zur Kreditaufnahme – auch wegen Verfassungswidrigkeit – fehlt bzw. der Höhe nach überschritten ist[603].
260
Die technische Abwicklung von Kreditaufnahme und sich anschließender Schuldenverwaltung obliegt der Bundesschuldenverwaltung. Im Gegensatz zu der institutionellen Verfassungsgarantie der Finanzkontrolle auf Bundesebene durch den Bundesrechnungshof[604] kennt das Grundgesetz keine verfassungsrechtlich gewährleistete Form der Bundesschuldenverwaltung. Außer Frage steht allerdings, dass die Schuldenverwaltung des Bundes in die Ministerialverwaltung einzugliedern und der parlamentarischen Regierungskontrolle zu unterwerfen ist. Hierfür spricht nicht nur das Fehlen verfassungsrechtlicher Regelungen, die in eine andere Richtung weisen würden, sondern auch die Ausgestaltung der Schuldenverwaltung durch einfaches Parlamentsgesetz und die parlamentarische Erteilung der Kreditaufnahmeermächtigung[605]. Vor diesem Hintergrund war bis Ende 2001 die Bundesschuldenverwaltung[606] für die Verwaltung der Bundesschuld zuständig. Ihre Aufgabe wurde sodann von der Bundeswertpapierverwaltung[607] übernommen, die ihrerseits im Jahr 2006 in die bereits seit 2000 bestehende Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur GmbH (Deutsche Finanzagentur) mit Sitz in Frankfurt am Main eingegliedert wurde[608], dies mit dem Ziel, das Schuldenwesen des Bundes wirtschaftlicher zu gestalten. Seither ist die Deutsche Finanzagentur für die Bundesschuldenverwaltung zuständig, deren alleinige Gesellschafterin die Bundesrepublik Deutschland ist, vertreten durch das Bundesministerium der Finanzen.
261
Die einzelnen Aufgaben der Deutschen Finanzagentur im Bereich der Kreditaufnahme und des Schuldenmanagements bestimmen sich nach § 1 des Gesetzes zur Regelung des Schuldenwesens des Bundes (Bundesschuldenwesengesetz) von 2006[609] in Verbindung mit einer konkretisierenden Rechtsverordnung[610] des Bundesministeriums der Finanzen. Die Deutsche Finanzagentur ist danach zuständig für die Aufnahme von Krediten für den Bund und seine Sondervermögen sowie für Maßnahmen zur Portfoliosteuerung und zur Marktpflege, für die Verwaltung der Schulden und Finanzierungsinstrumente des Bundes und seiner Sondervermögen sowie der von der Deutschen Ausgleichsbank begebenen Schuldverschreibungen, für die Führung des Bundesschuldbuchs und für den Abschluss von Geschäften zur Steuerung der Liquidität, einschließlich Geschäften zur Geldanlage. Die Deutsche Finanzagentur ist dabei nicht nur für das Großkundengeschäft verantwortlich, sondern bietet seit der Eingliederung der Bundeswertpapierverwaltung im Jahr 2006 auch Privatanlegern den Erwerb von Bundeswertpapieren und die Depotverwaltung an[611]. Nach § 1 Abs. 3 des Bundesschuldenwesengesetzes nimmt die Deutsche Finanzagentur die ihr übertragenen Aufgaben als Teil der öffentlichen Schuldenverwaltung des Bundes wahr. Durch die von ihr getätigten Rechtsgeschäfte werden ausschließlich der Bund oder seine Sondervermögen berechtigt und verpflichtet (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Bundesschuldenwesengesetz).
262
Nach § 2 Abs. 1 Bundesschuldenwesengesetz übt das Bundesfinanzministerium die Aufsicht über die recht- und zweckmäßige Wahrnehmung der der Deutschen Finanzagentur übertragenen Aufgaben des Schuldenwesens aus (Rechts- und Fachaufsicht)[612]. § 3 Bundesschuldenwesengesetz sieht darüber hinaus eine besondere parlamentarische Kontrolle der Bundesschuldenverwaltung der Deutschen Finanzagentur vor. Das danach einzusetzende Gremium, das aus Mitgliedern des Haushaltsausschusses des Bundestages besteht und in dem das Bundesfinanzministerium und der Bundesrechnungshof ständig vertreten sind, wird vom Bundesfinanzministerium über alle Fragen des Schuldenwesens des Bundes unterrichtet (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Bundesschuldenwesengesetz).
263
Die Länder haben zur Verwaltung der ihrerseits eingegangenen Finanzschulden ebenfalls Schuldenverwaltungen eingerichtet, denen die technische Abwicklung der Kreditaufnahme und der Verwaltung der Schulden obliegt. Die rechtliche und organisatorische Ausgestaltung unterscheidet sich dabei von Land zu Land. Typischerweise aber sind die Schuldenverwaltungen in die Finanzressorts eingegliedert.
