Marcello Dallapiccola

Malleus Proletarum - Der Proletenhammer


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der Luis ihn erkannte, hörte er damit auf und ließ das Fenster herunter. „Na, du hast mir einen Schreck eingejagt, Frasther! Solltest besser aufpassen – wenn ich nervös bin kann das durchaus auch ins Auge gehen…”

      Frasther baute sich breit grinsend vor dem offenen Autofenster auf und trompetete ins Wageninnere hinein: „Hab' dir doch gesagt, dass ich dich heut Abend abfange. Was dachtest du denn, einer der's auf dich abgesehen hat, kommt frontal von vorne auf dich zu?”

      „Wenn ein großer, breitschultriger Kerl aus dem Dunkel auftaucht, greif' ich zur Sicherheit nach der Knarre, man kann ja nie wissen. Hab' dich im Dunkel ja kaum erkannt“, schnaufte der Luis. „Komm, steig ein, wir haben zu tun!“

      Frasther nahm auf dem Beifahrersitz von Prag-Luis’ Ersatz-Benz Platz und zündete sich gemütlich einen Tschick an. „Wie gehen die Geschäfte, Luis? Hat das Mädchen brav angeschafft?“ Er deutete auf die Strichkatze, die der Prag-Luis soeben abkassiert hatte.

      Der Gfüllte war mit dem Verkehr beschäftigt und antwortete nicht, also überlegte Frasther laut weiter: „Dem Pelzmantel nach zu urteilen, nagt sie jedenfalls nicht am Hungertuch…“

      „Das ist doch kein echter Pelz, Frasther. Geht schon lange nicht mehr, wegen der Tierschützer. Die haben schon einige der Mädchen mit Farbe angeschüttet, um die Pelze zu versauen, drum tragen die heute alle nur noch Kunstpelz…“

      „Tierschützer?“, staunte Frasther.

      „Ja, durchgeknallte, militante Idioten, die glauben, wenn sie möglichst viele Pelze versauen, retten sie die Käfig-Viecher… sobald links-alternativ aussehende Spinner auf die Mädels zugehen, schreien die alle panisch: 'Kunstpelz, Kunstpelz!' um nicht wieder mit Farbe angeschüttet zu werden!“, erklärte der Prag-Luis verärgert.

      „So was!“, staunte Frasther, dem dieser Umstand komplett neu war.

      Der Prag-Luis steuerte nervös seine Karre durch den dichten, nächtlichen Verkehr und wechselte das Thema: „Und? Hattest du schon Zeit, dich ein wenig umzuhören, was dieses Gesindel betrifft, das mir das Leben schwer macht?”

      „Umgehört hab' ich mich, aber rausgefunden hab' ich nicht viel – niemand scheint diese Typen zu kennen. Auch unsere Verschrottungsaktion von gestern Nacht hat sich noch nicht überall rumgesprochen…“

      „Was? Wie kann das sein? Steht in der Morgenzeitung… Ich hatte die größten Schwierigkeiten, meine Hampel dazu zu bewegen, die Sache geradezubiegen. Kann doch nicht sein, dass sich das noch nicht herumgesprochen hat.”

      „Was hast du da für Typen geschmiert? Bullen?“, fragte Frasther.

      „Logisch Bullen! Und Typen von der Stadt, damit sie das Wrack verschwinden lassen… man hat mir zu verstehen gegeben, dass wir den Ball etwas flacher halten sollen, so eine Sauerei ließe sich vielleicht einmal kaschieren, aber nicht, wenn es öfters passiert.“

      „Die sollen nicht rumjammern, immerhin werden sie gut bezahlt fürs Wegschauen. Zwei Autowracks sind doch schnell verschwunden, notfalls versenkt man sie einfach im See…“, brummte Frasther.

      „Die Wracks sind nicht so das Problem, eher die Leichen“, führte der Prag-Luis aus.

      „Die sind im See auch gut aufgehoben, haben die Fische mal was Feines. Man kann auch alles unnötig kompliziert machen, Luis!“

      Der Prag-Luis schnaubte und kam dann auf einen anderen Teilaspekt des Ganzen zu sprechen: „Im Moment ist die Sache jedenfalls erledigt – mir macht nur Sorgen, dass es doch eine Weile gedauert hat, bis die Wracks weggeschleppt wurden. In der Zeit hätte jemand erkennen können, dass es mein schöner Benz ist, der da in Flammen aufging.“

      „Ach, um die Zeit waren doch alle im Bett, das hat keine Sau mitgekriegt. Die Taxifahrer haben einen Obolus bekommen und halten die Schnauze, der Bertl sowieso – das will ich ihm zumindest geraten haben!“, wiegelte Frasther ab.

      „Hast du ihm das so gesagt?”

