Vorschlag zu einer solchen gegenseitigen „Blindverkostung“ stecken könnte, habe ich eine vermisst: die einfachste, banalste, nächstliegende. Sieht Dir aber ähnlich, dass Du darauf nicht gekommen bist. Das heißt: Vielleicht spukte sie Dir schon im Kopf herum, doch sie schien Dir nicht spannend genug, sie zu erwähnen.
Was, wenn Dir, als Du dieses dunkle Zimmer betreten hattest, eins über den Schädel gehauen worden wäre? Und Du am nächsten Tag wach geworden wärst – sofern Du überhaupt noch mal wach geworden wärst – ohne Geld und Papiere, oder vielleicht sogar mit einer Niere weniger? Erzähl mir nichts von wegen, das sei abwegig. Ich habe vielleicht eine kriminelle Phantasie, aber die ist längst nicht so abwegig wie Deine lächerlich romantischen Gedankenspielereien.
So, wie die Sache für Dich ausgegangen ist, kannst Du froh und glücklich sein. Und ich bin froh, dass Du selbst schon zu der Erkenntnis gekommen bist: Ein solches Erlebnis kann man nur einmal im Leben haben. Wie wahr.
Was Deine geheimnisvolle Schöne angeht: Ich glaube, im richtigen Leben ist sie eines von diesen ganz eiskalten Businessweibern. Sie denkt, sie hätte mit dieser Masche den ultimativen Weg zur Triebabfuhr gefunden: Ohne Namen und Gesicht bleiben, das heißt, hinterher nichts erklären oder ausdiskutieren müssen, keine Telefonate, kein Gesimse, kein wartender Jammerlappen im Hausflur, der nach einer Aussprache verlangt, wenn man spätabends nach Hause zu seinen Designermöbeln und seiner Mikrowelle zurückkehrt und einfach nur seine Ruhe haben will. Sie will sich die Freiheit bewahren, sich jederzeit einen neuen Lustknaben suchen zu können, wenn man den alten über hat. Sich mit nichts beschäftigen müssen, was die Konzentration aufs Kerngeschäft stören könnte, das Big Business, dem man sich verschrieben hat.
Klingt für einen Mann, der auch auf nichts aus ist als schnellen, unkomplizierten Sex, vielleicht sehr reizvoll, aber nur im ersten Moment. Bei näherer Überlegung ist dies alles doch nur traurig und armselig. Und ich bin sicher: So erfolgreich ist sie in ihrem Business gar nicht. Wer derart verquer sein Liebesleben zu organisieren versucht, hat auch im Job nichts drauf.
Dass es sich um eine „Dame von Rang“ handeln könnte, vielleicht sogar um eine Prominente, die nicht erkannt werden will, ist so eine typische Brunophantasie. Dies ist nicht nur die unwahrscheinlichste Möglichkeit, als die Du sie ja hellsichtigerweise schon selbst bezeichnet hast, sie ist auch die mit Abstand idiotischste.
Ein für mich viel näher liegender Gedanke, auf den Du ebenfalls nicht gekommen bist: Dass sie vielleicht Muslimin ist, die ihre sexuellen Phantasien auf diese Weise auslebt, versteckt vor ihrem Mann oder dem, dem sie versprochen ist, oder ihrer Familie und natürlich Allah. Wenn sie ihre Kleider ablegt, wird die Dunkelheit zu ihrer Burka, verstehst Du? „Meretseger“ – das deutet doch auf den Vornamen „Meret“ hin, oder etwa nicht?
Klingt doch besser als Deine gesammelten Theorien, oder?
Auf