Marcello Dallapiccola

Malleus Proletarum - Der Proletenhammer


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      Artig stieg die Tussi ein. „Wohin fahren wir?”

      „Ins 'Crazy Town', einen draufmachen”, sagte der Prag-Luis in versöhnlichem Tonfall.

      „Oooh ja, tanzen“, quietschte das Mädel von hinten vergnügt. „Lass uns ein bisschen eng tanzen, Frasther, was meinst du?”

      „Seh' ich aus wie ein Tanzaffe, oder was?”, tat Frasther das unausgegorene Fantasiechen sofort ab.

      „Ach, ein wenig mit dem Hintern wackeln, ist doch nichts dabei…“

      „Keine Angst, Monalein, deine Hüften wird er schon zum Wackeln bringen, wenn auch nicht auf der Tanzfläche“, grinste der Luis.

      „Na, das will ich doch schwer hoffen“, schnurrte Mona und ließ ihre Krallen über Frasthers Bizeps scharren.

      „Erst später, Süße. Zuerst muss ich noch auf den Arsch von deinem Boss aufpassen“, vertröstete er sie.

      „Ach?!? Na, da hast du ja einiges, um drauf aufzupassen…“

      „Ja, ja, wir wissen alle, dass ich nicht gerade der Schlankste bin, können wir jetzt gefälligst die Schnazue halten, bis wir im 'Crazy' sind?“, fuhr der Luis genervt auf. Frasther steckte sich einen Tschick an, drehte sich zu Mona um und bot ihr grinsend auch eine an. Das Mädchen grinste zurück und rollte vielsagend die Augen in Richtung Luis. Dann rauchten sie schweigend, bis der Benz zum Stehen kam.

      Das 'Crazy Town' war eine Animierbar, also eine Mischung aus Puff und Disco und bot etwa hundert Nachtschwärmern Platz. Es war die typische billige, auf stilvoll machende Abschleppbude, in der die Übriggebliebenen der Nacht sich noch eine Wichsfantasie für daheim abholten. Der Prag-Luis war in solch einem Schuppen natürlich ein gern gesehener Gast; von dem Zeitpunkt an, als er durch den Eingang trat, dauerte es genau solange wie er brauchte, um gemütlich zum besten Tisch im Lokal zu schreiten, bis ebendieser Tisch geräumt, gesäubert und mit frischen Aschenbechern ausgestattet für ihn hergerichtet war.

      Schwer setzte sich der Luis auf die Couch und orderte beim demütig wartenden Kellner eine Buddel Whiskey, drei Gläser, jede Menge Eis und ein Bier für Frasther. Dieser ließ sich gemütlich in einen der riesigen Plüschsessel fallen und deutete der Schnepfe, sich neben ihm auf die breite Lehne zu setzen. Diese ließ sich bereitwillig auf den ihr zugewiesenem Platz nieder, legte ihre langen Nuttenbeine über Frasthers Schoß und begann, das Fell an seinem Genick zu kraulen.

      „Soso, du bist also der neue Gorilla vom Luis… Wieso braucht der denn auf einmal einen Gorilla, gibt’s irgendwelche Probleme?”

      „Ich sorge dafür, dass es keine Probleme gibt, also zerbrich dir nicht den Kopf…”

      „Bist du ein gelernter Gorilla, ich meine mit Ausbildung? Oder ein Ex-Soldat oder sowas?”

      „Viel Neugier in deinem hübschen Köpfchen, Mädel. So genau musst du’s nicht wissen – ich mach' nur brav meinen Job, so wie jeder von uns, mehr nicht. Wie lange stehst denn du schon für den Luis in der Gegend ‘rum?”

      „Kommt jetzt das typische Nutten-Freier-Gespräch, oder was? Können wir uns das nicht ersparen? Komm, trink aus und dann lass uns tanzen gehen; später blas’ ich dir dann einen, dass du mich niemals vergessen wirst…”

      „Ich hab' dir schon im Auto gesagt, dass ich nicht zu den Tanzaffen gehöre. Geh von mir aus allein tanzen, soviel du willst – und danach werd’ ich dich mal duchziehen, dass du mich niemals vergessen wirst”, grinste Frasther die Tussi an und verpasste ihr einen saftigen Klaps auf den Hintern.

      Sie schenkte ihm mit ihr nuttigstes Lächeln, nahm noch schnell einen Schluck Whiskey-Soda und hopste dann in Richtung Tanzfläche davon.

      Frasther verzog angeekelt das Gesicht als er sah, dass die Schickse den leckeren Whiskey mit ekligem Soda verdünnt hatte. Er selbst schenkte sich einen Dreifachen ein, genau wie der Prag-Luis, im Gegensatz zu diesem verzichtete er jedoch auf Eis.

