Michael Voss

Barbara & Betti


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der Befehle fand wohl im Innenhof statt. Was muss hier alles passiert sein.

      Es folgen Landkarten und Papierrollen, wieder gleiches Bild. So ging ich Rolle für Rolle durch. Ganz unten in der Kiste ein Plan, so etwa einen Meter auf einen Meter fünfzig. Ich breitete ihn aus. Siehe da, verschiedene Anwesen. Sie waren feinsäuberlich verzeichnet. Sie bilden einen Kreis, verteilt über Mecklenburg-Vorpommern. So jetzt wird die Sache ja recht interessant, die Unterlagen stammen aber aus der Zeit der ehemaligen DDR, also zu Zeiten von Honecker.

      Diese Anwesen, waren wohl alle mit einem privaten Telefonanschluss vernetzt. Dies geht wenigstens aus dem Plan hervor. Ein Blick auf die Uhr, da werde ich doch noch die zweite Kiste inspizieren. Diese offenbarte das Langersehnte. Endlich Pläne von diesem Anwesen. Die wichtigsten vier Rollen schnappe ich mir unter den Arm und nahm sie mit auf mein Zimmer. Den Speicher verschließe ich gründlich. Jetzt habe ich viel Arbeit vor mir. Bin gespannt, welche Überraschung auf mich warten.

      Ich kann es kaum glauben, es muss noch einen Keller geben. Nicht unter dem ganzen Anwesen, aber trotz alledem gewaltig groß. Ein Gewölbe, wenn also die Maße nur annähernd stimmen, wie unter einer Kirche. Ich gehe mit dem Plan auf den Gang und vergleiche mit den verschiedenen Eingängen. Der größte Kellereingang befindet sich also neben Eingang „A“. Dies würde bedeuten, dass ich nur durch die Räume von Barbaras Teil Zugang bekommen könnte.

      Bei „F“ hat es wohl auch mal einen Zugang gegeben. Ich muss einen Kellereingang finden. Was wird mich dort erwarten? Ein wenig Gruseln wird es mich sicher. Vielleicht steht einiges unter Wasser. Fragen über Fragen. Ach, da bin doch ganz froh, dass Barbara noch ein wenig verhindert ist. Gerade als ich mich umdrehen will, sehe ich im Hof eine Person. Die alte Dame ist es nicht. Die Person kommt aber aus dem privaten Teil. Ich schätze eher ein „Er“, vielleicht 35 Jahre alt, könnte aber auch jünger sein.

      Er hat einen Gehfehler, vielleicht Kinderlähmung, vermute ich. Er zieht deutlich sein rechtes Bein nach. Auch seine Körperhaltung ist nicht gesund. Ich höre ein leises Rufen. Ach, ich hatte es völlig vergessen, die alte Dame bringt das Abendessen. Ich laufe ihr entgegen und bedanke mich. „Haben sie was von Barbara gehört?“

      „Ja sie wird wohl morgen kommen. Aber sie wird für sie keine große Hilfe sein. Aber vielleicht kann ihnen ja ihre Freundin Betti zur Hand gehen.“ Da hat mir doch die nette Dame wieder eine Flasche Wein eingepackt. Ein Zettel liegt ebenfalls dabei. „Gehen sie den Gang im Speicher weiter, bis sie in den Westteil kommen.“ Mein morgiges Programm, stand also fest. Speicher ohne Ende. Auch in den unteren Räumen bin ich ja noch nicht wirklich ganz herum.

      Da muss es noch einige Räume geben. Ich richtete mir einen schönen Abendtisch, köpfte die Flasche, sogar mit einer Tischdecke, diesen Luxus gönnte ich mir heute. Später werde ich mich in den Salon begeben und noch ein bisschen Fernsehen. Ich höre Schritte auf der Treppe und sehe eine Person. Er hat mich jetzt ebenfalls gesehen und hat gemerkt, dass ich ihm nichts will. Sicher wird er den Kontakt suchen, vor allem, da ja die Dame das Abendessen gebracht hat. Dies hat er sicher beobachtet.

      Diese Nacht sollte meine schlimmste Nacht werden, die ich jemals in einem alten Gehöft erlebt habe. Kurz nach dem Einschlafen hörte ich laute Schreie. Ich glaubte Stimmen von mehreren Personen zu hören. Einige wimmerten laut und unmissverständlich. Sie wurden wohl gequält. Ich musste sofort an die Liege und den Stuhl denken. Sind sie zurückgekommen oder haben sie sich vor mir versteckt? Ich weiß es nicht. Den Stimmen nach sind es Hunderte von Menschen. Ich sprang auf und rannte zum Fenster, welches zum Hof geht. Ich konnte aber keine Personen erkennen. Auf dieser Seite sind sie wohl nicht, so vermute ich wenigstens. Es gibt also noch andere Zugänge und Räume. Dann Schüsse, eine Hinrichtung? Es wird sehr leise. War der Spuk vorbei, oder kommt es noch schlimmer? Was ist passiert, war es ein Alptraum? Ich habe es niemals herausgefunden, was sich hier tatsächlich abgespielt hat. Ich starre an die Decke und beginne zu überlegen, ob ich diesen Auftrag wirklich annehmen soll.