      „Nein, hab' ihn ja nicht mehr gesehen. Aber ich krieg' noch Geld von ihm, also wird er mir die nächsten paar Tage übern Weg laufen…“

      „Wenn du ihn triffst, mach ihm klar dass er zu niemandem ein Sterbenswörtchen sagt!“

      „Der wird nix sagen, der hängt ja selber mit drin. Der Bertl hatte vermutlich genug Probleme, ein Geschichtchen für die Kugel in seinem Haxen zu erfinden, das er dem Doktor erzählen kann. Und überhaupt sind die Halbseidenen rund um den Bertl selber dran interessiert, dass hier kein neuer Spieler auf den Markt drängt, dann könnt' es nämlich für sie auch eng werden… also, zerbrich dir nicht den Schädel wegen dem.“

      „Du hast leicht reden, dein Arsch ist ja nicht in der Schusslinie…“, meckerte der Luis weiter herum.

      „Jetzt jammer nicht wie ein Mädchen!“, brüllte Frasther ihn an. „Soweit ich weiß, haben wir seit gestern einen Deal, oder? Für fünfhundert Kröten pass' ich auf deinen Fettarsch auf, drum ist mein Hintern genauso in der Schusslinie, wenn ich dir den Gorilla mach'! Also hör auf rumzuplärren, oder ich verlang' das Doppelte!“

      Der Prag-Luis stieß Verwünschungen aus, als ein Motorradfahrer ihn schnitt. Dann sagte er: „Wir müssen unbedingt rausfinden, wer diese Typen sind und wo sie sich verkrochen haben. Die werden sich das von gestern Nacht nicht gefallen lassen und sich rächen wollen, also sollten wir einen Präventivschlag gegen sie führen, bevor sie uns die Ärsche aufreißen.”

      Frasther ließ seinen Tschickstummel durch das zu einem Schlitz geöffnete Autofenster auf die Straße fallen und sprach: „Nur die Ruhe, Luis. Die haben jetzt erstmal die Schockstarre zu überwinden und dann werden sie sich Zeit lassen mit ihren Vorbereitungen, um nicht nochmal ins offene Messer zu laufen. Bis dahin wissen wir, mit wem wir es zu tun haben und können uns entsprechend wappnen.“

      „Was heißt hier 'wappnen'?!?“, fauchte der Luis. „Sobald ich weiß, wo diese Ratten ihr Nest haben, miete ich noch ein paar Jungs wie dich dazu und dann blasen wir denen den Marsch, dass ihnen Hören und Sehen vergeht!“

      Frasther runzelte die Stirn. „Dir sollte schon klar sein, dass du nicht der richtige Typ für einen Bandenkrieg mit der Ostmafia bist, Luis. Die kommen von woher, wo ein rauher Wind weht. Diese Burschen mussten wahrscheinlich schon als Kinder lernen, wie man Bären und Wölfe mit bloßer Hand umbringt, um zu überleben; was glaubst du, wieviele Leute du hierzulande finden wirst, die sich mit denen anlegen wollen?”

      Der Prag-Luis winkte ab. „Übertreib nicht, mit den beiden Kerlen sind wir ja ohne weiteres fertig geworden. Du wirst doch wohl zwei, drei Männer finden, die da mit einer ordentlichen Ausrüstung und der Aussicht auf eine großzügige Prämie reinmarschieren und mal so richtig Kleinholz machen!” Er unterstrich seine Aussage mit wildem Herumgefuchtel.

      Während Frasther noch nach Worten suchte, um seine Entgegnung zu formulieren, fluchte Prag-Luis weiter: „Scheiße nochmal, jetzt bin ich doch glatt an ihr vorbeigefahren… warte mal, ich muss irgendwo umdrehen, mitten in diesem Scheißverkehr!” Er schnaubte und schwitzte und lenkte die Karre mit wildem Blick an eine Bushaltestelle, um umzudrehen.

      Vor lauter Diskutieren war er doch glatt an einem seiner Hühner vorbeigefahren – Frasther sah auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine ausgezehrte Rothaarige in hohen Pumps und einem billigem Kunstpelzmantel, die gelangweilt durch die Gegend glotzte. Der Prag-Luis parkte die Karre und winkte das Mädchen her. Wie in Zeitlupe kam sie herangestöckelt und wiederkäute mechanisch wie eine Kuh auf einem Kaugummi.

      „Kann die ihren fetten Hintern nicht schneller bewegen, verflucht?”, schimpfte der Prag-Luis und steckte sich eine Kippe an. „Das ist alles Arbeitszeit, die hier verludert wird, Teufel noch eins…”

      „So fett ist der Hintern von der doch gar nicht. Ich find’ eher, die ist viel zu dünn zum Ficken, die bricht ja auseinander wenn ich g'scheit losleg'…”, überlegte Frasther vor sich hin, während er die Tussi begutachtete.

      „Ich sag' ja nur so! Übrigens hab' ich ja auch Dickere im Sortiment, wenn