Michael Voss

Barbara & Betti


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wann ist denn der Junge zur Welt gekommen“?

      „Es ist nicht unser Sohn, wir haben ihn gefunden, auf einem Transport war er zwischen den Männern. Ich bat, ob ich ihm was zu essen geben dürfte. Der Transportführer meinte, nimm ihn, aber rede nicht darüber.

      So kam Wilhelm im Alter von etwa zehn Jahren zu uns. Er ist noch heute verstört, hat ein Trauma.“

      „Wie alt ist er denn heute“?

      „Er ist inzwischen zweiunddreißig. Fast so alt wie Barbara.“

      „Wie kam denn eigentlich Betti zu euch?“

      „Betti stand eines Tages vor der Türe, etwa drei Jahre alt, genaues wissen wir bis heute nicht. Selbst der Suchdienst konnte keine Mutter oder Eltern ausfindig machen. Sie hatte Papiere bei sich, in denen stand, „Ich heiße Bettina Papenbruck.“

      „Seitdem haben wir uns um sie gekümmert.“

      „Aber von was habt ihr denn gelebt?“, frage ich.

      „Ach, die Rente von Onkel Werner war sehr gut.“ Ich musste lachen, so viel Schlitzohrigkeit hätte ich ihr nicht zu getraut.

      „Sie dürfen sicher sein, über meine Lippen wird nichts nach Draußen dringen.“

      „Er wird sterben, ich weiß es.“

      „Sie sind aber noch sehr rüstig, und ich finde, sie sollten öfter mal unter Menschen. Sie müssen mir bei Gelegenheit ein wenig mehr erzählen. Ich finde sie sehr sympathisch, wir sollten alle mal zusammen Abendessen. Aber jetzt wollen wir erstmal sehen, was aus ihrem Mann wird.“

      Das Telefon läutet. „Das sind die Kinder, tatsächlich, und was gibt es Neues?“

      Barbara berichtet, „Die Ärzte haben ihn an den Tropf gehängt, aber es sieht nicht gut aus. Wir kommen jetzt wieder zurück.“

      „Es wird noch dauern, darf ich sie nun alleine lassen?“ frage ich vorsichtig.

      „Machen Sie, ich habe nur eine Bitte, retten Sie dieses Anwesen. Ich habe so auf Sie gesetzt.“

      „Ich werde mein Möglichstes tun. In den nächsten Tagen wissen wir mehr. Also Gute Nacht.“ Es fallen mir die Gespräche mit Barbara ein, so genau weiß sie anscheinend über ihre eigene Familie nicht Bescheid, man hat ihr wohl vieles bis heute verschwiegen.

      Es war so um neun Uhr, als ich sie beide kommen hörte. Ich sah mir im Fernsehen gerade einen Krimi an, als die Türe aufging und Betti herein kam. „Du hattest wohl noch nicht genug von Mord und Todschlag?“, meint sie süffisant.

      „Wieso, was meinst du?“

      „Na, alles was du heute so gesehen hast.“

      „Na ja, es hing ja nirgends eine Leiche. Ich habe vorhin lange mit Barbaras Mutter gesprochen, sie hat mir einiges erzählt.“

      „Alles?“

      „Ich glaube schon.“

      „Na, dann weißt du ja nun Bescheid. Ich finde es gut, wenn du alles weißt, schließlich gehörst du ja nun fast zur Familie.“

      Dann kam auch schon Barbara herein. Betti meint, „er weiß über alles Bescheid.“ „Ich wollte eigentlich vorschlagen, dass wir mal alle zusammen, ich meine auch mit deiner Mutter, Abendessen“, meint Barbara.

