Marcello Dallapiccola

Malleus Proletarum - Der Proletenhammer


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du nach Hause gehen, klar?”

      „Zwei Scheine, geht klar.”, antwortete die Schnepfe und stöckelte davon.

      Der Benz beschleunigte mit aufheulendem Motor von ihrem Standplatz weg. Frasther zündete sich einen Tschick an. „Da kommt ja ganz schön was an Kohle zusammen. Wusst' nicht, dass dieses Nutten-Ding heutzutage noch so gut läuft…. schon klar, dass es dir auf die Eier geht, wenn dir da welche in die Suppe spucken wollen.“

      „Die Kohle ist auch hart genug verdient! Komm du mal mit dem Hühnerhaufen klar!“, begehrte der Prag-Luis auf, um gleich wieder in eine sanftere Tonart zu wechseln: „Frasther, hör mir zu! Ich bin hier seit über zehn Jahren schon der Chef im Viertel. Ich hab' mir das hier aufgebaut, mit Blut, Schweiß und Tränen. Und das war nicht leicht, du warst damals bei den Revierkriegen dabei, ich muss dir nichts erzählen. Doch jetzt ist Ruhe, und das schon sehr lange – ich mach' meine Geschäfte, kann ganz anständig davon leben und ich will, dass das gefälligst so bleibt!”

      „Schon klar! Warum redest du nicht mit den anderen Knilchen deines Kalibers, ob ihr da nicht gemeinsam was machen könnt?”, fiel Frasther ihm ins Wort.

      „Mit wem soll ich denn da reden? Schlawinski, der Bsuff, der den ganzen Tag nur am Kartentisch lungert? Oder mit Don Renato, diesem Spinner, der hauptsächlich mit seinen Mädels Party feiert, anstatt sie anschaffen zu schicken?”

      „Aber der Joe, der macht schon was her?”, unterbrach Frasther.

      „Naja, das Verhältnis zwischen dem Joe und mir war nie gerade das Beste, verstehst du?”, versuchte der Prag-Luis zu erklären. „Ich könnte mir sogar vorstellen, dass der Joe da dahintersteckt…“

      „Ach was, der Joe ist doch genauso eine Lusche wie du! Der ist froh, wenn's keinen Stress gibt und er in Ruhe abkassieren kann. Dass die es im Moment nur auf dein Revier abgesehen haben, muss andere Gründe haben; wenn's vom Joe ausginge, wüsst' ich was davon.“

      „Na, ist ja auch egal. Wir machen's wie Herrbert gesagt hat, organisieren uns anständige Knarren und dann nehm' ich die Sache in die Hand…“, schnaubte der Luis.

      „Was heißt hier 'wir'? Noch sind wir nicht verheiratet, mein Guter!”, ermahnte ihn Frasther.

      „Ich hab’ doch extra gesagt: Dann nehm’ ICH die Sache in die Hand…!”, brüllte der Prag-Luis ihn an.

      „Schon gut, schon gut, reg dich nicht auf, Luis! Du hast ja Recht. Knarren sind schon mal eine gute Idee. Aber dann müssen wir erst noch rausfinden, wo die Kerle sich verkrochen haben – so hauruck, wie du dir das vorstellst, funktioniert das nicht!”, belehrte Frasther ihn.

      Der Prag-Luis nickte, als er mit dem Benz am Bordstein ankerte, doch in Gedanken schien er aber bereits wieder am Kassieren zu sein. Diesmal war es eine etwas dickliche Schnepfe um die dreißig. Sie hatte ein Pfannkuchengesicht, ein beachtliches Dekolletee und ein etwas dämlich wirkendes Grinsen aufzuweisen. Der Prag-Luis raunzte sie an, dass sie unter dem Schnitt wäre und rüffelte sie gleich weiter, dass das kein Wunder wäre, weil sie so verdammt fett sei und dass sie gefälligst ein wenig abnehmen solle. Frasther grinste, als ausgerechnet der Prag-Luis eine Predigt gegen das Fettsein hielt.

      „So, und was funktioniert nicht hauruck?”, kam der Luis wieder zum eigentlichen Thema zurück, als er dem Benz erneut sie Sporen gab.

      „Ich hab' nur gemeint: Nicht aus der Hüfte schießen, sondern langsam, in aller Ruhe und systematisch vorgehen. Du musst einen Haufen Zeugs bedenken, zum Beispiel, wo du die Leichen entsorgst…”

      „Ha!”, brüllte der Prag-Luis auf. „Ha! Na, du wirst schauen – die paar Knochen sind wir immer noch losgeworden! Da wirst du dich wundern, Frasther, das sag’ ich dir!”

      „Sag schon, was hast'n da für ‘ne Wunderidee?”, erwachte Frasthers Neugier.

      „Nein, das wirst du dann schon sehen, wenn’s so weit ist. Auf dein blödes Gesicht freu’ ich mich jetzt schon…”

      „Sag jetzt schon, verdammt, ich mag es gar nicht, hingehalten zu werden!”, knurrte Frasther ihn an.