      „Das ist doch was, so ein Feierabend!”, freute sich der Prag-Luis und wippte mit seinem pomadisierten Schädel im Takt der Musik mit. Frasther spülte den Whiskey mit einem anständigen Schluck Bier hinunter und sah der Schnepfe zu, die sich so aufreizend wie nur möglich über die Tanzfläche wand.

      „Tanzen kann die aber schon, was?”, fragte ihn der Prag-Luis, der das Schauspiel offenbar ebenso genoss.

      „Warten wir ab, was sie in der Waagerechten bringt!”, sagte Frasther vergnügt und steckte sich einen weiteren Tschick an.

      6 – Erste Nachforschungen

      Am nächsten Tag, so gegen Mitte Nachmittag, erwachte Frasther in einem riesengroßen, frisch duftenden und mit blütenweißen Laken bezogenem Bett. Neben ihm das rhythmische Atmen der Tussi von gestern Abend – Mona, soweit er sich erinnern konnte. Dass sie noch immer schlief, wunderte Frasther nicht; mit diebischer Freude dachte er daran zurück, wie sie es noch vor wenigen Stunden getrieben hatten.

      Die Vorteile daran, eine Profinutte zu bumsen, lagen auf der Hand: Es gab nichts, was sie noch nicht kannte und daher konnte man sich die langwierigen Abrichtungsprozeduren ersparen. Weiters fiel das ganze pseudoromantische Brimborium drumherum weg; man brauchte gar nicht erst Interesse an seinem Gegenüber oder an dessen Lebensgeschichte zu heucheln, denn man wusste ja,was Sache war, wenn man sich gegenseitig die Kleider vom Leib riss. Des Weiteren – aber das galt aber leider nur für diesen speziellen Fall – kostete der Dienst nichts, denn für Frasther war ganz klar, dass dies unter Spesen zu laufen hatte. Wehe, der Luis würde ihn wegen dieser Nummer nach Kohle fragen.

      Als er halbwegs munter war, stellte Frasther drei Dinge fest: Erstens hatte er einen ziemlichen Brummschädel, was zwar in der Früh nichts Ungewöhnliches bei ihm war; allerdings spürte er heute massiver als sonst, dass er am Vorabend jenseits der zivilisierten Promillegrenze unterwegs gewesen war. Zweitens tat ihm sein Körper an den verschiedensten Stellen weh und auch in seiner Schlagfaust vernahm er ein deutliches Pochen, was auf leichte Überbeanspruchung hinwies.

      War ja klar, vor allem in Ferdls 'Western Bar&Grill' hatte er ganz ordentlich hinlangen müssen, um die wildgewordenen Proleten zu besänftigen. Und dem Autodieb hatte er auch kräftig eine donnern müssen, um ihn zur Besinnung zu bringen. Sowas konnte das Material schon fordern. Er grunzte verärgert auf. Das bedeutete, er würde sich später im Bad ein wenig um seine Blessuren kümmern müssen, um möglichst schnell wieder voll einsatzfähig zu sein; immerhin stand einiges zu erledigen an und er brauchte volle Einsatzfähigkeit. Tja, und drittens noch bemerkte er unter der Bettdecke, zwischen seinen Beinen, einen mörderischen Morgenständer.

      Komisch, wunderte er sich, und das, obwohl ich eigentlich gar nicht geil bin. Na ja. Er wälzte sich auf die Tussi drauf. Knapp fünf Minuten später war die Sache erledigt und das Mädchen natürlich wach. Frasther rollte sich wieder von ihr herunter, streckte sich laut grunzend und ließ sich dann wieder mit einem Seufzer zusammensacken.

      „Kennst du dich aus in diesem Haus?”, fragte er das Mädchen.

      Das Ratschen eines Feuerzeugs. „Denk’ schon...” – ein gieriger Lungenzug – „…war schon ein paar Mal auf Partys hier…” – ein genüssliches Ausatmen einer riesigen Rauchwolke – „…das Bad ist gleich da die zweite Tür links, die Toilette daneben.”

      „Ich dacht' eigentlich eher, dass du Kaffee machen könntest, wenn du schon weißt wo das ganze Zeug steht”, Frasther redete in sein Kissen hinein, immer noch fest unter die Decke gekuschelt. Seine Geruchskapillaren nahmen soeben den verlockenden Nikotinduft wahr und sein Suchtreflex war langsam im Begriff, darauf anzuspringen.

      Die Tussi inhalierte erneut und seufzte kurz und hörbar auf. „Ich seh’ mal, was ich machen kann”, sagte sie, nahm noch einen geräuschvollen Zug und tapste dann auf leisen Sohlen davon.

      Frasther streckte und reckte sich nochmals und drehte sich dann zum Nachtkästchen, auf dem das Mädel seine Tschick vergessen hatte. Er genehmigte sich einen, inhalierte genussvoll und drehte sich auf den Rücken. Auf die Decke starrend, rauchte er sinnierend vor