264
Bei der Kreditaufnahme durch die Kommunen ist zwischen Investitions- und Kassenverstärkungskrediten zu unterscheiden. Die Aufnahme eines Investitionskredits, zu der die Haushaltssatzung ermächtigt, bedarf in vielen Fällen der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde (Einzelgenehmigung). Liquiditätssichernde Kassenverstärkungskredite können demgegenüber, bis zu der im Haushaltsplan festgesetzten Höchstgrenze, ohne weiteres aufgenommen werden[613].
f) Gewährleistungsübernahmen und Kreditzusagen
265
Über die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen entscheidet in Bund und Ländern im Rahmen der verfassungsrechtlich gebotenen besonderen gesetzlichen Ermächtigungen (Art. 115 Abs. 1 GG und die entsprechenden Bestimmungen in den Landesverfassungen; auch § 23 Abs. 1 HGrG, § 39 Abs. 1 BHO und entsprechende Regelungen der Landeshaushaltsordnungen[614]) – vorbehaltlich einer zulässigen Delegation – der Finanzminister nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 23 Abs. 2 HGrG, § 39 Abs. 2 BHO, entsprechend die Landeshaushaltsordnungen). Er ist schon an den Verhandlungen zu beteiligen.
266
Die Gewährleistungsübernahme ist eine Erscheinungsform der staatlichen Leistungsverwaltung[615]. Von erheblicher Bedeutung sind insoweit die Bürgschaften (§§ 765 ff. BGB), durch die sich der Bund als Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten verpflichtet, die Verbindlichkeit des Dritten zu erfüllen, wenn dieser dazu nicht in der Lage ist. Durch eine Garantie wird, anders als bei der Bürgschaft, nicht die Haftung für eine fremde Schuld übernommen, sondern Ersatz für den Fall eines im Rahmen einer Unternehmung entstandenen Schadens oder auch Gewähr für einen bestimmten Ertrag oder sonstigen Erfolg versprochen. Im Gegensatz zur Bürgschaft ist der Garantievertrag nicht zu einer Schuld akzessorisch. Sonstige Gewährleistungen sind solche, die ähnlichen wirtschaftlichen Zwecken wie Bürgschaften und Garantien dienen, bei denen also ebenfalls die Risikoübernahme Hauptzweck der Vereinbarung ist. Hierzu gehört etwa der Kreditauftrag, bei dem der Staat einem anderen den Auftrag erteilt, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung einem Dritten Kredit zu geben. Der Staat als Auftraggeber haftet dabei dem Beauftragten für die aus der Kreditgewährung entstehende Verbindlichkeit als Bürge (§ 778 BGB).
267
Ebenso wie die Kreditaufnahme ist die Gewährleistungsübernahme privatrechtlich eingekleidet[616]. Auch hier hat ein Fehlen der gesetzlichen Ermächtigung keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Geschäfte.
268
Die technische Abwicklung der Gewährleistungsübernahme obliegt den zuständigen Verwaltungsstellen im Ressort des Finanzministers bzw. im sachlich zuständigen Fachressort[617]. Die zuständigen Dienststellen haben dabei im Regelfall zu vereinbaren, dass sie jederzeit prüfen können, ob eine Inanspruchnahme in Betracht kommen kann (§ 23 Abs. 3 HGrG, § 39 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BHO, entsprechend die Landeshaushaltsordnungen). Der Bundesfinanzminister hat die Bearbeitung von Anträgen auf Ausfuhrgewährleistungen, den bekannten und finanziell bedeutsamen, der Förderung der Exportwirtschaft dienenden „Hermes“-Deckungen, der Euler Hermes SA übertragen[618].
269
Wird es im laufenden Haushaltsjahr voraussichtlich zur Realisierung einer zuvor übernommenen Gewährleistung kommen (beispielsweise zur Schadensausgleichszahlung an einen Exporteur), müssen im Haushaltsplan entsprechende Ausgabemittel bereitgestellt werden.
270
Große Gewährleistungsrisiken übernimmt der Bund seit rund zehn Jahren im Rahmen der Bemühungen, die Finanz- und Wirtschafts-, insbesondere Banken- und Kapitalmarktkrise und die damit zusammenhängende Staatsschuldenkrise zu bewältigen. Zur Abstützung der Wirtschaft wurde das Bundesfinanzministerium allein im Jahr 2009 ermächtigt, Gewährleistungen in einem Umfang von an die 1.000 Mrd. Euro zu übernehmen[619]. Zur Unterstützung