      „Wir werden das in den nächsten Tagen arrangieren.“ Barbara kommt auf mich zu, „Ich habe ja völlig vergessen, dir ein Tuch um deinen empfindlichen Hals zu wickeln, damit du besser schlafen kannst.“ Barbara beginnt damit, eines ihrer großen langen Tücher aus einem Regal zu nehmen. Sie kommt auf mich zu und führt es vor. „Ich glaube, das ist für dich das richtige.“

      „Was wird das denn? keift Betti sofort“

      „Betti, du kannst natürlich auch eines von mir haben, damit du nicht eifersüchtig wirst.“

      „Nein lass nur, nun weiß ich ja Bescheid. Hätte nicht gedacht, dass Manfred auf Tücher steht.“

      Am nächsten Morgen, komme ich kaum aus dem Bett. Erst gegen neun, als Betti an der Türe steht und meinte, „willst du denn heute liegen bleiben?“, entschloss ich mich aufzustehen. Die beiden waren mit dem Frühstück schon fast fertig, als ich in den Salon kam. „Ach, sieh mal“, lästert Betti, „Er trägt dein Tuch immer noch.“

      „Was steht heute auf dem Programm?“

      „Wir wollten uns doch den alten Karren ansehen, ob wir ihn in Gang bringen“

      Antwortet Barbara.

      „Ja, irgendeine Lösung musst du haben, denn ein Auto brauchst du.“

      Wir gehen gemeinsam zur Rampe und schieben die Türe auf.

      Betti fährt mit ihrem Wagen in die Garage. Bei Tageslicht sieht der alte Wagen noch viel eindrucksvoller aus. Wir holen einen Besen und den Wasserschlauch. Wir sind richtig begeistert, es kommt ein kleiner Traum zum Vorschein. Wir klemmen das Batteriekabel um und versuchten zu starten. Wie zu erwarten, macht er keinen Mucks. Er muss in eine Werkstatt und das wird sicher nicht billig. Vielleicht mach ich den Vorschlag, ihn erneut einzumotten.

      „Wir werden in den nächsten Tagen einen Entschluss fassen, was meint ihr?“

      „Da bin ich ganz deiner Meinung. Vielleicht ist es billiger, momentan einen Leihwagen zu nehmen?“

      „Glaub ich auch.“

      „Wo ist denn Betti abgeblieben?“

      „Keine Ahnung, du kannst sie ja suchen gehen, vielleicht erwartet sie ja, dass du nach ihr siehst.“

      „Sie ist vorhin in diese Richtung gegangen.“ Wir gehen zu den Zellen. Alle Türen stehen offen. Wir sehen Zimmer für Zimmer durch, keine Betti. Da hinten sind die Waschräume, „vielleicht nimmt sie ja gerade ein Vollbad?“

      Tatsächlich steht sie hier, mit beiden Händen an eine Wasserleitung gefesselt. Mit Handschellen, linke Hand an ein Rohr, rechte Hand ebenfalls. Die Augen verbunden und einen Knebel im Mund.

      „Was soll das denn?“ frage ich sie, aber was soll sie antworten, sie kann ja gar nicht reden.

      „Viel Spaß“ meint Barbara zu Betti! Wir sehen dann später nochmal nach dir.“

      „Na gut, ich werde inzwischen mal in den Salon gehen, so treffen wir uns einfach später bei Betti, um sie zu erlösen.“ Am späteren Nachmittag, treffe ich wieder auf Barbara, „Hast du mal nach Betti gesehen?“

      „Wieso, ich dachte du hast.“

      „Nein, ich wollte mich da nicht einmischen, es ist ja wenn ich es richtig sehe, eure Sache.“ Wir gehen beide gemeinsam zu Betti in den Waschraum.

      „So, nun schnauf mal durch.“ Meint Barbara zu Betti und nimmt ihr den Knebel aus dem Mund. Was zur Folge hat, dass sie in den Raum brüllt.

      „Ihr seid ja so was von gemein, lasst mich hier hängen, seit Stunden, kommt niemand vorbei!“ Sie schimpft wie eine Furie.

      „Hast du nun endlich genug?“, wird sie von Barbara gefragt.

      „Wartet nur ab, meine Zeit kommt bestimmt und dann wird es euch schlecht ergehen.“

      „Aber für heute sollte erstmal Schluss sein. Ich für meinen Fall, gehe zu Bett.“

      Am nächsten Morgen treffen wir uns alle im Salon.

      „Was steht denn heute auf dem Programm“?

      „Wann fährt denn jemand mal zur Post, es könnte sein, dass für mich einiges aus München eingetroffen ist?“

      „Wir könnten das am Nachmittag machen“ schlägt Barbara vor.

      „Wir werden sehen, morgen reicht auch.“

      Wir begeben uns in den etwas runtergekommenen Westteil. Betti hatte dann einen guten Einfall für