Valuta Tomas

Verkauft


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      Als sie im hinteren Teil des Ladens im Büro verschwinden, schmettert Kim die Tür hinter ihm zu und baut sich bedrohlich vor ihm auf.

      »Wenn ich dich bitte die Klappe zu halten, dann mach das doch, verdammt nochmal!!« Mark schaut sie überfordert und erschlagen an, nickt dann aber zaghaft.

      »Entschuldigung!« spricht er leise, blickt Kim aber wieder fragend an.

      »Krieg ich denn eine Antwort?«, fragt er wie ein kleines unschuldiges Kind. Kim macht einen Schritt zurück.

      »Nein, wieso sollte ich dir etwas über mich erzählen? Du bist ein Freier für mich, mehr nicht!«, keift sie gedämpft. Sie weiß, dass die Wände des Büros nicht sehr dick sind und jeder ungehindert lauschen kann.

      Mark lächelt sie freundlich an und setzt einen Fuß in ihre Richtung. Sofort macht Kim einen erneuten Schritt zurück.

      »Das mag stimmen! Mich interessiert es aber, weshalb du deinen wunderschönen Körper verkaufst, wenn du diesen Laden besitzt!« In dem Moment, in dem das Kompliment Kims Verstand erreicht, wird sie rot. Was soll das werden? Wieso macht er so eine höfliche Bemerkung, wenn er sie doch nur daher kennt, dass er seinen Schwanz bei ihr reinstecken kann? Da stimmt doch irgendwas nicht! Will er vielleicht doch mehr als sie annimmt?

      Kim denkt über diese Feststellung nach und weicht noch einen Schritt zurück.

      »Der Laden wirft noch nicht genug ab und ich muss auch was zu essen haben!«, wirft sie ihm hart an den Kopf und hofft, dass er endlich den Rückzug antritt. Nicht das ihm noch mehr Komplimente einfallen, mit denen sie nichts anfangen kann. Oder schlimmer noch, vielleicht erwartet er ja, dass sie es jetzt hier mit ihm treibt.

      Als dieser Gedanke in ihrem Kopf reift und wächst, werden ihre Augen größer. Das kann nicht sein ernst sein! Das kann er nicht wirklich erwarten! Das hier ist ihr Bereich! Da hat ein Mann, ein Freier nichts zu suchen. Sie ist sowieso schon viel zu weit gegangen, als sie ihn mit in das Büro nahm.

      Gerade als sie Luftholen will, um ihn aus dieser Räumlichkeit zu schmeißen, stockt ihr der Atem. Mark macht einen weiteren Schritt auf sie zu. Kim weicht zurück und prallt mit dem Rücken gegen die Bürotür. Panik überkommt sie. Das kann er doch jetzt nicht wirklich von ihr verlangen! Sie ist hier in ihrem Laden! Egal wie viel er zahlen wird, sie wird weder mit ihm vögeln, noch wird sie ihm einen blasen. Überall gerne, aber mit absoluter Sicherheit nicht hier! Nicht in ihrer Welt! Nicht in ihrem Traum! Nicht in ihrem Lebensinhalt!

      Eine Welle der Angst bricht über Kim zusammen, als Mark sich zu ihr beugt und sein Gesicht unmittelbar vor ihrem ist. Sie riecht sein After Shave. Sie hört wie ihr Blut in den Ohren rauscht! Ihr Herz beginnt zu rasen! Kim weiß, dass sie ihren Elektroschocker nicht dabei hat. Muss sie das Teil jetzt tatsächlich auch noch beruflich und privat tragen und nicht nur bei ihrem Nebenjob? Was hat sie sich damit nur angetan?

      »Darf ich mal?«, flüstert Mark leise. Erst jetzt hört sie wie er die Türklinke benutzt und ein kurzes klicken ertönt. Schreckhaft schießt sie einen Schritt zur Seite. Sie beobachtet wie Mark die Tür öffnet und nach draußen geht. Er bleibt stehen und blickt an dem Holz vorbei. Schmunzelnd zwinkert er Kim zu.

      »Du bist ein richtig süßer Angsthase!«, lächelt er.

      »Ich melde mich bei dir!« Mit diesen Worten verschwindet Mark. Kim bleibt noch einige Augenblicke atemlos im Büro stehen, bis sie ihren Körper wieder unter Kontrolle hat und laut ausatmet. Verdammt? So eine Situation sollte nie auftreten! Sie wollte sich niemals in der Gegenwart einer ihrer Männer so bedroht und ängstlich fühlen, wie in den letzten Augenblicken. Wie konnte das nur passieren? Was wird das bloß nur noch für Ausmaße annehmen?

      

      

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      -Hast du Zeit?-, fragt Mark. Kim braucht eigentlich nicht lange überlegen. Für ihn hat sie immer Zeit! Besser gesagt, hat sie mehr für sein Geld Zeit und nicht direkt für seine Person.

