Michel Faucon

Touch only


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meinem Schoß kniend.

      Dann, endlich, die erste Bewegung ihres Beckens. Zunächst ist es nur eine kurze Auf- und Abwärtsbewegung. Nach einer Pause folgt eine weitere, intensivere, dann die nächste. Die Intervalle werden kürzer. Sie richtet sich während ihrer Bewegungen sogar ein wenig auf. Ich versuche, meinen Atem zu kontrollieren, mich ihrem Rhythmus anzupassen.

      Und?

      Wie viel genauer willst Du’s noch?

      Da Du ja auch von mir verlangst, dass ich mir die Frage „War er besser als ich?“ verkneife, will ich mich ab hier zurückhalten und auch keine Vergleiche mit Dir anstellen. Ich will Dir nur sagen: Es war die intensivste sexuelle Erfahrung meines Lebens.

      Denk aber nicht, dass ich das jetzt sage, um Dich zu verletzen. Auch mit Dir war es immer wunderschön. Was es mit ihr so großartig machte, war vielleicht ja noch nicht einmal sie selbst – eigentlich waren es die Umstände, die sie geschaffen hatte, die Inszenierung, verstehst Du? Ich habe keine Ahnung, ob sie Dir das Wasser reichen könnte, wenn sie für mich ein Mensch mit einem Gesicht und einer Stimme wäre: Im Grunde war es genau dieses Keine-Ahnung-Haben, was sie und die Begegnung mit ihr so aufregend machte.

      Irgendwann bin ich übrigens eingeschlafen. Und auch wieder aufgewacht. Allein. Immer noch war alles schwarz um mich. Ich tastete nach meinen Kleidern. Daran, nun auch in Ruhe mal diesen Raum zu erforschen, dabei eventuell auch einen Lichtschalter zu finden, dachte ich nur kurz. Ich verbat es mir sofort. Es wäre Betrug gewesen.

      Sodele.

      Ich denke, das ist die längste E-Mail, die ich je geschrieben habe. Während ich das tat, habe ich mich langsam, aber sicher betrunken, mit dem Frühburgunder, unserem Frühburgunder, wenn Du Dich erinnerst – das war vielleicht nicht sehr charmant, es gerade zu tun, während ich Dir von einem Abenteuer mit einer anderen Frau berichte, aber das wird mir erst jetzt bewusst. Sorry. Ich werde mich jetzt in die Kiste schaffen, bevor mich der Schlaf am Computer übermannt, ich will schließlich nicht enden wie ein erbärmlicher Nerd.

      Schönen Abend noch für Dich. Und immer dran denken: Du warst es, die’s unbedingt wissen wollte.

      Von: bigapple

      Betreff: Puuh!

      Datum: 16. Mai 2011 12:03:13 MESZ

      An: [email protected]

      Mein lieber Scholli! Da schlägt man morgens die Augen auf, schaltet seine Apfelmaschine ein und findet ein solches Epos in der Mailbox.

      Bruno, alter Schwede!

      Schickst Du mir so etwas jetzt öfter?

      Wenn ja, würd ich’s gern schon abends vor dem Zubettgehen lesen. Damit ich die Eindrücke in meinen Träumen verarbeiten kann. Sag bitte auch schnell Bescheid, wie oft Du so etwas zu liefern imstande bist, denn dann brauch ich mir auch kein Pay TV zu organisieren.

      Ich muss jetzt los. Melde mich heute Abend wieder. Über Tag werde ich mir ein paar Gedanken zu Deiner Geschichte machen. Hoffentlich kann ich mich heute überhaupt auf irgendwas anderes konzentrieren. Was für eine Geschichte!

      Hab übrigens viel gesehen am Wochenende. Obwohl ich die öffentlichen Verkehrsmittel immer noch meide. Darin fühle ich mich immer noch unwohl, zu laut, zu überfüllt, außerdem habe ich Angst, nicht nach Hause zurückzufinden, wenn ich mich von ihnen weiter in diesen dampfenden, scheppernden Moloch ziehen lasse, ich weiß, ist Unsinn, Klein-Vera ist nicht blöd und würde schon die U-Bahn in die andere Richtung erwischen, aber das sind halt so Bauchgefühle, wie sie sich hoffentlich bald legen.

