Michael Voss

Barbara & Betti


Скачать книгу

wieder okay?“, fragt Barbara mit einem herzerweichenden Lächeln.

      „Das war gemein, wie lange war es denn?“, frage ich.

      „So wichtig ist das doch gar nicht, vielleicht eine Stunde oder länger, ich hab nicht auf die Uhr gesehen.“

      „Pass auf, ich werde mich revanchieren.“

      Sie grinst mich an, „Passen Sie nur auf, hier gibt es noch viele unerforschte Türen.“ Inzwischen wechseln wir immer zwischen du und Sie. „Ich selbst kenne höchstens ein Viertel der Räume. Ich hatte immer Angst, alleine hier herumzustöbern. Aber jetzt sind wir ja schon zu zweit.“

      Sie nimmt ihre Tücher und schlingt sie sich um ihren Hals.

      „Wollen Sie meines immer noch tragen?“

      „Wenn es Ihnen nichts ausmacht, gerne.“ Wir kommen zum nächsten Raum, dieser ist leer. Ich will die Fenster öffnen, dies ist aber nicht möglich, sie sind alle mit einem Sicherheitsschloss versehen. Die Fensterläden aller Fenster sind geschlossen. Einen Blick nach Draußen gibt es nur in Richtung des Innenhofes.

      „Wir sollten mal darüber nachdenken, wo ich die Nacht verbringe.“

      „Aber Sie kennen doch die Schlafräume.“

      „Wenn du meinst, das ich da gerne übernachte?“

      „Keine Angst ich habe da noch ein schönes Zimmer, mit anschließendem Bad.“

      Nun kommen wir in einen bereits renovierten Teil des Gebäudes und ich fragte, ob es ihr Reich sei.

      „Nein, ich habe mein Reich gegenüber auf der anderen Seite des Gebäudes. Dieser Teil ist für Gäste bestimmt.“ Sie begleitet mich zu einem sehr ordentlich eingerichteten Zimmer mit einem neuen angrenzenden Badezimmer.

      „Ich meine, du solltest dich mal frisch machen, nach all den Strapazen.“ Ich lache und trage mein Gepäck hinauf. Sogar Warmwasser gibt es. Nach dem Duschen lege ich mich entspannt auf das Bett. Ich schalte den Fernseher ein und höre Nachrichten. Es klopft an und ich rufe „Komm ruhig herein!“

      Sie ist umwerfend, in einen Sari gewickelt, mit etlichen Tüchern verschlungen. „Toll! Ich hätte dir das nicht zugetraut.“

      „Ich habe ein wenig für den Abend vorbereitet, wenn Sie wollen, treffen wir uns im Salon, den kennen Sie ja schon. Ich will es gleich vorweg nehmen, mein eigenes Reich bleibt für alle tabu, auch für Sie. Es sind allein meine Räume und meine Welt.“

      Ich bin verwundert, warum ist sie nun wieder auf das „Sie“ umgeschwenkt?

      Im Salon übergebe ich ihr das Tuch, „Ich glaube es muss in die Wäsche.“

      „Da könnten sie Recht haben.“ Sie wirft es in die Ecke.

      „Haben sie hier eine Waschmaschine?“ Frage ich vorsichtig.

      „Natürlich gibt es so etwas.“

      „Darf ich Ihnen denn meine Wäsche bringen?“

      „Bringen schon, aber waschen tun Sie sie bitte selbst. Ich werde es Ihnen erklären, auch ein Bügeleisen habe ich für Sie. Sie können doch bügeln?“

      „Klar, zwar nicht perfekt, aber man kann die Hemden tragen. Ich werde aber mal kurz meine Wäsche holen, so kann ich sie noch heute waschen und das Tuch wasch ich gleich mit.“

      „Wie sie meinen. Darf ich ein wenig Musik auflegen, hier gibt es einen alten Plattenspieler und ein Radio aus den fünfziger Jahren.“

      „Super, wollen Sie lieber Schnulze oder Klassik? Was trinken wir denn dazu?“

      „Einen Roten, dann Schnulze, vielleicht etwas italienisches aus den Sechzigern.“

      So wühlen wir in den Singles und lassen es uns gut gehen. Es bleibt nicht aus, dass wir uns nach drei Stunden Weingenuss nun endlich duzen. „Sag mir noch, was bist du für ein Sternbild?“, fragt Barbara.

