Mitte, mache einen Schritt hindurch.
Dunkelheit. Nichts als Nacht um mich herum. Rabenschwärze. Abgrundtief.
Verdammt, wie nur bekommt man einen Raum so was von dunkel? Irgendein Fenster muss diese Wohnung doch haben. Dass es so dicht schließende Jalousien überhaupt gibt – oder hat sie die Fensteröffnungen vielleicht zugemauert?
Ich bleibe erst einmal stehen. Warte, bis sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnen. Nach einer Weile sehe ich zwar immer noch nicht einmal eine Andeutung von Nichts, doch hat sich mein Herz ein wenig beruhigt. Ich höre meinen Atem.
Und noch einen anderen.
Ihren.
Ich schlucke. Mein Mund trocknet aus.
Ich halte die Luft an, um sie besser atmen zu hören. Sie atmet total ruhig. Ganz sanft. Jetzt kann ich ihren Atem sogar spüren. Als leichten Luftzug auf meinem Hals.
Sie steht unmittelbar vor mir.
Wir verharren lange so. Keiner bewegt sich. Sie will nicht. Ich kann nicht. Wenn es nicht so gottverdammt dunkel wäre ...
Warum rührt sie sich denn nicht? Beobachten kann sie mich ja schlecht. Oder hat sie Infrarotaugen – wie der Terminator?
Plötzlich fährt mir ein Blitz durch den Körper.
Mein Gesicht wird berührt. Mir bleibt das Herz stehen. Ich kann auch nicht zurückweichen, nicht einmal instinktiv. Bin starr vor Schreck.
Es sind Finger. Zarte Finger, schlanke Finger, schöne Finger. Ich meine natürlich: Bestimmt sind sie schön. Sie fühlen sich jedenfalls wunderschön an.
Eine ganze Weile bleiben sie ruhig auf meinen Wangen liegen. Geben mir Zeit, mich zu entspannen.
Sie streichen an meinem Gesicht hinunter, unendlich langsam. Bis ich die Daumenkuppen oberhalb meines Kehlkopfes spüre. Ganz sanft. Sie reiben meinen Adamsapfel. Sie könnten jetzt zudrücken, wenn sie wollten. Aber sie tun es nicht. Es ist wunderbar.
Endlich werde auch ich mutiger. Ich hebe die Hände, suche vorsichtig nach ihrem Gesicht, um ihr gleichzutun.
Da ist es. Sie ist einen halben Kopf kleiner als ich, um die einssiebzig also. Ich berühre mit den Fingerkuppen beider Hände ihre Wangenknochen, links und rechts, und streiche dann an ihrem Gesicht hinunter, so langsam, wie sie es bei mir getan hat.
Nein, das ist kein fleischiges Gesicht, kein runzliges, bestimmt auch kein entstelltes. Es ist schmal, ebenmäßig und zart. Wunderschön. Ich weiß, ich muss mich wieder korrigieren: Es muss wunderschön sein. Doch kann man denn Schönheit nur mit den Augen erfassen? Wer sagt das eigentlich? Langsam verstehe ich, von was sie mich überzeugen will.
Ich lasse meine Hände an ihrem Gesicht hinuntergleiten, auf ihre Schultern. Ihre Finger haben sich mittlerweile um meinen Hals geschlossen, die Kuppen erforschen sanft meinen Nacken, wühlen sich dann in mein Haar.
Meine Daumen streifen derweil links und rechts über ihre Schlüsselbeine. Ich spüre nur Haut. Sie ist nackt. Etwa ganz? Ich nehme mir vor, nein, ich zwinge mich, mir damit, diese Vermutung zu bestätigen, viel Zeit zu lassen. Ganz viel Zeit.
Ich lasse meine Hände an ihren Oberarmen hinuntergleiten, bis zum Ellbogen. Sie Richtung Brüste zu bewegen, erscheint mir ungehörig. Viel zu früh, viel zu billig. Würde viel zu viel zu schnell zerstören. Ich schiebe meine Hände unter ihre Arme lasse sie auf ihre Hüften gleiten, verweile ein wenig. Zum Becken hin wölben sie sich sanft, laden mich ein, zum Hintern weiterzuwandern. Ich folge, so langsam und beherrscht ich kann. Mir ist, als wäre jede hastige, kräftigere Bewegung ein Fehler, der alles zerstört und niemals wiedergutzumachen wäre.
Sie ist tatsächlich nackt. Ganz nackt. Vorsichtig kralle ich meine Finger in ihre Pobacken. Sie sind fest, aber nicht übermäßig muskulös. Sie fühlen sich an wie der Rest des Körpers, den ich bislang kennengelernt habe: wie der Körper einer Frau, die figurbewusst lebt, aber die sich dafür nicht exzessiv schindet, die eben Frau bleiben will. Zart, weich und warm.
