Martin R. Schulz

Compliance Management im Unternehmen


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ordnungsgemäß ausgewählt wird, ordnungsgemäß eingewiesen wird, er die zur Erfüllung der delegierten Tätigkeit notwendigen Kompetenzen und Mittel erhält und seine Tätigkeit im Rahmen der bei der Geschäftsleitung verbleibenden Generalverantwortlichkeit überwacht wird. Zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Wahrnehmung der (Rest-)Überwachungspflicht ist insbesondere ein angemessenes Berichtswesen erforderlich, das gewährleistet, dass sämtliche Vorgänge, die eine gewisse Wesentlichkeitsschwelle überschreiten, der Geschäftsleitung vorgelegt werden. Nur dann kann die Geschäftsleitung entsprechend der sog. „Business Judgement Rule“ des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG auf Basis angemessener Informationen entscheiden.185 Ist die Delegation ordnungsgemäß erfolgt, verbleibt bei der Geschäftsleitung ein strafrechtliches Risiko sowie das Risiko einer Aufsichtspflichtverletzung gemäß § 130 OWiG nur dann, wenn ein Fall des Auswahlverschuldens, der unzureichenden Einweisung bzw. der unzureichenden Bereitstellung von Kompetenzen und Ressourcen oder ein Überwachungsverschulden vorliegt. Die ordnungsgemäße Delegation, die Festlegung und Abgrenzung von Verantwortungsbereichen sowie die Kompetenzzuweisung und die Überwachung, etwa auch durchlaufende Kontrollen oder sog. „Compliance-Audits“ sowie durch den Erlass von Organisations- und Dienstanweisungen sind Ausfluss der die Unternehmensleitung treffenden (Organisations-)Pflicht zur Einführung eines ordnungsgemäßen Compliance-Management-Systems.

       d) Verantwortlichkeit des Compliance Officers

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       e) Aufsichtsrat

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      Der Aufsichtsrat hat sowohl personell als auch organisatorisch für einen leistungsfähigen Vorstand zu sorgen und gem. § 111 Abs. 1 AktG dessen Geschäftsführung zu überwachen. Neben dieser Überwachungsfunktion obliegen dem Aufsichtsrat aber in bestimmtem Umfang auch echte Geschäftsleitungspflichten. Dies ist etwa die Vertretung der Gesellschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern bei allen Rechtsgeschäften sowie Rechtsstreitigkeiten jeder Art (§§ 112, 87 Abs. 1, 89 Abs. 1 AktG) bspw. in Fragen der in der jüngeren Vergangenheit umstrittenen Themen der Festsetzung der Vorstandsvergütung bzw. der Prämiengewährung (§ 87 AktG) sowie die Entscheidung über die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber Vorstandsmitgliedern. Darüber hinaus trifft den Aufsichtsrat die Pflicht zur Prüfung insbesondere von Jahresabschluss, Lagebericht, Konzernabschluss und Konzernlagebericht (§ 171 AktG) sowie die Pflicht zur Mitwirkung an der Feststellung des Jahresabschlusses (§ 172 AktG). Insoweit treffen Vorstand und Aufsichtsrat für die Aufstellung und Feststellung des Jahresabschlusses gemeinsame Pflichten mit dem Ergebnis, dass insoweit auch eine beiderseitige strafrechtliche Verantwortlichkeit etwa hinsichtlich des Tatbestandes der unrichtigen Darstellung gem. § 331 HGB bzw. § 400 AktG in Betracht kommt. Adressat der Strafvorschriften der §§ 331 HGB, 400 AktG, der unrichtigen Darstellung der Verhältnisse der Kapitalgesellschaft, sind ausdrücklich die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs sowie des Aufsichtsrats einer Kapitalgesellschaft.

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      Aufgrund der den Aufsichtsrat kraft seiner Organstellung treffenden allgemeinen Verhaltenspflichten, namentlich Loyalitäts-, Verschwiegenheits- und Wahrheitspflichten, bestehen auch hier originäre strafrechtliche Verantwortlichkeiten wie etwa im Falle der Verletzung der Geheimhaltungspflicht gem. § 404 AktG.

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