Marcello Dallapiccola

Malleus Proletarum - Der Proletenhammer


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Joe, Schlawinski und Renato – keine Probleme?“, bohrte der Luis nach. Vermutlich hätte er nur zu gern gehört, dass seine alten Konkurrenten ebenfalls in Schwierigkeiten steckten.

      Doch Herrbert enttäuschte ihn: „Wie gesagt, bis jetzt nix gehört. Scheint alles normal zu laufen bei denen. Vielleicht irgendwelche alten Freunde von dir, Luis?“

      „Ich hab' keine alten Freunde…“ Der Luis glotzte mit großen Augen und dämlichen Grinsen auf das Getränkebord hinter der Bar. Er hatte seine vielen Getränke inzwischen fast alle geleert – seit er sich das Zeug in die Nase gezogen hatte, hatte sich seine Trinkfrequenz enorm erhöht.

      Frasther sah es an der Zeit, sich einzuschalten. „Was meinst', was tun?“, fragte er den Wirt.

      Der wischte erneut mit seinem Lappen auf dem Tresen herum. „Nix gegen dich, Frasther, aber wenn ich der Luis wär', würd' ich mir noch ein paar Kerle mehr von deiner Sorte organisieren. Und eine professionelle Ausrüstung – ich könnt' dir da was vermitteln, Luis.“

      „Okay, dann mach das! Ausrüstung für mindestens vier, fünf Jungs – wie lange brauchst', um das zu organisieren?“ Der Luis nickte hektisch und steckte sich eine Kippe an.

      „Organisieren tu' ich gar nichts. Du kommst in ein zwei, drei Tagen wieder vorbei, und ich sag' dir dann Bescheid. Organisieren musst du dir das Zeug aber schon selber.“

      „Kein Problem, kein Problem – Frasther wird mich dann halt begleiten, aber das wird ja wohl kein Thema sein. Mach das fix, ich komm' übermorgen wieder vorbei“, sagte der Prag-Luis, der inzwischen ziemlich aufgekratzt wirkte. Da er seine Getränke leer hatte, machte er Anstalten, das Beisl wieder zu verlassen; Frasther musste sich mit seinem Bier beeilen.

      Als er das eilig geleerte Bierglas abstelle, blickte Herrbert ihm scharf in die Augen: „Pass auf, dass der nicht zu sehr am Rad dreht“, er deutete mit dem Kopf auf den Luis, der auf seinem Weg zum Ausgang ein paar Worte mit Prackob wechselte. „So nervös wie der is', kann leicht ein Scheiß passieren“. Mit dieser kryptischen Aussage schlurfte er davon.

      Eine halbe Stunde später waren sie wieder unterwegs im Ersatzbenz; die Nacht war inzwischen tief und dunkel, nur das Schimmern der Straßenlaternen und das Glimmen der Tschicks spendete Licht. Der Prag-Luis fuhr noch seine Tour zu Ende und kontrollierte die Einnahmen seiner Damen, Frasther saß gelangweilt daneben, rauchte eine nach der anderen und soff Dosenbier. Der Schwabbel tschickte auch nicht wenig, zog sich billigen Automatenkaffee mit Schuss in die Birne und fluchte ununterbrochen über den Verkehr. Schließlich bog er bei einer belebten Kreuzung links ab, in eine etwas ruhigere Seitenstraße hinein. Außer ein paar Besoffenen, die hier von einer Bar in die andere torkelten, war in dieser Straße nichts los und Frasther begann sich gerade zu wundern, als der Prag-Luis die Karre vor einem Hydranten parkte.

      „Muss mal den Kaffee abladen“, schnaufte er, wand seine Masse aus dem Sitz und spazierte in eine Seitengasse, um sich an einer Hauswand zu platzieren. Kaum hatte der Prag-Luis seinen Schwanz in der Hand und war damit beschäftigt, den Strahl zu kontrollieren, da öffnete sich plötzlich die Fahrertür und ein verlaust aussehender junger Mann huschte gewandt neben Frasther auf den Fahrersitz. Breit grinsend ließ der Kerl den Motor an und haute die Autotür zu.

      Der Prag-Luis, immer noch pissend, drehte erstaunt den Kopf herum. Offenbar hatte der Möchtegern-Autodieb vor lauter Freude über den Benz mit steckendem Zündschlüssel vergessen nachzuschauen, ob da auch sonst niemand im Auto hockte; dieser Umstand wurde ihm jetzt schmerzhaft gewahr, als Frasthers Faust, gewaltsam wie eine Strafe Gottes, in seinem Gesicht einschlug.

      „Autos klauen tust du also?”, sagte Frasther höhnisch.

      Sein Faustschlag hatte den Kopf des Würstchens wie ein Mobile mehrmals wild hin- und herpendeln lassen, bevor er wieder in seine normale Position auf der Wirbelsäule einrastete.

      „Humppfff…”, machte der Kerl und sabberte ein bisschen mit Blut vermischten Speichel.