      „Stier mit Aszendent Schütze.“

      „Aha gut, dann weiß ich ja nun Bescheid.“

      „Was weißt du nun über mich, was ich nicht weiß?“

      „Ich werde ein andermal darüber sprechen, dann, wenn du mir deine Pfadfindergeschichten erzählst.“

      Ich wollte gerade vom Tisch aufstehen, als sie hinter mir steht und mir ein großes weiches Tuch umlegt. Sie verschlingt es mehrmals um meinen Hals und meinte, „es wird dir gut tun.“

      Ich wünsche eine gute Nacht. Inzwischen ist es halb zwölf, ich gehe in mein Gästezimmer und schlafe erschöpft ein.

      Ich höre ein lautes Geräusch, schrecke hoch und tastete nach dem Lichtschalter, springe auf und sehe in den Innenhof und erkenne eine Person. Wahrscheinlich ein Hausmeister, so denke ich.

      Ich betrachtete den Innenhof und entdeckte im verlegten Blaubasalt einen Stern. Im Zentrum des Innenhofes kann ich nach längerem betrachten ein Wappen erkennen. Vor jeder Türe befindet sich ein Buchstabe. Die Einlegearbeiten sind so geschickt ausgeführt, dass man sie nur bei einem bestimmten Lichteinfall sehen kann. Ich hole meine Kamera, welche einen hochempfindlichen Film hat. Ich mache Fotos von verschiedenen Seiten, in dem ich den Gang entlang gehe und aus den Fenstern fotografiere.

      „Das hatten wir nicht vereinbart“ sagt Barbaras Stimme hinter mir.

      „Bitte entschuldige“, ich erzählte von einem lauten Rattern.

      „Das ist die Wasserpumpe, sie füllt die Zisterne.“

      „Ich wollte einfach nur Luft schnappen und beim Betrachten des Hofes entdeckte ich die Einlegearbeiten.“

      Sie verstand nicht, „zeig mir was du meinst. Beim besten Willen, ich glaub du nimmst mich auf den Arm, ich kann nichts erkennen.“

      „Komm wir gehen runter ich will es aus der Nähe sehen.“

      „Wie spät haben wir es eigentlich?“

      „Ach, dass ich es nicht gleich gesehen habe, da über dem Eingang des Hauptportals ist ja eine Uhr.“

      „Die kannst du vergessen, die geht doch schon lange nicht mehr.“

      „Aber sieh mal 5.35 Uhr. Das ist Zufall, sicher ist sie damals um diese Zeit stehen geblieben, außerdem wissen wir doch gar nicht ob es wirklich so spät ist.“

      Ich gehe nun in mein Zimmer und sehe auf mein Handy, 5.36 Uhr. Es stimmt also. Wir sehen beide gleichzeitig auf die Uhr am Portal, 5.37 Uhr.

      „Sie geht, hast du hier einen Hausmeister?“

      „Wäre schön, aber kann ich mir nicht leisten.“

      „Aber er ging doch über den Hof als ich runter sah.“

      „Du spinnst ja wohl. Ich lege mich noch mal hin, dass war jetzt einfach zuviel.“

      „Warum bist du eigentlich hierhergekommen, du konntest doch nicht wissen, dass ich fotografiere?“

      „Keine Ahnung, ich ging Pipi machen und hatte das Gefühl ich müsste nach dir sehen. So sah ich dich hier fotografieren.“

      „Sei es wie es wolle, ich lege mich nun noch ein Stündchen hin.“ Kaum in meinem Zimmer angekommen und mich hingelegt, klopft es. „Bitte, komm rein.“

      „Ich habe für dich etwas, damit du besser schläfst.“ Sie kommt herein, drückt mir zwei Ohrenstöpsel in die Hand und eine Schlafbrille.

      So ausgestattet, schlief ich nochmals tief ein.

      Wir treffen uns zum Frühstück und beschließen die gegenüberliegende Seite des Gebäudes zu erkunden. Dieser Teil ist in wirklich gutem Zustand. Es scheint so, dass hier wohl bis zuletzt gearbeitet wurde. Die Wandfarbe ist noch so frisch, dass ist noch keine fünf Jahre her, als gestrichen wurde. Der Saal gleicht einem Klassenzimmer, es sind etwa 30 Tische. Ein Pult, eine Tafel. Wir fanden auch alte Landkarten von