Emma Gold

Die Untreue der Frauen


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unerklärlichen Grund war ich plötzlich eiskalt.

      Als dann für ihn alles vorüber war und ich auf sein nunmehr völlig entspanntes Gesicht hinunterblickte und sein befriedigtes Aufatmen hörte, schoss mir blitzartig ein beängstigender Gedanke durch den Kopf.

      Es war ein Gedanke, den ich auf der Stelle wieder verdrängen wollte, aber nicht konnte.

      Während ich jetzt von ihm herabrollte und mich neben ihm im Bett ausstreckte, während mein Körper sich unsagbar nach Erfüllung und Befriedigung sehnte, wusste ich, dass der Tag nicht mehr fern war, an dem ich meinen Körper einem anderen Mann anbieten würde!

      Elvira Bergström lächelte und ergriff das Glas Mineralwasser, das auf meinem Schreibtisch für sie bereitstand. Sie nahm einen großen Schluck und blickte mich durchdringend an.

      „In diesem Moment beschlossen Sie, fremdzugehen?“, erkundigte ich mich.

      „Ja, Doktor Gold.“

      „Haben Sie den Plan in die Tat umgesetzt?“

      „Ja.“

      „Es wurde auch zu einem wichtigen Bestandteil Ihrer Geschichte, nehme ich an.“

      „Sie haben recht, Doktor Gold. Haben wir noch Zeit?“

      „Es ist noch keine halbe Stunde vergangen.“

      „Dann erzähle ich Ihnen von meinem ersten ehelichen Seitensprung.“

      „Nur zu …“

      Und Elvira Bergström erzählte weiter:

      Es dauerte eine ganze Weile, bis ich den Mut dazu aufbrachte, aber mir blieb ja gar keine andere Wahl. Mein Körper verlangte ganz einfach und unwiderstehlich danach. Ich brauchte einen anderen Mann, der es schaffen sollte, das Feuer in mir zu löschen.

      Wenn eine Frau sich, aus welchem Grund auch immer, vornimmt, mit einem anderen Mann zu schlafen, so ist das leichter gesagt als getan. Natürlich bereitet es keine Schwierigkeit, einen Mann fürs Bett zu finden.

      Das weiß jede Frau. Es ist kein Kunststück, sich von einem Mann vernaschen zu lassen. Männer für solche Zwecke findet man massenhaft im Internet.

      Obwohl mein Entschluss feststand, musste ich mich noch zur Verwirklichung durchringen. Ein Ehebruch lässt sich nun mal nicht so ohne weiteres durchführen. Es wäre viel leichter gewesen, wenn ich Philipp nicht geliebt und es nur auf einen kleinen Seitensprung abgesehen gehabt hätte. Oder wenn Philipp mich nicht geliebt hätte und mir gegenüber nicht stets so gütig und rücksichtsvoll gewesen wäre. Aber wir liebten uns nun mal, und daran war nicht zu rütteln.

      Es gab nur eine Sache zwischen uns, die nicht ganz funktionierte. Philipp war ein fabelhafter Liebhaber, kaum zu überbieten. Wenn also trotzdem etwas nicht ganz stimmte, konnte es nur an mir liegen. Und wie soll man etwas kurieren, von dem man selbst nicht genau weiß, was es ist?

      In seinem fieberhaften Hunger nach Befriedigung sucht man nach irgendeinem Ventil, bei mir handelte es sich um einen anderen Sexualpartner. Doch das macht die Sache keineswegs einfacher.

      Nachdem ich den Entschluss gefasst hatte, wanderte ich während der ersten Wochen durch die Münchner Innenstadt. Ich wollte mich bei keinem Internet Seitensprung Portal anmelden, sondern dem Menschen direkt in die Augen sehen. Wenn ich keine Verbindung über die Augen, den Geruch oder die Ausstrahlung aufbauen konnte, würde ich auch keinen Sex mit dem Mann haben wollen. Okay, ich gebe es zu, wir Frauen sind beim Fremdgehen anspruchsvoll.

      Während ich durch Schwabing schlenderte, betrachtete ich fast jeden Mann, der mir begegnete, und fragte mich insgeheim, wie er wohl im Bett sein mochte. Junge Männer, alte, dicke, dünne, stattliche und hässliche. Es genügte mir vollkommen, dass sie Hosen trugen.

      Ich weiß selbst nicht, wie ich zu dieser Unverschämtheit kam, aber nach einer Weile blickte ich überhaupt nicht mehr in ihre Gesichter oder auf ihre Gestalt, sondern nur noch auf die Konturen, die sich hinter der Hose abzeichneten.

