Michael Voss

Barbara & Betti


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der Holzwand angekommen klopfe ich die Wand ab, klingt irgendwie hohl. Ich versuche die aufgesetzten Leisten zu entfernen. Eine Leiste scheint locker zu sein, nein, es ist eine Geheimtüre, drehen der Leiste, offen. Aber was ist jetzt? Ein modriger Geruch, es riecht nach alter Wäsche. Es graust mir schon ziemlich. Alte Mäntel, Umhänge, es kann alles sein. Ich muss mich überwinden, hineinzugehen. In diesem Moment, wo mein Fuß den Boden berührt, geht eine weitere Türe auf.

      Ich bin erstaunt. Eine Kapelle. Sehr gepflegt, viele Figuren sind mit weißen Tüchern abgedeckt. Eine soeben gelöschte Kerze, ich gehe sofort darauf zu, sie ist noch warm, das Wachs butterweich. Was wird hier gespielt? Mein Blick geht automatisch zur Eingangstüre, sie steht noch halb offen. Ich stürze darauf zu, aber niemand ist zu sehen. Ich betrachte mir die Kapellentüre von draußen.

      Nun steh ich im Innenhof und möchte zu gerne wissen, was das alles bedeutet. Vielleicht ist ja Barbara zurück. Ich gehe zum Salon, kann aber nirgends jemand entdecken.

      In meinen Gedanken taucht immer wieder die Person auf, die ich zu sehen glaubte, am ersten Morgen, im Innenhof. Die Person mit Kapuze. Ich will mir die Mäntel in der Kapelle nochmals ansehen.

      Als ich zur Kapellentüre komme ist diese verschlossen. Meine klare Meinung, hier geht es nicht mit rechten Dingen zu, aber ich bin nun ganz sicher, dass eine weitere Person im Gebäude leben muss. Mein Bedürfnis mich zu duschen, kann nicht länger auf sich warten. Im Badezimmer entschließe ich mich zu einem Vollbad. Ach, ist das angenehm.

      Wie spät ist es denn eigentlich schon? Ich erschrecke, sechs Uhr. Nun ist Barbara ja schon mindestens drei Stunden überfällig. Na ja, vielleicht hat sie ja ihre Freundin getroffen, dann ist eine Verspätung selbstverständlich. Ich ziehe nur noch den Bademantel über und verzichte auf großes Tamtam. Im Salon drehe ich noch eine Kurve über die kleine Küche, mal sehen, was noch zu essen und trinken da ist. Ich schnappe mir ein Bierchen und zwei Scheiben Wurst. Ich schalte den Fernseher ein. Es dauert nur wenige Minuten und ich schlafe davor ein. Irgendwann um Mitternacht, schleiche ich mich in mein Schlafzimmer. Noch einen Blick in den Hof. Ich sehe Licht in der Wohnung von Barbara. Völlig verschlafen, denke ich, sie ist aber spät gekommen.

      Wie immer wache ich gegen sechs Uhr auf. Ich döse ein wenig vor mich hin.

      Werfe einen Blick in den Hof und siehe da, die Kapellentüre steht offen. Ich ziehe mir meine Trainingssachen an, ab in den Hof. Vorsichtig gehe ich auf die Türe zu. Ich kann Kerzenlicht erkennen. Eine Person steht oder kniet, genau erkennen kann ich es nicht. Vorsichtig gehe ich hinein. Die Person erschreckt furchtbar. „O Gott, wie können sie mir das antun.“ Trotzdem bin ich überrascht, sie ist keineswegs erstaunt mich hier zu sehen. „Darf ich mich vorstellen?“

      „Ich kenne sie schon, meine Tochter hat mir von ihnen erzählt, so konnte ich sie mehrmals im Hof beobachten.“

      „Ihre Tochter hat sie mal erwähnt. Sie sind also Barbaras Mutter?“

      „Ihre Tochter ist wohl noch nicht zurückgekommen?“

      Kapitel: 6 Sie hatte einen Unfall

      „Sie hatte einen Unfall.“

      „Ist sie verletzt?“

      „Sie hat nur am Telefon gesagt, sie wird ein paar Tage im Krankenhaus sein.“

      „Sie haben hier also Telefon.“

      „Ja selbstverständlich, wir sind hier doch nicht hinter dem Mond.“

      „Darf ich mal telefonieren?“

      „Das geht leider nicht, meine Tochter hat das Betreten ihrer Räume ausdrücklich verboten.“

      „Verstehe, wie machen wir das mit dem Essen?“ „Ich werde ihnen etwas vor die Türe stellen.“ „Das ist aber sehr freundlich. Ich würde mich mit ihnen gerne mal unterhalten.“

      „Nein, das will ich aber nicht. Meine Tochter wird ihnen erzählen, was sie wissen sollten, aber mehr auch nicht.“

      „Bitte entschuldigen sie nochmals mein plötzliches Auftauchen, und dass ich sie so erschreckt habe.“

