den umherfliegenden Splittern getroffen, sanken die Zeugen der Tat zu Boden und blieben wimmernd liegen.
Eine weitere Explosion ereignete sich im Foyer des Louvre, nahe dem Ausgang. Der laute Knall lähmte und schockte zusammen mit dem grellen Blitz der Explosion. Wenige Sekunden danach füllte orangefarbener Rauch das Foyer. Nichts war mehr zu erkennen. Menschen schrien und heulten in Panik, liefen orientierungslos durch die Halle, stießen gegen Säulen oder andere Personen. Andere wiederum flüchteten vorbei an einem hilflos und unvorbereitet wirkendem Wachpersonal durch den Ausgang nach draußen.
Drei Minuten später unterbrach der weltweit größte Nachrichtensender seine laufende Sendung: „Meine Damen und Herren! Wie ich soeben von der Regie höre, gab es eine Explosion im Pariser Louvre. Nein, es waren sogar mindestens zwei Explosionen. Bislang ist unklar, ob es Tote oder Verletzte gab. Über mögliche Schäden gibt es ebenfalls noch keine Berichte!“
Wieder unterbrachen Radio- und Fernsehsender ihre Programme, brachten Eilberichte und Sondersendungen über die neueste Freveltat. Mindestens 500 Millionen Mobilfunkgeräte in aller Welt signalisierten durch akustische oder optische Signale sowie Vibration den Abonnenten der weltweit führenden „Absolutely Important News“ an, dass es einen Anschlag auf den Louvre gab.
„Natürlich hoffen wir, dass niemanden etwas passiert ist und dass die Gemälde unbeschädigt geblieben sind. Im Louvre befindet sich eine der weltweit größten und wichtigsten Gemäldesammlungen.“
Der Amsterdamer Direktor der Abteilung Sonderaufgaben betrat ohne Anzuklopfen das Büro des Leiters der SK Van Gogh. Aufgeregt klatschte er das Fax auf dessen Schreibtisch.
Dieser las es. Ungläubig öffnete er seine oberste rechte Schreibtischschublade, entnahm ihr eine Kopie des Briefes, den man in Gustav Hasselbachs Wohnung fand. Er stellte fest, dass es der gleiche Code war.
„Wir müssen sofort nach Paris!“, sagte er im Befehlston zu dem Direktor und stürmte aus dem Büro.
Bereits um 12 Uhr Ortszeit war es sicher. Das Schreckliche, das Undenkbare war geschehen. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht in der ganzen Welt. Am treffendsten fasste eine Pariser Tageszeitung mit einer noch am gleichen Abend erschienen Sonderausgabe die Nachricht von dem grausamen Geschehen, diesem furchtbaren, unfassbaren Anschlag auf die Menschheit in eine Schlagzeile: „Mona Lisa wurde ermordet!“
Am nächsten Morgen erschienen Zeitungen in aller Welt mit ähnlichen Schlagzeilen: „Wer hat Mona Lisa getötet? Welche Unmenschen sind zu so etwas fähig? Das schönste Gesicht aller Zeiten wurde zerstört!“
Eine Pressekonferenz der Pariser Polizei wurde für 14 Uhr angesetzt. Ihr wurde mit Spannung entgegengesehen. Gerüchte von Festnahmen machten die Runde. Hatte man den Täter gefunden? Waren es die gleichen Täter wie in Amsterdam? Und die andere Frage: War es das Original-Bild?
Um 8 Uhr morgens fand zuerst die übliche Besprechung im Gebäude des für den Louvre zuständigen Pariser Überwachungsdienstes statt. Neben dem Pariser Polizeichef, dem Chef des Überwachungsdienstes, dem Leiter der wenige Stunden nach der Tat eingerichteten Sonderkommission Mona Lisa und verschiedenen Leitenden Beamten von Spezialabteilungen waren auch Vertreter der Französischen und Europäischen Regierung, sowie die beiden Polizisten aus Amsterdam gegenwärtig.
„Meine Damen und Herren!“ Damit begrüßte der Pariser Polizeichef die Anwesenden und fuhr erst fort, als die Gespräche verstummten und er sich der uneingeschränkten Aufmerksamkeit der Anwesenden sicher sein konnte. „Ich möchte Sie zuerst auf den neuesten Stand unserer Untersuchungen bringen. Es versteht sich von selbst, dass diese Informationen als vertraulich zu behandeln sind. Bitte schön, Monsieur Gaultier!"
Der Angesprochene erhob sich und stellte sich als Chef des Pariser Überwachungsdienstes vor. Es war die zweitgrößte Einzelbehörde dieser Art in Europa, nach London und vor Rom und Berlin. Der Raum verdunkelte sich, nachdem er einem Assistenten ein Zeichen gab. Ein Monitor fuhr aus der Decke des Raumes und warf seine Projektion auf eine gleichzeitig aus der Decke ausgeworfene silberne Leinwand.
