Karin Pfeiffer

Draggheda - Resignation


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ahnte Mira in dieser Berührung etwas, das ihr Mut machte. Das war nichts, was er geplant hatte. »Sie fühlt dich« flüsterte sie, den Vorteil nutzend den ihr die Situation verschaffte.

      »Was?«

      »Sie fühlt dich!«

      »Sie?«

      »Ja, ... ich glaube ganz fest, dass es ein Mädchen ist!« Und während sie bei dem Gedanken an ihre kleine Tochter lächelte, konnte er nur daran denken, dass er das Kind wenigstens nicht töten musste, wenn sie recht hatte und es ein Mädchen wurde. Und während seine Gedanken dunkler wurden, schwärmte Mira mit strahlenden Augen »Wie ein Schmetterling hat es sich am Anfang angefühlt.« Mit jedem Wort wurde sie sicherer. Für sie war die Schwangerschaft plötzlich die Chance auf eine Verbindung zu ihm »Ganz leicht ist das Gefühl, kaum wahrnehmbar ... und doch ... einfach da!«

      Er blieb stumm.

      »... dann wurde es schwerer, runder irgendwie ...« Ihr Lächeln wurde breiter »Sie wird mir vertrauter. Von Tag zu Tag ein wenig mehr. Ich ... ich rede mit ihr, wenn ich alleine bin und ich glaube, dass sie mich versteht!«

      Sie drehte ihr Köpfchen zu ihm und das Lachen, das sie ihm schenkte, quittierte er mit einem stummen Blick. Schnell wandte sie den Blick wieder ab. Sein ernster Ausdruck stampfte ihre Hoffnung auf eine Verbindung in Grund und Boden. So schnell wie ihre Sicherheit entstanden war, so schnell verschwand sie auch wieder unter diesem dunklen Blick. Mira hatte keine Ahnung, wie sie mit ihm umgehen sollte. Sie schrie leise auf, als der Hengst erneut ausbrach.

      »VERDAMMTES MISTVIEH!«, fluchte Dogan laut »Jetzt reicht es!« brummte er und brachte das Tier grob zum Stehen. Sein Arm umfing sie, und mit seinem linken Bein hob er ihr linkes Bein über den mächtigen Hals des Hengstes. Er hielt sie fest und rutschte mit ihr aus dem Sattel, bevor sie kapierte, was er da tat. Unten angekommen verpasste er dem Tier einen derben Schlag auf den Hals noch bevor Mira Boden unter den Füßen hatte.

      »Bitte!« fuhr sie dazwischen »Er hat sich doch nur erschrocken!«

      Ungnädig blickte Dogan auf sie herab »Das Mistvieh hat sich in seinem ganzen Leben noch nie vor irgendetwas erschrocken!« Wieder maß er diesen winzigen Körper und wieder wollte sie vor Unbehagen am liebsten in Ohnmacht fallen. Instinktiv legte sie die Hände auf ihren Bauch und daran blieb sein Blick hängen. Denn mit dieser Geste wurde ihm bewusst, dass es eine Frage gab, die er stellen sollte.

      »Wenn du ...« erst als er anfing, wurde ihm klar, wie bitter die Frage sein würde und er hielt inne, überlegte kurz. Dann stellte er sie anders »Gibt es in deiner Welt jemanden? Familie? Eltern, Geschwister? Freunde?«

      »Nein ...,« sie war einigermaßen verwirrt »ich ... ich habe nur Adara und Zac.«

      »Niemanden sonst?«

      »Nein, ich ... warum?«

      Sie folgte seinem Blick auf ihren Bauch und dann dachte sie zu verstehen »Oh, du denkst, sie sollte ihre Großeltern kennenlernen?« Sie lachte verschämt ohne zu bemerken, wie falsch sie mit ihrer Annahme lag. »Nein, meine Mutter ist schon lange tot und meinen Vater kenne ich nicht«. Ein winziges Schulterzucken folgte »Nein, alles woran ich hänge, ist hier ...«

      Als Dogan erkannte, wie offensichtlich sie seine Frage missverstand, warf er jedes Bedürfnis sie zu schonen über Bord. »Und wenn dir etwas zustößt?«, fragte er spröde »Was ist dann mit ...« sein Kinn deutete auf ihren Bauch und wieder war da diese beschützende Geste, mit der sie ihren Bauch streichelte. Ihr trotziger Ton strafte ihren ängstlichen Blick Lügen »... dann wird sie niemanden mehr haben außer dir!«

      Nun war er der, der zusammenzuckte. Das, was sie da sagte, ging ihm durch Mark und Bein. Schon einmal war ihm eine solche Verantwortung aufgebürdet worden. Damals hatte er sie angenommen und noch heute fühlte er sich ihr verpflichtet, auch wenn es im Moment noch so schmerzhaft war. Raan hatte sogar dieselben Worte benutzt »... dann wird Farq niemanden außer dir mehr haben!«

      Mira trat auf der Stelle. Sie hatte noch nie ein so seltsames Gespräch geführt. Es war zäh und die Worte waren ihr unangenehm, doch sie hatte keine Wahl. Also versuchte sie, den riesigen Stier bei den Hörnern zu packen »Du hast mich gewählt« flüsterte sie. Ihre Worte holten ihn aus der Vergangenheit zurück. Überrascht blickte er sie an »Du hast das gehört?«

      »Ja,« nun war ihre Stimme nicht mehr als ein Piepsen. »... und ... damit hast du ... du hast ... Verantwortung ... übernommen, oder?« Beide schwiegen für einige Augenblicke. Mira war es schließlich, die das Schweigen unterbrach. Fast unhörbar flüsterte sie »Danke!«

      Wütend schloss er die Augen. Sie dankte ihm? HIMMEL! Das wurde immer irrer! Auf sein stures Schweigen hin wagte sie kaum, den Blick zu heben. Sie musste dieses Gespräch am Laufen halten. Also gab sie sich einen Ruck »Du hast unser Leben gerettet, oder nicht? Er wollte uns ...« Hilflos sah er die erste Träne über ihre Wange fließen. So ging das nicht! Er musste klare Verhältnisse schaffen, ihr irgendwie die Wahrheit sagen! Sie war doch nicht um ihretwillen gewählt worden, und schon gar nicht, um sie zu schützen!

      Einen Moment lang suchte er nach Worten. Einen weiteren Augenblick zögerte er, dann setzte er an »Hör zu, da gibt es nichts, wofür du mir danken solltest.« Mira schaute in das große Gesicht, das so kühl auf sie herabsah »Das Ganze hat nicht wirklich etwas mit dir zu tun.«, sagte er harsch »Für Farq bist du ein Mittel um von mir etwas zu erpressen, das ich ihm schon lange verweigere. Sian den Tod anzudrohen war ebenfalls nur ein Druckmittel, weil er genau wusste, dass ich fast alles tun würde, um Ben den Verlust dieser Frau zu ersparen. Du bist dabei ...«, es war ihm egal, wie sehr seine Worte Mira verletzen würden »... du bist dabei nur ein Spielstein auf seinem Schachbrett! Wenn es möglich wäre, dass ich Zac schwängere, dann würde er mich in sein Bett zwingen. Also bedanke dich nicht!«

      Die Reaktion auf seine Worte sah er sofort in ihren schimmernden Augen. Strafend hielt er den Blick auf ihr Gesicht gerichtet und endlich registrierte er, das sie sich zusammenriss. Ihre Stimme schien etwas stärker zu werden, als sie vor Wut bebend sagte »Trotzdem Danke! Ich bin lieber ein Druckmittel als tot!«

      Ah! Seine Worte hatten sie beleidigt! Das gefiel ihm besser als die Tränen. Seine Mundwinkel zuckten, als sie ihn anfuhr »Es kann nicht gut um dich bestellt sein, wenn so ein mickriger Spielstein wie ich dich dazu bringt einzuknicken!«

      »Der Punkt geht an dich!« grinste er, dann deutete er auf ihren Bauch »Wie lange noch?«

      »Bis zur Geburt?«

      Er nickte.

      »Wenn sie pünktlich kommt, noch drei Monate ...«

      »Gut! Drei Monate sind gut!«

      »Warum?«

      »Weil uns das Zeit gibt.«

      Er sah ihr an, dass sie ihn nicht verstand, und er wusste, dass sie ihn nicht verstehen wollte. Denn trotz ihrer Angst hatte sie einen Plan gefasst. Einen Plan mit Erwartungen, die sie von ihm erfüllt haben wollte. Er mahnte sich zur Ruhe. Sie verstand nicht, was um sie herum geschah. Sie sah nur sich, das Kind und ihn. In ihren Augen versprach er ihr die Sicherheit, die sie so für sich und ihr Kind ersehnte. Sie würde nur schwer verstehen können, wie falsch sie damit lag.

      Wieder rollte eine Träne aus ihren großen Augen. Er konnte nur daran denken, um wie viel besser ihr die Wut zu Gesicht gestanden hatte. Doch er atmete tief durch »Mira,« begann er dann »dir ist klar, was Farq von uns erwartet, oder?« Die Augen in dem kleinen Gesicht wandten sich schamhaft ab aber tapfer nickte das Köpfchen. Ihre blonden Locken wippten.

      »Du denkst doch nicht, dass das eine gute Idee ist, oder?« Er beobachtete sie genau. Wie mit einem Kind sprach er mit ihr und seine Sinne waren voll aufgedreht. Als sie den Kopf hob und ihn ansah, war ihre Stimme kaum hörbar »... aber wenn er es doch befohlen hat?« Entnervt schloss Dogan die Augen »Mira, sieh her!« forderte er und trat einen Schritt zurück. Sein Blick zwang sie ihn anzusehen. Langsam streckte er sich zu seiner vollen Größe. Er wuchs weiter, als er noch ein paar Mal tief einatmete. Die erste Schlange zeigte sich auf seiner Schulter. Mira schaffte es nicht, seinen dunklen Augen standzuhalten. Von oben blickte