Mandy Hauser

Eine verrückte Woche


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ziemlich lange, ehe sie sich entschlossen, Ben, der nur geschlafen und nichts mitbekommen hatte, zu verlassen und jeder zu sich nach Hause zu gehen.

      Ben erinnerte sich, dass die zwei Frauen bei ihm auf dem Bett gewesen waren. Doch er war zu fertig, als dass er sich irgendwie beteiligen hätte können. Er kratzte sich am Kopf und dachte: „Du meine Güte, muss ich breit gewesen sein. Schön, hat Tanja einen freien Tag für mich rausholen können. Das muss ich irgendwie wieder gut machen.“

      Ben wollte sich zuerst mal unter der Dusche erfrischen, als das Telefon klingelte.

      Der Plan

      „Ich habe ihn gesehen, ich weiss, wo er wohnt!“, rief Kala begeistert, als sie zur Wohnungstüre rein kam. Sie war ganz ausser Atem.

      „Wen hast du gesehen?“, fragte Leila, von einer Zeitschrift aufsehend.

      „Na, den geilen Typen, der für uns in Frage kommt.“

      „Aha“, sagte Leila lakonisch und widmete sich wieder ihrer Zeitschrift.

      „Aha, aha. Ist das alles was dir dazu einfällt? Deine Mutter organisiert uns Nachschub und du kannst nichts anderes sagen als aha!“

      „Wir müssen ihn auch zuerst haben. Vorher breche ich nicht in Begeisterungsstürme aus.“

      „Den zu kriegen wird, vor allem für dich, kein Problem sein. Ich weiss, wo er wohnt und ich bin sicher, dass er für uns in Frage kommt.“

      „Wie hast du denn das rausgefunden?“

      „Nun, das war so“, begann Kala.

      Kala verliess ihr Stammkaffee, um nach Hause zu gehen. Es waren nur ein paar Schritte bis zu ihrem Haus, welches sie mit Leila teilte. Eigentlich war es ja Leilas Haus, welches sie mit ihrer Mutter teilte, aber darauf kommt es ja gar nicht an, war Kalas Devise.

      Wie sie so gedankenverloren an der Tramhaltestelle, die in der Nähe ihres Hauses steht, vorbei schlendert, sieht sie plötzlich drei junge Menschen. Zwei Frauen und ein Mann.

      „Den Kerl kenne ich doch“, dachte sie bei sich. „Das ist doch der Kerl aus dem Tram, der so auf meinen Mantel abfuhr. Dem gehe ich nach.“

      Die zwei Frauen führten den Mann in der Mitte. Er schien ein wenig angeschlagen zu sein, denn er wurde von den zwei Frauen gestützt. Die Frauen trugen Wollsachen. Das fiel Kala sofort auf. Die eine, die mit den langen, braunen Haaren trug einen besonders schönen, schwarzen Wollmantel. So einer würde Kala auch noch gefallen. Die andere trug ein schönes Angorakleid und eine sehr schöne, schwarze Angorastrickjacke. Sie war eine Schwarze.

      „Was die wohl mit dem Kerl anstellen? Ist das etwa Konkurrenz?“ Kala beeilte sich, den dreien nachzugehen, denn das Tram fuhr soeben ein.

      Kala schaffte es gerade noch, zuhinterst in die Strassenbahn einzusteigen, währenddessen das Trio zu vorderst im Tram sass. Sie konnte von ihrer Position aus die drei beobachten. Die waren so mit sich beschäftigt, dass sie sich nicht um ihr Umfeld kümmerten. Also fiel ihnen die ältere blonde Frau mit den stechend grünen Augen nicht auf.

      Kala war so in ihre Gedanken vertieft, was sie mit dem jungen Mann alles anstellen wollte, dass sie fast die Haltestelle verpasste, als die drei ausstiegen.

      Sie folgte ihnen bis in die Nähe des Hauses. Dort wartete sie und beobachtete die Fenster. Es war ein Mehrfamilienhaus mit 8 Stockwerken. In der Mitte war der Hausflur. Bei ein paar Wohnungen leuchteten Fenster. Viele waren dunkel. Sie wartete, bis in irgendeinem Stockwerk Licht anging.

      Da, im 6. Stockwerk leuchtete ein Fenster auf und dann noch eines. Das musste es sein. Sie ging zum Haus und betrachtete die Klingelknöpfe. Zwei…vier…sechs: Ben stand da, weiter nichts. Das wird er sein.

      Sie notierte sich die Adresse und zog sich ein wenig zurück, unter einen Baum auf eine Parkbank, wo sie schön den Eingang zum Haus beobachten konnte.

      Ihre Geduld wurde auf eine lange Probe gestellt. Fast wollte sie schon gehen, als es im 6. Stockwerk wieder dunkel wurde.

