Michael Voss

Barbara & Betti


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ist teilweise noch vorhanden. Riesige Spiegel an den Wänden.

      „Hier haben also die Großkopferten gewohnt.“ Es waren verschiedene Wohnungen, eine an der anderen. Die letzte aus dieser Reihe war schon eine richtige Südwohnung. Die Sonne hat sie trocken gehalten, daher roch sie auch nicht so modrig wie die anderen. Die Wohnung ist auch komplett ausgestattet. Wir reißen die Fenster auf und öffnen die Läden. Sogar die Betten sind noch drin. Betti gibt mir einen kräftigen Schubs und ich lande direkt in einem Federbett.

      „Puh, ist das aber widerlich.“

      „Hier werde ich dich mal eine Nacht zurücklassen“ verspricht Betti.

      „Wahrscheinlich bin ich dann am nächsten Tag erstickt.“

      „Das könnte schon sein.“

      „Aber bei offenem Fenster, da werden dann die Fledermäuse kommen, vielleicht auch Vampire!“

      „Das ist doch das Höchste.“ Barbara meint zu Betti, „du kannst ja gerne umziehen.“ „So schlecht ist das hier gar nicht. Ist doch eine große Wohnung. Sogar eine Küche ist vorhanden. Ein Badezimmer ist auch da. Seht euch mal die tollen Fliesen an. Die Waschbecken kommen gerade wieder in Mode.“ „Sehen wir mal was darunter ist. Hier geht eine Treppe hinab, völlig separat. Vielleicht eine Einleger-Wohnung?“

      Im Untergeschoß finden wir einen Eingangsbereich. „Super, jetzt brauchen wir noch nach dem Speicher sehen, ob das Dach dicht ist. Dann steht ein Umzug für Betti an.“ Betti protestiert gleich, „ich will doch nicht alleine hier wohnen.“

      „Hast du etwa Angst vor Geistern?“

      „Na klar. Ich habe schon letzte Nacht Todesängste ausgestanden.“

      „Hast du dir in die Hose gepinkelt?“ will Barbara wissen.

      „Jetzt werde bloß nicht frech“, meint Betti.

      „Los jetzt in den Speicher.“ Wir steigen in den Speicher, er ist nicht verschlossen. Gleich im Eingangsbereich gibt es hier zwei große Dachgauben. Die Räume sind sehr schön ausgebaut. Wir öffnen die Fenster, um frische Luft hereinzulassen. Hier finden wir eine Bibliothek. Sogar mit vielen Büchern darin. „Also… es kann nicht so lange her sein, dass hier jemand gewohnt hat.“ Ein Mädchenzimmer, in den Schränken sind noch ihre Kleider.

      „Schau mal, dass könnte dir passen.“ Barbara hält sich eines vor die Brust. Unterwäsche, die stammt ja wohl noch aus Omas Zeiten. „Ein Mieder, dass kannst du ja mal probieren.“ Die beiden albern herum, wie kleine Kinder.

      „Zieh doch mal an.“ Blusen und Röcke aus der Jahrhundertwende.

      „Toll, hier die Schals und Tücher. Komm wir binden Manfred ein Tuch um, vielleicht mag er es ja so gerne wie die deinen.“

      Ich ließ es geschehen. Betti wickelte und wickelte, sie hatte ihre wahre Freude.

      „So nun noch eines, dann ist das so wie früher.“ Sie zog es sehr streng zu. Wenn es nicht so modrig wäre - die Mode war gar nicht so schlecht, angenehm warm.

      „Wir werden sie waschen. Dann darfst du sie tragen.“ Sie bindet mir noch eines vor die Augen und lacht. „So bleibst du jetzt.“ Sie nehmen mich am Arm und gehen mit mir in das nächste Zimmer. Ich tastete mich ein bisschen herum, zum Gelächter der beiden. Ich kam in ein anderes Zimmer, verschloss die Türe und befreie mich von den vielen Tüchern. „Na Gott sei Dank.“

      Da gibt es noch eine weitere Türe. Wir öffnen sie, hier geht es wohl in eine Art Wäschespeicher. Da hängen noch Bettlaken, Vorhänge, Tischdecken.

      „Guck mal Betti, da sind noch Stoffwindeln, die müssen ein Baby gehabt haben.“

      „Die kann ich ja dann für dich verwenden.“, meint Betti lachend.

      „Diese Wohnung könnte man sicher mit wenigen Mitteln renovieren.“

      „Das Bettzeug muss noch gebügelt werden“, merke ich an.