      Noch macht mir die Stadt Angst, noch will sich das Downtown-Feeling nicht einstellen. Vielleicht bin ich nach meinem ersten Abenteuer auch ein wenig eingeschüchtert. Mark mit dem schönen Mund hat sich nämlich nicht mehr gemeldet. War anscheinend nur auf einen One-Night-Stand aus. Und ich? Wollte ja eigentlich auch nicht mehr. Sollte also zufrieden sein. Aber wie’s halt so ist. Ein bisschen mehr als das hatte ich halt doch gewollt.

      When you’re alone and life is making you lonely you can always go downtown ...

      Tatsächlich? Ich fühle mich auch Downtown noch allein ...

      When you’ve got worries all the noise and the hurry seems to help I know ...

      Mir hilft er nicht.

      Just listen to the music of the traffic in the city ...

      Also, für mich ist das noch lange keine Musik. Nur ohrenbetäubender Krach, der einfach nie verstummt. Hat Petula also gelogen? Ich hoffe nicht. Ich brauche nur ein wenig Zeit.

      Immerhin: Ich hab zu Fuß den Battery Park erkundet. Hab ihn zum Anlaufpunkt für meine Joggingstrecke genommen, die ich mir nun jeden Morgen vornehmen werde, oder sagen wir lieber: drei Mal die Woche, mindestens. Einfach, um rauszukommen, aber auch, um fit zu bleiben. Wär vielleicht auch nicht schlecht, mal ein paar Pfund zu verlieren, denn hier scheinen geschätzte 85 Prozent aller Frauen unter vierzig Models zu sein oder in ihrer Freizeit zu modeln oder es einfach nur irgendwie zu schaffen, den Schönheitsidealen zu entsprechen, die Heidi, Naomi und Co. vorgeben – wie, weiß ich nicht. Noch nicht. Hätte jedenfalls nicht gedacht, dass ich mit meiner Figur mal irgendwo Minderwertigkeitskomplexe bekommen würde. Wenigstens bin ich naturblond, was allerdings auch kaum ein Vorteil ist, weil Männer ohnehin nicht unterscheiden können, welches Blond Natur und welches künstlich ist.

      Gestern habe ich dann vom Battery Park aus die Fähre zur Freiheitsstatue genommen. Nicht gerade originell, aber zwischen lauter Touris fühle ich mich halt am wenigsten allein. Ab und zu hörte ich sogar jemand German speaken. Und Lady Liberty? Ist sehr groß und sehr grün.

      P.S.: Für den Fall, dass wir wieder zusammenkommen, wenn wir uns in einem Jahr wiedersehen, verspreche ich Dir, dass wir es als Erstes mit verbundenen Augen treiben.

      Heb Dir diese Mail gut auf, als Beleg, um dieses Versprechen einfordern zu können.

      Von: [email protected]

      Betreff: Re.: Puuh!

      Datum: 16. Mai 2011 06:43:52 EDT

      An: bigapple

      Keine Angst, von einem erotischen Abenteuer dieser Güte wirst Du so bald nicht mehr lesen, zumindest nicht aus meiner Feder. Die geheimnisvolle Schöne verschenkt ihre Gunst anscheinend immer nur einmal pro Nase. Vielleicht habe ich sie auch mit irgendetwas verärgert, keine Ahnung, mit was, aber bei ihr hat man nie so richtig Ahnung von irgendetwas.

      Jedenfalls hat sie den Kontakt zu mir abgebrochen.

      Das fand ich zunächst natürlich schade, aber mittlerweile denke ich, das ist schon in Ordnung so. Ein solches Erlebnis kann man wohl nur einmal im Leben haben. Ab dem zweiten Mal würde es wahrscheinlich schon an Faszination verlieren. Von Beileidsbekundungen bitte ich daher Abstand zu nehmen.

      P.S.: Mich von Dir mit verbundenen Augen vernaschen zu lassen, ist eine sehr reizvolle Vorstellung. Aber, mit Verlaub: Es wäre nicht dasselbe, da ich Dich ja vorher schon gesehen habe. Dein Bild bliebe also auch in meinem Kopf, wenn ich mir die Augen verbinde. Aber wenn es gar kein Bild gibt von der Frau, mit der Du zusammen bist, dann ist das einfach ... unvorstellbar.

      Beziehungsweise: Du kannst Dir alles vorstellen. Und weißt nichts. Und eben das ist es, was „es“ so ungeheuerlich macht.

      Von: meretseger

      Betreff:

      Datum: 16. Mai 2012 17:07:28 MESZ

      An: sundowner

      Heute Abend. Selbe Zeit. Selber Ort.

drei

      Von: sundowner

      Betreff: Danke!

      Datum: