Lene Levi

Nordwest Bestial


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könnten.“

      Robert verstand, sah sich die Aufnahmen genauer an und zeigte dann mit dem Finger auf einen roten Kreis. „Und was ist mit diesem Gebäude hier?“

      „Das ist eine Aufnahme, die wir direkt über dem Grundstück gemacht haben, wo die beiden Leichen aufgefunden wurden.“

      „Und diese roten Flecken hier, direkt neben dem Haus?“

      „Ist der Whirlpool“, faselte Kai Bahlmann. „Ich meine, das Ding ist noch in Betrieb! … Verstehen Sie? … Ich habe einen meiner Leute angewiesen, bis zu Ihrem Eintreffen nichts zu verändern und das Gebäude abzusichern.“

      Als Bahlmann keine weitere Erklärung abgab, wandte sich Robert erneut an den Piloten: „Wenn ich das richtig verstanden habe, wäre also ein Verstecken von Wärmequellen, vor allem bei niedrigen Außentemperaturen, dann sicher nur mit großem Aufwand möglich, oder?“

      Der Pilot lächelte und schüttelte den Kopf. „Ein absolut sicheres Versteck wird es nicht geben. Selbst wenn hier im Moor ein menschlicher Körper in den letzten vierundzwanzig Stunden versunken wäre, könnten wir diese Stelle noch genau lokalisieren.“

      „Wie ich sehe, haben Sie sich hauptsächlich auf den nördlichen Bereich konzentriert. Fliegen Sie auch noch über die anderen Gebiete?“

      Der Pilot sah auf und deutete auf die tiefhängende Wolkendecke, die den ganzen Himmel verdunkelte. „Sie wissen vermutlich, was uns heute noch erwartet? Mit »Xaver« ist nicht wirklich zu spaßen. Außerdem würde bei jedem weiteren Flug die Messgenauigkeit durch die vielen feuchten Oberflächen erheblich sinken. Ich muss zusehen, dass ich sobald wie möglich nach Rastede zurückfliege. Sonst komme ich selbst noch in Teufels Küche.“

      Polizeioberrat Kai Bahlmann, der die ganze Helikopteraktion angefordert und geleitet hatte, zeigte sich enttäuscht. Aber gegen die berechtigten Einwände des Piloten konnte er nichts ausrichten.

      Als die Rotorblätter des Helikopters zu rotieren begannen, wirbelte es Unmengen an Torf- und Schlammwasser auf, sodass sich der ganze Parkplatz innerhalb weniger Sekunden in eine Dreckschleuder verwandelte.

      Nachdem der Hubschrauber abgehoben hatte, war Kai Bahlmann schnurstracks hinüber zu den Oldenburger Beamten geeilt, die sich hinter ihren Einsatzfahrzeugen in Sicherheit gebracht hatten. Er hielt seine Mütze fest, damit sie nicht vom Auftrieb weggewirbelt wurde. Sein Gesicht war über und über mit braunen Torfresten besprenkelt und seine dunkelblaue Schutzkleidung sah aus, als wäre er einem Güllebomber hinterhergelaufen, was ihm ein Grinsen der anderen einbrachte.

      Die Männer beobachteten, wie sich der Hubschrauber etwas neigte und sich dabei leicht drehte, dann über das Moor hinaus flog, bis er nur noch als kleiner schwarzer Punkt am grauen Himmel zu erkennen war.

      „Hoffentlich macht euch das Sauwetter keinen Strich durch die Rechnung.“

      Kai Bahlmann versuchte offenbar, ein geeignetes Gesprächsthema zu finden.

      „Steigen Sie bei uns mit ein?“, fragte Jan. „Wir möchten schnellstmöglichst zum Einsatzort.“ Bahlmann stieg hinten in den Streifenwagen.

      „Was meinen Sie, hat der Leichenfund etwas mit den entflohenen Häftlingen zu tun?“, erkundigte sich Robert. „Davon gehe ich aus“, antworte Bahlmann, der gerade dabei war, sich mit einem Papiertaschentuch die Dreckspritzer aus dem Gesicht zu tupfen. „Und wer hat die Leichen gefunden?“, wollte Jan wissen.

      „Eine Haushälterin und der Sohn der Familie, Erik de Groot. Polizeiobermeister Bloemer war heute früh gegen 9 Uhr als erster Beamter am Fundort.“

      Er blickte grübelnd aus dem Fenster. „Aber vielleicht ist es ja auch ein Tatort. Genaueres lässt sich im Moment noch nicht sagen. Um das herauszufinden, sind Sie ja hergekommen.“

      „Gibt es inzwischen schon irgendwelche Erkenntnisse über die beiden Toten? Wie ich hörte, sollen die Leichen bis zur Unkenntlichkeit …“

      Bahlmann fiel ihm ins Wort. „Die Täter haben ihre Opfer regelrecht gar gekocht, wenn Sie das meinen.“

      „Wieso sprechen Sie eigentlich von Täter und Opfer?“

      „Hören Sie, Herr Rieken. Die Sache liegt doch klar auf der Hand. Da entkommen zwei gefährliche Straftäter aus der JVA. Einer von ihnen hat mindestens schon einen schweren Raub mit Todesfolge ausgeführt. Und am nächsten Tag liegen da zwei Leichen in einem Whirlpool. Noch dazu in einer abgeschiedenen Gegend, die sich hervorragend als Unterschlupf für jemand anbietet, der auf der Flucht ist. Ich bitte Sie, Herr Rieken!“

      Robert hielt diese These zwar für plausibel, aber auch für voreilig. Solche Schnellschüsse kannte er aus dem Effeff. „Sie wissen also noch nichts über die Identität der Toten?“

      „Bisher steht nichts fest, jedenfalls nichts, woraus man eindeutige Rückschlüsse ziehen könnte. Die Haushälterin behauptet allerdings, sie hätte an der Haarfarbe festgestellt, dass es sich um ihre Chefin handeln könnte.“

      „Und der Sohn? Wie heißt der nochmal?“

      „Erik de Groot, der steht unter Schock, ist nicht ansprechbar. Wir mussten ihn in das Klinikum nach Twistringen einliefern. Nervenzusammenbruch.“

      „Ist die Haushälterin noch vor Ort?“

      „Nein. Ein Streifenwagen hat sie nach Hause gebracht. Sie selbst war dazu nicht mehr in der Lage. Ihr Wagen steht noch auf dem Hof. Allerdings hat Polizeiobermeister Bloemer ihre Personalien aufgenommen.“

      „Und wie läuft es mit ihrer Großfahndung? Wie ich hörte, haben Sie ja alle Register gezogen. War das überhaupt notwendig?“

      Kai Bahlmanns Lippen verzogen sich zu einem breiten Grinsen. „Notwendig? Was glauben Sie? Die beiden flüchtigen Jungstraftäter sind keine Lämmerschwänzchen. Meine Leute halten mich ständig über Walkie-Talkie auf dem Laufenden.“

      Als sie sich dem Zufahrtsweg genähert hatten, der hinüber zum Anwesen der de Groots führte, sah Robert, dass bereits zwei seiner Leute aus dem vorausgefahrenen Van ausgestiegen waren und damit begonnen hatten, die rot-weiß-gestreiften Absperrbänder auszurollen. Auch einer der Spurensicherungsexperten war schon damit beschäftigt, auf dem Zufahrtsweg möglicherweise vorhandene Abdrücke von Radspuren oder andere Auffälligkeiten ausfindig zu machen. Selbst wenn das eher unwahrscheinlich erschien, da der Weg mit Kies aufgeschüttet war und deshalb keinerlei Reifenabdrücke aufnehmen konnte. Erst als er damit fertig war, wurde der Zufahrtsweg für die anderen Polizeifahrzeuge freigegeben.

      „Ihre Leute sind wirklich pingelig“, stellte Kai Bahlmann fest, doch Robert reagierte nicht auf seine Bemerkung.

      Nachdem sie ausgestiegen waren, begann Jan damit mit seinem 7-Zoll-Tablet Aufnahmen von der Vorderseite des Landhauses zu machen. Dann sah er sich auf dem Hof um und fotografierte auch die parkenden Fahrzeuge. Kai Bahlmann kam mit einem Polizisten auf Robert zu. Der Beamte sah ziemlich mitgenommen aus und fror. „Das ist Polizeiobermeister Bloemer. Er hat hier die ganze Zeit über die Stellung gehalten.“ Bloemer war ungefähr Mitte vierzig, wirkte aber wesentlich älter. Er war offenbar ein Gemütsmensch. Äußerlich ähnelte er eher einem Landwirt als einem Polizisten.

      „Möchten Sie einen Kaffee oder Tee? Wir haben da drüben im Einsatzwagen ein paar Thermoskannen mit verschiedenen Heißgetränken.“ Bloemer nickte erleichtert, wollte etwas sagen, aber lautstarkes Hundebellen hinderte ihn daran. Sie standen direkt vor dem Hundezwinger. Wim kläffte unablässig und hastete dabei aufgeregt hinter dem Holzverschlag hin und her. Sie gingen ein paar Schritte hinüber zum Wagen der KTU. „Das ist ein belgischer Schäferhund“, stellte Robert fest. „Ja, das ist Wim“, sagte Bloemer.

      Sie trafen auf Jan, der neben dem Fahrzeug stand, um von diesem Standort Aufnahmen von der Fassade des Landhauses zu machen.

      „Wim gehört, oder besser gesagt, er gehörte Frau de Groot“, fuhr Bloemer fort. Er sprach mit starkem ländlichen Akzent und hatte offenbar ein gutes Gespür für Menschen und Tiere.

      Robert reichte ihm einen Becher Kaffee. „Als