      Frasther prackte* ihm noch ein paar leichte, aber wohlplatzierte Schläge; gegen die Rippen, auf die Nase und so, aber gerade so fest, dass der Kerl beschäftigt war. Er grinste breit, als er die verzweifelten Versuche des Würstchens sah, sich aus seiner misslichen Situation zu befreien.

      Als er den Kerl dann kurz ausließ, griff der panisch nach dem Schließmechanismus der Autotür, riss verzweifelt den Schlag auf – Frasther ließ ihn jetzt seelenruhig gewähren – und rollte sich fluchtartig vom Autositz. In dem Moment, als er den Kopf in die vermeintliche Freiheit hinaus streckte, knallte auch schon der Griff von Prag-Luis’ Puffn auf den Schädel. Das Bürschchen, das so halb aus dem Auto herausgekommen war, sank ächzend zusammen, ein dickes Rinnsal Blut sprengte aus einer klaffenden Wunde an seiner Stirn. Der Prag-Luis lachte laut auf und zog den Kerl am Krawattl* ganz aus dem Benz heraus.

      „Dass du mir mit deinem verseuchten Rattenblut ja nicht die Karre versaust, Bürschchen!”, sagte er und trat dem Kerl mehrmals mit seinen Straußenleder-Schlüpfern in die Fresse. Als der Kerl sich nicht mehr rührte und nur noch elend röchelte, zwängte sich der Luis, grimmig schnaubend, wieder auf den Fahrersitz und fuhr quietschenden Reifens davon. Frasther bog sich auf dem Beifahrersitz vor Lachen und der Prag-Luis konnte nicht umhin, sich ebenfalls ein Schmunzeln abzuringen.

      „Wollt' der doch glatt meinen schönen neuen Benz klauen – so eine Mistratte!”

      „Du hättest sein Gesicht sehen sollen, als er bemerkt hat, dass ich auch im Auto hocke – er hat’s erst bemerkt, als es PRACK gemacht hat…” Frasther hielt sich den Bauch vor lachen.

      „Wart ab, wie sein Gesicht morgen aussieht, mein Lieber – bist du deppert, hab' ich dem eingeschenkt“, triumphierte der Luis.

      Frasther steckte sich, immer noch kichernd, den x-ten Tschick an. „Was steht denn jetzt noch alles an, Luis? Von der Herumfahrerei zwickt mir langsam der Arschmuskel…?“

      „Wir fahren jetzt noch die letzten drei Hühner ab, dann schnappen wir uns eine Nutte und verziehen uns in ein lauschiges Separee im 'Crazy', was hältst du davon?”, fragte der Prag-Luis.

      Die Vorstellung, den Prag-Luis nackt sehen zu müssen, behagte Frasther überhaupt nicht. „Meinst' schon, das is'ne gute Idee, so öffentlich im Partytempel abzufeiern? Ich mein', wenn der Feind doch irgendwo da draußen ist?”

      Der Prag-Luis überlegte kurz. „Aber ich geh' immer noch ein wenig abhängen nach der Arbeit – das gehört mit zum Job. Kontakte pflegen und so. Und wenn ich mich jetzt verkrieche, sieht es so aus, als ob sie mir den Schneid abgekauft hätten; nein, das geht nun wirklich nicht. Die sollen nur sehen, dass ich einen Gorilla hab' und mich einen Dreck um sie scheiße!”

      Da hatte der Luis nicht mal so Unrecht, fiel Frasther auf. Die Kontakte und ob das zum Job gehörte oder nicht, interessierte ihn zwar wenig; jedoch den Schwanz einzukneifen, das kam gar nicht in die Frage, da musste er ihm zustimmen. Schon gar nicht, wenn er mit an Bord war.

      „Da is' was dran, Luis“, murmelte er. „Jetzt bringen wir erstmal den Job hier zu Ende und dann seh'n wir weiter. Wir sollten uns sowieso beeilen, ich hab’ nur noch eineinhalb Biers*…”

      „Das ist ja auch nicht normal, wieviel Bier du säufst, und das ohne jemals wirklich besoffen zu werden. Du hast jetzt einen Sechserpack in zwei Stunden vertilgt und wirkst noch genauso wie vorher…”, stellte der Luis anerkennend fest.

      „Das ist für mich wie Benzin für deine Karre – ohne läuft es nicht. Wenn ich mich besaufen will, dann schlucke ich was Härteres, das Bier trink’ ich so wie andere Wasser trinken. Oder so wie du Automatenkaffee säufst”, erklärte Frasther ihm.

      Der Prag-Luis antwortete nicht, denn er war gerade damit beschäftigt, die Karre zu verlangsamen und an den Bordstein heranzumanövrieren. Dort hatte sich eine Dame platziert, die soeben aus einer Luxuskarosse ausgestiegen war. „Netten Job gehabt, Baby?”, begrüßte er salopp die Kleine.

      „Die Gstopften* sind immer die Kranken, das weißt du genau!”, sagte sie emotionslos und machte sich daran, Kohle aus ihrer Handtasche hervorzuschaufeln.

      „Sind