      „Das wäre doch eine Wohnung für Manfred“, meint Betti.

      „Ich will doch nicht ewig bleiben!“

      „Wir werden dich zu überzeugen wissen, dass kannst du uns glauben.“

      Wir steigen die Treppen hinunter, „Wir hätten einen Koffer mitnehmen sollen.“

      Ich gehe noch mal nach oben, um den Lederkoffer zu holen. Er ist ziemlich schwer, aber ich schaffe es. Als wir im Hof stehen, sehe ich Barbara mit einem großen Stoffpaket. „Was ist das denn, willst du etwa heute noch Waschen?“

      „Na die Tücher und Schals, die werde ich dir waschen.“

      „Aber die Windeln, hast du hoffentlich dort gelassen.“

      „Mal sehen.“

      Am Abend treffen wir uns wieder im Salon, um den Koffer zu inspizieren. Er ist abgeschlossen und das Schloss ist ziemlich stabil. „Wir brauchen einen Schraubenzieher, dann werden wir es schaffen“. Gegen die rohe Gewalt hatten die Schlösser keine Chance. Die Schnappriegel sprangen auf und wir staunten nicht schlecht über den Inhalt. Der Koffer war voll von Fotos. Die Qualität war teilweise sehr schlecht. Alle Bilder hatten etwas mit Militär zu tun. Gruppenfotos, aber auch Panzer und Granatwerfer. „Am besten wir bringen den Koffer zum Roten Kreuz. Vielleicht gibt es Hinweise auf Vermisste.“ Wir leeren den Koffer vollständig aus, ganz unten finden wir dann doch noch etwas Interessantes. Jede Menge Fotos vom Anwesen. „Sieh mal, hier ist das große Garagentor. Und im Hintergrund kann man die Lastwagen sehen, die stehen heute noch dort.“

      Auf einem Bild erkannten wir Barbaras Mutter in der Küche. Auf weiteren haben wir sogar Barbara im Kinderwagen entdeckt. „Schau Mal, da ist ja unsere alte Schule und Betti ist auch auf dem Bild.“

      „Kommt lasst uns ein Glas Wein trinken.“ Ich hole Gläser und ein wenig zum Knabbern haben wir auch noch. „Wie war das denn früher bei euch mit der Schule? Ich habe mal gehört, dass es Schulen gab, da waren mehrere Klassen in einem Raum.“

      „Ja, so war das bei uns auch, zumindest die ersten vier Klassen. Wir sind ja schon sehr früh von hier weggekommen, wir, da meine ich Betti und ich. Es war für uns etwas Besonderes, dass wir zur Tante durften, in die Großstadt nach Stralsund.“

      In Stralsund gab es ein Schwimmbad, und natürlich jede Menge Jungs. Wir gingen ins Kino, tanzen und konnten auch mal ans Meer zum Segeln.

      Ich höre sehr gespannt zu.

      „Ihr hattet ja riesiges Glück, dass ihr beide bei der Stadtverwaltung untergekommen seid, oder seht ihr das anders?“

      „Wir haben ja auch hart dafür studiert. Wir waren die einzigen, die sich mit den alten Schlössern und Burgen auskannten. Jetzt sind wir inzwischen verbeamtet. Wir bekommen also später mal eine gute Pension.“

      Kapitel: 9 Erzähl mal

      „Erzähl mal, wie war das bei dir?“, will Betti wissen.

      „Ich bin in München geboren. Hatte eine ziemlich Chaotische Kindheit, als Jugendlicher bin ich im Winter zum Skifahren. Im Sommer war ich im Segelclub. „Ich werde dann noch mal eine Flasche Wein öffnen. Soll ich noch ein paar belegte Brote dazu machen?“

      „Was ist denn noch im Kühlschrank?“

      „Salami, Streichwurst, dass war es.“

      „Na dann machen wir doch eine richtige Brotzeit.“

      Barbara tritt an meine Seite. „Ich werde dir helfen. Ich schneide das Brot und streich es mit Butter, du verteilst die Salami“. Betti lacht, „wenn man euch so zuhört, dann könnte man glauben, ihr seid seit zehn Jahren verheiratet.“

      Betti kommt mit einer Flasche Wein zurück, „ich hoffe es ist ein Trockener.“

      Wir saßen recht lustig in der Runde, als im Hausgang etwas mächtig klapperte und schepperte. Wir springen