Sie immer noch am Po fassend, ziehe ich sie zu mir heran. Ihr nacktes Becken drückt sich fest gegen meine Jeans, die sich mittlerweile stark spannt. Ihr Gesicht bleibt jedoch zurück: Sie hat sich nach hinten gebogen, als ich sie an mich presste. Ich gleite mit der Linken hinauf, zwischen ihre Schulterblätter, um ihre Wirbelsäule wieder zu begradigen, ihren Kopf an meinen zu führen, endlich ihre Lippen zu spüren. Fast gelingt es: Für einen winzigen Augenblick, eine herrliche, wunderbare Millisekunde lang, berühren sich unsere Lippen, doch dann dreht sie sich von mir weg und entwindet sich meinen Griff. Flink, aber nicht ruckartig, bestimmt, aber nicht grob.
Sie hat sich umgedreht. Ihre linke Hand greift nach meiner rechten. Sie zieht mich weiter, tiefer hinein in die Dunkelheit. Ich folge, gespannt auf alles, was kommt, aber auch unsicher. Einfach so einen Fuß vor den anderen zu setzen, ohne sehen zu können, wohin man tritt, das ist gar nicht so ohne.
Schließlich bleiben wir stehen. Sie zieht mich herab. Ich ertaste den Rand eines Bettes, setze mich. Es ist kein sehr weiches Bett, keine Ahnung, wie groß es ist. Wir sitzen eine Weile nebeneinander, einander zugewandt, spüren uns nur. Ihre Hände legen sich auf meine Schultern. Jetzt, endlich, zieht sie mich zu sich heran. Küsst mich. Sie hat warme, geschmeidige, fast ein wenig zu trockene Lippen. Ich erwidere den Kuss vorsichtig.
Sie zieht den Reißverschluss meiner Lederjacke bis auf Höhe meines Bauchnabels herunter. Dann schiebt sie mir die Jacke über die Schultern, nur ein Stück, auf den Rest muss ich selber kommen: Gut, dass ich nicht schwer von Begriff bin. Blitzschnell schäle ich mich aus der Jacke. Wir küssen uns wieder, dann knöpfe ich mich aus dem Hemd, so schnell ich kann. Ein, zwei Knöpfe verabschieden sich und springen auf den Boden, Parkett anscheinend. Es sind nur winzige Knöpfe, bei mir zu Hause würde ich sie kaum fallen hören, doch hier, in dieser zauberhaften Stille, schneidet mir ihr Klimpern ins Ohr, dass ich es kaum ertragen kann. Was für ein Missklang. Ich war zu hektisch, zu gierig.
Sie tut jedoch, als sei nichts geschehen. Dem Himmel sei Dank.
Ich sitze nun mit nacktem Oberkörper neben ihr, ihr zugewandt. Sie streicht mit den Handflächen über meinen Brustkorb. Hoffentlich hat sie nichts Unbehaartes erwartet, oder gar was ordentlich Muskulöses. Doch sie scheint ganz zufrieden zu sein mit dem, was ihre Hände entdecken.
Von der Hose zieht sie mir lediglich den Gürtel aus der Schlaufe, um mir zu bedeuten, dass ich mich nun auch von ihr befreien soll. Ich gehorche erneut mit einem Affenzahn. Die Schuhe streife ich mir mit den Füßen ab. Diesmal gibt es nur ein kurzes Geräusch, als meine Hosen auf dem Boden landen. Die Gürtelschnalle.
Jetzt sind wir beide nackt. Sie drückt mich sanft auf die Matratze. Ich soll also auf dem Rücken liegen. Und nicht allzu viel mit den eigenen Händen machen, denn sie packt mich an den Handgelenken und drückt mir die Arme hinter den Kopf. Dann streift sie mit den Handflächen meine Arme hinunter, auf den Brustkorb zurück, erforscht nun, wie er sich anfühlt, wenn er gespannt ist, lässt sich lange Zeit, bis sie ihre Forschungsreise in die Region unterhalb der Gürtellinie fortsetzt. Dann massiert sie mich zwischen den Beinen, aber sehr zurückhaltend, damit ich nicht zu früh explodiere.
Sie weiß, was sie tut.
Irgendwann hört sie auf, legt sich neben mich. Ihr Zeichen, dass nun ich aktiv werden soll. Auch ich beginne nun das Spiel mit den Händen, aber ich kann es längst nicht ausdauernd, so langsam, so beherrscht wie sie. Ich berühre nun auch zum ersten Mal ihre Brüste. Sie sind wunderbar natürlich, warm und weich, nicht übermäßig ausladend, verfügen über kleine, feste Nippel mit anscheinend nur wenig Vorhof. Ich knete sie einen Moment, dann ihren Bauch, dann lasse ich meine Hand zwischen ihre Beine gleiten.
Als ich spüre, wie feucht sie ist, halte ich es nicht mehr aus. Ich rolle mich auf sie, streiche noch einmal mit der Rechten über ihr Gesicht, dringe in sie ein. Im letzten Moment kann ich mich aber gegen die Nullachtfünfzehn-Position entscheiden, die soll es nicht sein, nicht beim ersten Mal. Ich reiße sie in die Höhe, in die Hocke, pfähle sie auf meinen Schoß, presse sie an mich und drücke mein Gesicht an ihrem Hals. Warte, bis sie mit ihren Bewegungen beginnt. Doch damit