      Eine innere Stimme sagte mir, dass ich einen Mann mit einem großen Penis brauchte, größer als der von Philipp, der diesbezüglich mit seinen fünfzehn Zentimetern nur durchschnittlich bestückt war. Ich bildete mir ein, dass mir nur ein großer Phallus mit mindestens zwanzig Zentimeter die erhoffte sexuelle Befriedigung bringen könnte. Bald kam ich mir wie eine Expertin vor, die einen Mann lediglich nach der Wölbung seiner Hose beurteilte. Denn auf den Penis hatte ich es nun mal in erster Linie abgesehen.

      Schließlich kam mir der Gedanken, in den Englischen Garten an die Isar zu gehen. Es war zwar erst Mai, aber in der hippen bayrischen Landeshauptstadt gab es bereits genug Sonnenanbeter, die gerne die Hüllen fallen ließen. Schon bald hielt ich mich die ganze Zeit am Isarufer auf und tat, als wollte ich die Sonnenstrahlen genießen. In Wirklichkeit zog ich jedoch in Gedanken jedem einzelnen Mann die Badehose aus.

      Ich fragte mich, wie ich es wohl anstellen sollte, mit einem dieser Männer im Bett zu landen. Je länger ich die halbnackten Körper betrachtete, desto schlimmer wurde es. Bald wusste ich nicht mehr, was nun Wirklichkeit war und was nur in meiner Einbildung existierte.

      Ich lag auf meiner Decke, stützte das Kinn in die Hände, schmiegte den Bauch auf den Rasen des Englischen Gartens und betrachtete durch meine dunkle Sonnenbrille der Reihe nach alle Männer, bis ich einen entdeckte, der meinen hohen Ansprüchen zu genügen schien.

      Dann ließ ich ihn nicht mehr aus den Augen. Ich studierte ihn in allen Einzelheiten. Insgeheim hoffte ich auf irgendeine Bewegung von ihm, die es mir gestatten würde, einen Blick auf die Wölbung seiner Shorts zu werfen. Ich wollte unbedingt sehen, wie er da unten gebaut war.

      Ich wusste natürlich, dass ich mir da eine scheußliche Sache hatte einfallen lassen, aber es war immer noch besser, als daheim auf dem Bett zu liegen und zu masturbieren.

      Dieser Aufenthalt im Englischen Garten brachte mich in Erregung. Meine Brustwarzen wurden hart und drückten so gegen das Oberteil meines Bikinis, dass es schmerzte. Meine Lenden begannen zu vibrieren. Es machte alles nur noch schlimmer, dass der Mann, den ich gerade im Auge hatte, überhaupt nichts davon wusste.

      Zumindest glaubte ich, dass er nichts davon merkte. Eines Tages merkte ich jedoch, dass meine Annahme falsch war. Ich hatte ihn schon wiederholt beobachtet. Ein großer, blonder Bursche mit muskulösen Armen und Beinen, und mit Konturen in der Badehose, bei deren Anblick ich unwillkürlich den Atem anhielt.

      Er erschien jedoch gewöhnlich in Begleitung eines zierlichen, dunkelhaarigen Mädchens, und ich beneidete sie um diesen Freund. Gleichzeitig wollte ich meine Hoffnungen begraben.

      Umso überraschter war ich, als er sich an einem wolkenverhangenen Tag neben mich ins Gras setzte.

      „Hallo, Schönheit“, meinte er. „Haben wir uns hier nicht schon gesehen?“

      Ich war so verdattert, dass ich nur mit einem kurzen „Ja“ auf seine Frage eingehen konnte. Das hielt ihn aber nicht davon ab, munter von diesem und jenem zu plaudern.

      Ich wollte mich eigentlich nach seiner dunkelhaarigen Freundin erkundigen, fürchtete aber, dass ich ihn dadurch vertreiben könnte und ließ es lieber bleiben. Ich beschränkte mich auf die Rolle der aufmerksamen Zuhörerin. Meine Blicke wurden wie magnetisch von seinem Unterleib angezogen. Vermutlich hatte er keine Erektion, aber was sich meinen Blick darbot, war bereits eine ganze Menge.

      Das alles hätte zu gar nichts geführt, wenn in diesem Augenblick nicht die ersten Regentropfen gefallen wären. Nach wenigen Minuten tropfte das Wasser nur so an uns herunter. Hastig rafften wir unsere Sachen zusammen und eilten auf meinen Wagen zu, der in der Lerchenfeldstraße parkte. Plötzlich hielt er mich am Arm fest, und zog mich eine ruhige Seitenstraße. Er erklärte mir, dass er hier eine kleine Wohnung besaß und lud mich ein, mit zu ihm zu kommen und mich gründlich abzutrocknen.

      Ein Blick in seine Augen genügte, mir zu zeigen, dass er weitaus mehr im Sinn hatte, als mir ein Handtuch und eine Tasse Kaffee anzubieten.

      Dieser Ausdruck in seinen Augen bewog mich, ihm die Treppe hinauf zu folgen.

      Ich