      Seit fast sechs Wochen macht sie diesen Job nun und der erste Nervenzusammenbruch war nicht der letzte. Es folgten noch zwei weitere. Kim brauchte einfach Zeit um mit dieser getroffenen Entscheidung zurechtzukommen und es mit zuckenden Achseln durchziehen zu können. Trotzdem steht sie bei jedem weiteren neuen Mann mit verschwitzten Händen und panischer Angst vor der Zimmertür des Hotels. Sie muss sich jedes Mal zusammenreißen und anfeuern, dass sie ihre Hand hebt, diese zu einer leichten Faust ballt und gegen das Holz klopft. Und jedes Mal, wenn ihr dann der Freier die Tür öffnet, möchte sie am liebsten panisch kreischend wegrennen. Aber sie reißt sich immer wieder aufs Neue zusammen, verwandelt sich in einen Eisblock und zieht diese Nummer durch. Selbst als sie an einem Abend vier Männer hatte, machte sie ihren Job und kroch um kurz vor vier Uhr nach einer wohltuenden Dusche unter die Decke. Nur um zwei Stunden später wieder aufzustehen. Erstaunlicherweise hatte sie nach dieser Nacht allerdings den Rest der Woche frei. Sie genoss es, dass sie endlich mal wieder Zeit für sich hatte. Dieser Job zerrt nicht nur an ihren Nerven, sondern auch an ihrem Körper. Und das in jeglicher Hinsicht!

      -Ich mache keine Hausbesuche! Den Fick kannst du dir getrost abschminken!-, schreibt Kim wütend, als sie einige Zeit später bei der angegebenen Adresse ankommt. Ohne zu überlegen wendet sie ihren Wagen und fährt von dem cremefarbenen Gebäude weg, bis sie Marks Antwort erhält.

       -Es gibt sie noch! Ehrliche Menschen! Du brauchst weder vor mir, noch vor meiner Wohnung Angst zu haben!-, liest sie ihre eigenen Worte von ihrem ersten Treffen. Sie schickt lediglich ein trockenes -Trotzdem!- zurück und lässt dieses Angebot hinter sich. Dreihundert Dollar hin oder her, sie macht keine Hausbesuche!!

      -Fünfhundert!-, lässt sie Marks neue Nachricht kurz zweifeln. Sie bleibt aber standhaft und antwortet erst gar nicht.

      -Siebenhundert!-. Blitzschnell kommt Kims Wagen zum stehen. Sie überlegt. Mit einem leicht mulmigen Gefühl im Magen, wendet sie das Auto erneut und hält zum zweiten Mal vor dem dreistöckigen Haus. Sie blickt flüchtig nach oben, steigt aus, geht zur Haustür und liest sich sämtliche Namen auf den Klingelschildern durch.

      -Nachname?-, schreibt sie ihm und drückt nach der Antwort auf das weiße Schild mit dem Namen Kerling. Ok, Vorteil für sie! Sie hat eine Adresse und den Nachnamen. Wenn ihr etwas passieren sollte, hat sie wenigstens vernünftige Anhaltspunkte.

      Im zweiten Stock wird ihr gleich nach dem ersten klingeln eine schlichte weiße Tür geöffnet. Mark lächelt sie freudig an und macht einen Schritt zur Seite. Er wuschelt sich mit einem Handtuch durch die noch nassen Haare. Der untere Teil seines Körpers ist von einem zweiten Handtuch abgedeckt.

      »Komm rein!«, begrüßt er sie nett und irgendwie vertraut. Mit einem noch immer mulmigen Gefühl, tritt Kim in die Wohnung und bleibt dicht bei der Wohnungstür stehen. Mark schließt die Tür und schaut sie regungslos an, was sie ihm gleichmacht. Ein schelmisches aber beruhigendes Lächeln wandert über sein rasiertes Gesicht.

      »Ich werde die Tür nicht abschließen, ok?«, grinst er. Er hat Kims Zurückhaltung richtig eingestuft. Sie blickt flüchtig auf das Türschloss, sieht einen Schlüsselbund und nickt stumm.

      »Fühl dich ganz wie zu Hause. Ich komme gleich!«, lässt er sie auf einmal alleine stehen und verschwindet in der Wohnung, die Kim erst nach einigen Momenten beginnt zu registrieren.

      Es ist ein einfaches und anspruchsloses Heim. Insgesamt drei Zimmer, Küche und Bad. Das Wohnzimmer beinhaltet eine große braune Ledergarnitur, die irgendwie zu gewaltig für diese Räumlichkeit wirkt und fast den ganzen Platz einnimmt. Eine viel zu kleine Schrankwand, mehrere gemalte Bilder an den Wänden und ein großer runder Teppich auf dem Laminatboden. Es stehen keine Familienfotos oder ähnliches in der Schrankwand, was man sich als Erinnerung dort hineinstellt, um hin und wieder davor zu stehen und sich daran zu laben. Eine typische Singlewohnung.

      Kim möchte sich eigentlich noch weiter mit der Wohnung auseinandersetzen. Aber sie kommt nicht dazu, als sie das Esszimmer