      „Nun kommt’s darauf an, ob die Frauen dazu gehören, zur Wohnung, oder ob sie ihn nur nach Hause gebracht hatten. Meiner Meinung nach ist er ledig, nicht liiert.“

      Sie stand auf, und näherte sich vorsichtig dem Hauseingang von der, der Tramstation abgewendeten Seite. Sollten die Frauen rauskommen, würden sie sich sicher nach der Station wenden. Sie wollte nicht, dass sie gesehen wurde. Andererseits konnte sie ja so tun, als ob sie zum Haus gehöre.

      Sie war nur ein paar Schritte vom Hauseingang entfernt, als Isabelle und Tanja aus dem Haus kamen. Sie gingen, wie von Kala erwartet, in Richtung Tramstation. Sie schauten nicht in ihre Richtung. Die Haustüre war noch im Schliessen begriffen, als Kala mit ihrem Fuss die Tür stoppte. Sie war ein wenig nervös, als sie das Haus betrat und im Lift den Knopf für die 6. Etage drückte.

      Vor Bens Tür blieb sie stehen und lauschte an der Tür. Sie hörte nichts. „Soll ich es wagen?“, fragte sie sich. Entschlossen drückte sie leise, ganz leise die Klinke runter. Die Türe war unverschlossen. Die zwei Frauen hatten also keinen Schlüssel oder sie hatten vergessen abzuschliessen.

      Schnell betrat Kala die Wohnung und schloss die Türe zu. Im Dunkeln blieb sie stehen, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Sie kramte in ihrer Manteltasche. Irgendwo hatte sie immer ein ganz kleines LED-Lämpchen dabei. Sie nahm die ganze Hand mit dem Kram, den sie in der Tasche hatte raus und tastete nach der Lampe. Doch sie fand sie nicht. Enttäuscht schob sie den Inhalt wieder zurück. Sie bemerkte nicht, dass sie was fallen liess. Sie hatte sich nun so an die Dunkelheit gewöhnt, dass ihr das Licht, welches von der Strasse her durchs Wohnzimmer bis in den Korridor schien, reichte. Sie wandte sich auf die andere Seite und sah durch die erste, unverschlossene Türe am Ende des Korridors. Sie sah die Leuchtziffern eines Weckers. Das musste das Schlafzimmer sein. Sie sah das grosse Bett und auch die Umrisse des Mannes, der darin schlief. Vorsichtig und leise schloss sie die Schlafzimmertüre und machte Licht im Korridor. Sie schaute sich um. In einem Wandschrank im Korridor, den sie ungeniert geöffnet hatte, fand sie sehr viele Wollsachen, fein säuberlich geordnet.

      „Bingo!“, rief sie fast laut. „Ich hab’s gewusst, ein Wollfetischist. Das wird Leila auch freuen.“

      Sie überlegte, ob sie sich über den schlafenden Ben hermachen sollte, liess es aber bleiben, da sie nicht sicher war, ob die Frauen zurückkommen. Einen Schlüssel zum Schliessen fand sie auch nicht. Sie löschte das Licht im Korridor, öffnete leise die Schlafzimmertür und verliess Bens Wohnung und machte sich auf den Heimweg, um ihrer Tochter die Neuigkeiten zu erzählen.

      „Und, was denkst du?“, fragte Kala gespannt. „Willst du ihn schon zu Hause abfangen, wenn er auf dem Weg ins Geschäft ist? Morgen geht er nicht zur Arbeit. Aber übermorgen könnte er wieder gehen.“

      „Woher weißt du das?“

      „Aus einem Zettel, den eine der Tussen geschrieben hatte. „Er solle zuhause bleiben und sich erholen, stand geschrieben.“

      „Von was erholen?“

      „Was weiss ich. Vielleicht ist er ja wirklich krank. So hat er heute Abend auch ausgesehen. Total fertig. Konnte kaum laufen.“

      „Was waren das für Tussis?“

      „Ich weiss es nicht. Ich glaube nicht, dass es ‚Schwestern’ waren. Höchstens eine. Die kam mir ein wenig bekannt vor. Aber ich konnte das Gesicht nicht genau sehen.“

      „Wenn es ‚Schwestern’ waren, dann kannst du ihn morgen vergessen. Dann wird er so fertig sein, dass er frühestens übermorgen oder gar noch einen Tag später wieder fit sein wird“, ereiferte sich Leila. Sie war aufgestanden und unruhig im Wohnzimmer hin- und hergelaufen.

      „Wir müssen einen Plan entwerfen, wie wir ihn uns schnappen können, bevor die anderen sich wieder ihm widmen“, sagte Leila.

      „Und wie soll der Plan aussehen?“

      „Weißt