      „Nein, das sag' ich dir nicht, das würde dir ja komplett die Überraschung verderben!”, strampfte* der Prag-Luis.

      Frasther bebte auf einmal vor Zornesröte und brüllte ihn an: „Hör mal, Gfüllter, treib’ es nicht zum Äußersten, ja! Du sagst mir jetzt, wie du diese Scheißleichen entsorgst oder du wirst eine Überraschung erleben…!!!” Um seine Forderung zu unterstreichen, donnerte er seine Faust mit voller Wucht in das Armaturenbrett. Da machte es einen lauten Schnalzer* und der Airbag kam ihm entgegen geschossen.

      „Ghrrmpf!”, machte Frasther, als das Ding ihn mit einer Mordswatschen in den Sitz hineindrückte. Der Prag-Luis erschrak dermaßen, dass er die Karre gerade noch mit Müh' und Not unter Kontrolle halten konnte. „Scheiße, verdammt!”, brüllte er und fuhr an die Seite.

      Der Airbag gab mit einem leisen “Pfff” langsam wieder Luft ab, worüber Frasther froh war, denn so konnte er wenigstens wieder besser atmen. „So eine Scheiße, verdammt nochmal! Ich dachte, das wär’ ein alter Benz, ohne solchen Schnickschnack drin?”, grunzte er.

      „Den alten Benz haben wir zerlegt, das hier ist nur ein Nachbau… und jetzt muss ich diese Dreckskarre schon wieder reparieren lassen, verflucht!” Der Luis schien gar nicht erfreut darüber zu sein, dass die Airbags seines Ersatz-Einsatzgefährts offenbar tadellos funktionierten.

      „Ich kenn’ da ‘ne sehr gute Tankstelle, 'n Kumpel von mir, der ist spezialisiert auf solche Fälle; aber da ist um diese Zeit natürlich auch kein Mechaniker da… aber wenn die Luft ganz raus ist aus dem Ding, geht’s schon noch, fahren kann man ja… der verdammte Sack hier nervt aber elendig, verflucht!”, sagte Frasther und mühte sich nach Kräften ab, den immer noch laut zischenden Airbag wegzuräumen, ohne den Prag-Luis zu sehr beim Schalten zu behindern. Der fluchte immer noch wüste Verwünschungen vor sich hin. Dann steuerte er den ramponierten Ersatzbenz auf den Standplatz des endgültig letzten Mädels zu, das sie abzukassieren hatten.

      „Nanu, was führt denn ihr da auf?”, begrüßte sie den grimmig das Fenster herunterkurbelnden Prag-Luis.

      „Geht dich 'n Scheiß an, her mit dem Zaster!”, herrschte der Prag-Luis sie an.

      Die Tussi – eine rassige Dunkelhaarige mit ultragrell geschminkten Lidern und monströsen Ohrringen in kitschigen Pastellfarben – begann, die Kohle aus ihrem Handtäschlein zu baggern und fragte ungerührt weiter: „War der Airbag kaputt, oder habt seit ihr wo gegen gedonnert, dass er losging?”

      „Ich hab’ draufgedonnert – wußte nicht, dass der Luis in seiner Karre diese Scheißdinger noch drin hat”, informierte Frasther das Mädel. Irgendwas an der erweckte seinen Fortpflanzungstrieb, stellte er fest, als er sie eingehender betrachtete.

      „Aha”, antwortete die Schnepfe, so als ob damit alles klar wäre und hakte dann doch nach: „Warum hast du draufgedonnert?” Sie bedachte Frasther mit einem kecken Augenaufschlag. Ihre Kriegsbemalung war eindeutig etwas übertrieben, zumindest für seinen Geschmack.

      „Hör mal, wirst du hier fürs plaudern bezahlt oder was?!?”, brauste der Prag-Luis, der umständlich die Kohle glattstrich und in sein Geldfach beförderte, schnaubend auf.

      „Ein bisschen Konversation zwischen Dienstgeber und Arbeitnehmer wird ja wohl das Mindeste sein, oder?”, gab die Schnepfe zurück.

      Der Prag-Luis, fertig mit Geld einräumen, richtete sich im Fahrersitz auf und sagte: „Erstens bin immer noch ICH dein Arbeitgeber, und nicht der da, und zweitens steigst du jetzt ein, Püppchen, jetzt ist nämlich Feierabend und wir geh'n noch einen draufmachen!”

      „Ich würd’ lieber mit dem schnuckligen Typen neben dir einen draufmachen – wie heißt denn du?”, sülzte die Tussi in Frasthers Richtung.

      „Das ist Frasther, mein neuer Gorilla, der zerreißt sowas wie dich jeden Morgen zum Frühstück; und jetzt steig ein und lass uns hier nicht ewig rumquatschen, okay?”

      „Kann