      Macht mich dieses Anwesen noch verrückt? Sollte ich besser abreisen? Ich drehe mich nochmals um und schlafe ein.

      Am nächsten Morgen verdräng ich die Gedanken an die letzte Nacht und richte mir alles, um den Speicher zu untersuchen. Nun stand ich erneut vor einer Türe. Es war eine Eisentüre. Zwei Riegel sicherten den Zugang, so, wie sie in allen Kellern in der Kriegszeit anzutreffen waren. Sie wurde sicher vor nicht allzu langer Zeit geöffnet. Sie ließ sich ohne Knarren aufschieben. Dahinter befand sich ein komplett ausgebauter Speicher, eigentlich schon eine Wohnung. Neue Fenster, ein Badezimmer, Küche. Einfach toll, ich war sprachlos.

      Aber warum meinte die alte Dame, ich müsse mir diesen Raum genauer ansehen. Zuerst kam mir der Gedanke, diese Wohnung liegt über der Wohnung von Barbara, aber ein Blick in den Hof, verriet Anderes.

      Am Ende des Ganges kommt wieder eine Eisentüre. Hier fand ich ein Treppenhaus, das nach unten führt. Aber es gab auch eine Türe zu einem weiteren Speicher. Ich entschloss mich, den Speicher zu betreten.

      Ein sehr ordentlicher Raum mit einigen abgedeckten Gegenständen, vielleicht Möbel? Aber ich irrte. Ich hob die erste Plane hoch und fand ein großes Ölbild. Ob das echt ist? Ziemlich alter Schinken, urteilte ich respektlos. Von welchem Maler wird es sein? Eine riesige Sammlung wertvollster Gemälde. Ich vermutete Kriegsbeute. Aber warum macht mich die alte Dame darauf aufmerksam? Ich finde keine Erklärung. Es befindet sich noch ein weiterer Raum im Anschluss an diesen.

      Einige Regale stehen wie Soldaten an der Wand aufgereiht, der Inhalt ist mit Zeichnungen vollgestopft. Auch Papiere für die Fahrgestelle kann ich erkennen. Es hat wohl jemand beim Zerlegen vor dem Krieg Notizen gemacht, damit man diese Fahrzeuge später wieder zusammenbauen kann. Es sind Vermerke vorhanden über die Lagerung der Teile. Die Unterlagen nehme ich an mich, damit sie nicht in falsche Hände kommen.

      Kaum in meinem Zimmer angekommen, höre ich die große Eisentüre im Hof quietschen. Anscheinend kommt Barbara. Ich werfe einen Blick in den Innenhof, tatsächlich fährt ein Auto direkt neben die Eingangstüre von Barbaras Anwesen. Eine junge Frau steigt aus, dies muss wohl ihre Freundin Betti sein. Sie geht um das Auto herum, hilft Barbara aus dem Wagen. Oh Gott, es hat sie schlimm erwischt. Sie wird wohl noch einige Zeit brauchen, um wieder auf die Beine zu kommen.

      Kapitel: 7 Hallo ich bin Betti

      „Hallo, ich bin Betti.“

      „O Gott, jetzt haben sie mich aber erschreckt.“

      „Tut mir leid, dass kommt durch die Turnschuhe.“

      „Hi, ich bin Manfred, meine Freunde nennen mich Fredy. Sie müssen die Freundin von Barbara sein.“

      „Ja, so ist es. Ich bin mit Barbara aufgewachsen.“

      „Sind sie heute das erste Mal hergefahren?“

      „Ja, sehend schon. Sie wissen ja, oder durften sie sehen?“

      „Nein, ich habe das Spiel mitmachen dürfen. Wie geht es denn Barbara?“

      „Ach, sie ist zäh. So wie ich sie kenne, wird sie morgen versuchen die Treppen zu erklimmen. Den Wein soll ich schon mal vorbei bringen. Das Abendessen kommt später, soll ich ausrichten.“

      „Ich werde die Zeit nutzen, um zu duschen und mich ein wenig frisch zu machen, jetzt sind ja wieder Damen im Haus.“

      „Okay, bis später.“ Meint Betti, aber dann dreht sie auf dem Absatz um und kommt nochmals zurück. „Ich hab ganz vergessen dich ordnungsgemäß zu begrüßen!“

      Betti legt ihre Arme um meinen Hals und beginnt mich zu küssen. Eigentlich hätte ich erwartet, dass sie mir ein Begrüßungsbussi gibt, aber weit gefehlt. Es war ein lang anhaltender Zungenkuss. Richtig mit Leidenschaft und so. Dann verschwindet sie, ohne einen Kommentar abzugeben.

      Nach zwanzig Minuten Entspannung begebe ich mich in den Salon. Ich höre schon dass Klappern von Geschirr. „Kann ich noch helfen?“, frage ich.

      „Klar, du kannst die Gläser rüberbringen und den Wein auf den Tisch stellen, nimm bitte noch etwas Eis mit. Wasser brauche ich jetzt auch dringend, bitte eine große