„Sie sehen hier Bilder der Überwachungskameras, die wir für sie zusammengeschnitten haben. Die Zeit ist jeweils am linken oberen Bild eingeblendet. Es ist 9.28 Uhr, als die mutmaßliche Attentäterin das Zelt mit der Sicherheitsschleuse betritt. Beachten Sie bitte die Kommunikation zwischen ihr und der Nonne im Rollstuhl. Wie unsere Befragungen ergeben haben, sind die Beiden keine Unbekannten im Louvre. Isabelle Daou ist oder besser war als Pflegerin in einem Altenheim für wohlhabende Pflegefälle beschäftigt. Sie besuchte den Louvre ein bis drei Mal wöchentlich mit verschiedenen alten Damen.“
Die Anwesenden konnten an diesen Bildern nichts Ungewöhnliches feststellen. Einer fragte: „Dieser junge Wachmann, mit dem sie flirtet, ist das ein Komplize?“
„Wir haben ihn bereits verhört und sind uns ziemlich sicher, dass er nichts mit der Durchführung der Tat zu tun hat. Er hatte lediglich das übliche Interesse eines jungen Mannes an einer hübschen jungen Frau!“
„Einer Teufelin hinter einer hübschen Maske!“, kommentierte ein Regierungsvertreter.
Als die hübsche Täterin den Rollstuhl gegenüber der Mona Lisa abgestellt hatte und den Raum verließ, hielt der Film an. „Bevor ich mit den Aufzeichnungen der Überwachungskameras fortfahre, möchte ich auf den Rollstuhl und die alte Dame eingehen. Es handelt sich hier um eine Meisterleistung der Kombination von Hightech - Roboter, modernster Waffentechnik und Täuschung. Anhand dieser Skizze können Sie den Aufbau dieser `Waffe´ erkennen: Der motorisierte Rollstuhl selbst, der aussieht wie jeder andere auch. Lediglich seine Batterie wurde verstärkt, um genug Strom für den Roboter und die Abwehrvorrichtungen zu liefern. Ausgestattet ist die Figur der Nonne neben den Bewegungsapparaten für die Motorik der Arm- und Gesichtsmuskeln auch mit einem ganz gewöhnlichen digitalen Abspielgerät, um den Dialog mit Isabelle Daou aufnehmen zu können. Diese hatte am Griff des Rollstuhls verschiedene Tasten, um unterschiedliche Sätze abspielen zu lassen. Vermutlich gab es auch eine Fernsteuerung, um die Worte abzurufen.“
Er gönnte seinen Zuhörern eine kurze Pause, um die Informationen verdauen zu können. So etwas Raffiniertes hatte keiner der Besprechungsteilnehmer jemals zuvor gesehen. Außer vielleicht der Person, welche den abgedunkelten Raum jetzt betrat und aufgrund des Gegenlichts in seinem Rücken nicht zu erkennen war. Mit einem „Entschuldigung“ setzte er sich auf einen der freien Stühle an der Wand, obwohl er an dem großen Tisch selbst hätte Platz nehmen können.
„Als Mademoiselle Daou den Rollstuhl verließ, aktivierte sie mit Hilfe eines anderen Druckknopfes die elektrische Abwehrvorrichtung ihrer Kampfmaschine. Wer danach den Rollstuhl oder die Figur berührte, erhielt einen Stromstoß, der ihn für kurze Zeit lähmte und zu Boden warf.“ Er ließ die Bilder der Überwachungskamera vorspielen, die den jungen Amerikaner zeigten, wie er den Rollstuhl wegzuschieben versuchte und kurze Zeit später zuckend am Boden lag.
„Zurück zur Skizze. Das Herzstück dieses Apparates ist diese moderne Rakete, dem Prinzip nach eine Panzerfaust. Sie wurde vor ein paar Jahren für den Einsatz in Gebäuden zum Aufsprengen von Stahltüren und Bunkerwänden entwickelt. Das Besondere an ihr ist die kurze Reichweite und die hohe Sprengkraft. Sie ist absolut rückstossfrei und.....“ Er machte eine kurze Pause, um die Dramatik der Information zu erhören: „... wird nur von Sondereinsatzkräften der Europäischen Polizei verwendet. Nicht vom Militär. Und wurde auch nicht an andere Staaten verkauft!“
„Weitere Besonderheiten an dem Apparat: Im rechten Auge befand sich ein Sensor, welcher das Ziel, also das Rechteck des Gemäldes genau ins Visier nahm. Außerdem wurden die Räder des Rollstuhls automatisch blockiert, so dass er sich nicht mehr bewegen oder verschieben ließ.“
„Wie wurde die Panzerfaust ausgelöst?“ Die Frage unterbrach den Vortrag.
„Mit Hilfe einer hoch präzisen Digitaluhr. Genau um 10.09 Uhr, wie auf dem Fax angekündigt, löste der Mechanismus die Zündung aus.“ Auf der Leinwand konnten die Experten und Vertreter der Politik verfolgen, wie Panik in dem Museumssaal ausbrach, die Stahlwand vor das bedeutendste Gemälde der Welt stürzte, um Sekunden darauf aufgesprengt zu werden.
„Was