      „Bitte lassen sie mich jetzt in Ruhe beten.“ Eine seltsame Frau. Wie alt wird sie wohl sein? Nachdem ich sie nur kniend gesehen habe, kann ich auch nicht auf ihre Statur schließen. Aber sie hatte einen dieser seltsamen Mäntel an, so wie ich sie im Kapellenschrank gesehen habe. Diese Kapelle werde ich mir noch genauer ansehen, ich glaube sie birgt mehr als sie so scheinen lässt. Ich entschließe mich erstmal zu frühstücken. Mal sehen, was es überhaupt noch zu Essen gibt. Der Kühlschrank ist so gut wie leer. Oder sagen wir es positiv, er ist nicht mehr sehr voll. Kaffeemaschine an und Milch habe ich auch noch genug. Ich richte es mir gemütlich ein und lese nebenbei die inzwischen gefertigten Pläne. Nun bin ich soweit, dass ich nun die Pläne aufeinander legen kann. Ich werde meine Arbeit auf jeden Fall im Speicher fortsetzen. Ach ja, der Speicher, wie gut, dass ich mich befreien konnte. Es wäre Fatal gewesen, jetzt wo ich weiß, dass Barbara einen Unfall hatte.

      Ich stehe erneut an meiner Falltüre. Ich leuchte den Raum nun richtig aus, kann sehen, dass die Falltüre ziemlich in der Raummitte ist. Ich verschließe die Falltüre, diesmal ist mir die Technik ja bekannt. Der nächste Raum gibt mir Hoffnung, endlich mit der übrigen Welt wieder Kontakt aufnehmen zu können. Hier sind ein Funkgerät und ein Radio installiert. Die Antennen sind perfekt. Ich hole also mein Handy und mein Navigationsgerät. Endlich kann ich was von der Umgebung sehen, dieser Raum ist der erste, der eine richtige Dachgaube aufweist. Ich öffne das Fenster und ein frischer Luftzug kommt herein. Nun endlich, normale Arbeitsbedingungen.

      Ich schalte das Radio ein, ein mindestens zwanzig Jahre altes Gerät, aber es funktioniert. Bei Radiomusik lässt es sich doch gleich viel angenehmer arbeiten. Ich suche mir ein Kabel, dieses zerschneide ich, die nun freigelegten Kabel verwende ich um eine Verbindung zu meinem Handy herzustellen. So gebastelt habe ich schon lange nicht mehr. Ich hoffe nur, dass ich keinen Kurzschluss baue.

      Nach etwa zwei Stunden, der erste Funkversuch. Ich habe Empfang. Zuerst rufe ich meinen Freund in Berlin an. Ich erzähle ihm die ganze Story. Er lacht sich schief.

      „Gib mir mal deine Peilung, dann kann ich dir sagen wo du dich befindest.“ Ich gebe ihm Längen und Breitengrad. „Also ich kann dir so viel sagen, du bist sehr nahe an der polnischen Grenze. Der nächste Ort ist in Richtung Westen etwa siebenundzwanzig Kilometer entfernt. In Richtung Osten, also in Richtung Polen, hast du nur Sumpfgebiete. Bitte bleib mir erhalten und meide diese Richtung.“ „Sag mal könntest du mich besuchen kommen?“

      „Die nächsten drei Wochen völlig unmöglich, ich habe wie du weißt immer noch mein Projekt in Berlin fertig zu stellen. Wir werden am besten so verbleiben, wenn ich kurzfristig mal Zeit für ein langes Wochenende habe, sende ich dir eine SMS.“

      „Super Idee. Es wäre mir lieber, wenn wir zukünftig per SMS in Verbindung bleiben. Barbara hat keine Ahnung, dass ich Kontakt zu dir habe.“

      „Okay, bitte sei vorsichtig, wenn man dir die Augen verbindet, du weißt nie was anschließend folgt.“ Nach ausgiebigem Gelächter verabschieden wir uns. Ich hole noch mein Fernglas und genieße den Ausblick in die Ferne. Nur Wald und in der Ferne, flaches Land. Dieser Blick sollte nach meiner Peilung in Richtung Osten gehen.

      Mein nächster Blick soll zwei Kisten gelten, welche sich unter der Dachschräge befinden. Sie sind unheimlich schwer. Trotzdem will ich sie richtig öffnen können. Ich ziehe mit aller Kraft und tatsächlich kann ich sie bewegen. Es gibt kein Vorhängeschloss, der Deckel ist mit Nägeln verschlossen. Nachdem ich nun mit Werkzeug gut ausgestattet bin, dauert es nur Minuten bis der Deckel entfernt ist. Zum Vorschein kommen Maschinenteile. Die Teile sehen nach Motorteilen aus. Ich entschließe mich sie genauer zu betrachten. Hier liegt auch ein dickes Kuvert. Nach dem Herausnehmen des Inhalts, sehe ich mehrere Zeichnungen für den Bau eines Motors. Ich vergleiche die Teile mit der Zeichnung und darf die erfreuliche Feststellung machen, dass es sich um einen zerlegten Motor der Marke Horch handelt.

      Mein Forscherdrang war nicht mehr zu bremsen. Die Türe steht offen.

      Meine