muss also, wie dies aus der vergleichbaren Diskussion beim Betrug bekannt ist, in dessen „Lager“ stehen.[213] Unstreitig liegt daher eine Dreieckserpressung vor, wenn der Täter einen Bankangestellten unter Anwendung von Gewalt oder Drohungen dazu zwingt, den Tresor zu öffnen und ihm das Geld in eine Tüte zu packen und zu übergeben. Denn hier erleidet nicht der Angestellte persönlich, sondern „die Bank“ einen Vermögensnachteil. Da der Angestellte aber auf der Seite der Bank steht, liegt eine Erpressung vor.[214] Anders stellt sich die Situation dar, wenn der Täter nicht einen Bankangestellten, sondern einen Passanten mit Waffengewalt dazu zwingt, in eine Bank einzubrechen, den Tresor zu öffnen und ihm das Geld in eine Tüte zu packen und zu übergeben. Denn der genötigte Passant steht nicht auf Seiten der Bank, sondern wirkt, wenn auch unter Druck, als Beteiligter an der Vermögensstraftat (hier: dem Einbruchsdiebstahl) mit. Je nach Stärke des Drucks ist der Passant durch einen Nötigungsnotstand entschuldigt und es läge ein Fall der mittelbaren Täterschaft (eines Einbruchsdiebstahls) vor. Wird die Polizei eingeschaltet, um in Erfüllung ihrer Aufgaben anstelle des Geschädigten die Vermögensverfügung vorzunehmen, wurde hingegen ein Näheverhältnis bejaht.[215]
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Nach h.M. sind auf die Dreieckserpressung die Regeln des Dreiecksbetrugs entsprechend anzuwenden.[216] Dabei sind nach der vom BGH vertretenen Ansicht, die bei § 253 StGB auf eine Vermögensverfügung verzichtet, die Regelungen zum Dreiecksbetrug, insbesondere zum Näheverhältnis, teilweise zu modifizieren, was nach der hier vertretenen Ansicht, die bei § 253 StGB eine Vermögensverfügung fordert, nicht erforderlich ist. Eine Spielart des Näheverhältnisses ist die Sympathiebeziehung zwischen dem Vermögensinhaber und dem Genötigten.[217]
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Andererseits müssen aber Genötigter und Verfügender identisch sein.[218] Wird ein Dritter bedroht, um von einem anderen eine Vermögensverfügung zu erzwingen, liegt eine Erpressung nur dann vor, wenn der zu einer Verfügung Genötigte die Drittbedrohung selbst als Übel empfindet (und sich daher die Drohung als solche gleichzeitig auch gegen den Verfügenden richtet).[219] Dies ist in der Regel dann unproblematisch, wenn der Täter eine dem Verfügenden nahestehende Person bedroht, also z.B. eine Waffe an den Kopf des Kindes hält, um von der Mutter die Herausgabe von Wertsachen zu erreichen. Es muss sich bei den Dritten aber nicht zwingend um nahestehende Personen handeln. So kann es z.B. auch ausreichen, wenn der Täter in einer Bank einen Kunden mit einer Waffe bedroht und vom Bankangestellten das Öffnen des Tresors und die Herausgabe des Geldes fordert. Empfindet der Bankangestellte hier das Drohen gegenüber dem Kunden auch selbst als Drohung, so liegt eine räuberische Erpressung, §§ 253, 255 StGB, vor. Auf diese Weise kann das Dreieck also auch zu einem „Viereck“ werden, welches aber in Wahrheit nur ein scheinbares ist, da es letztlich nur darauf ankommt, ob der Verfügende die Bedrohung des Dritten selbst als Übel empfindet.
8. Der subjektive Tatbestand
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Der subjektive Tatbestand erfordert neben dem allgemeinen Vorsatz hinsichtlich des Vorliegens sämtlicher objektiver Tatbestandsmerkmale eine besondere Bereicherungsabsicht.
a) Vorsatz
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Der Vorsatz muss sich – wie auch sonst – auf das Vorliegen sämtlicher objektiver Tatbestandsmerkmale erstrecken, wobei ein bedingter Vorsatz jeweils ausreicht.[220] Der Täter muss also wissen, dass er durch sein Verhalten Gewalt anwendet oder dem Opfer droht bzw., dass das Opfer sein Verhalten als Drohung empfindet. Dies wird meist unproblematisch sein. Darüber hinaus muss er wissen oder es zumindest für möglich halten, dass das Opfer durch die Gewaltanwendung oder Drohung zu einem Verhalten genötigt wird, welches nicht seinem freien Willen entspricht und welches das Opfer ohne das Verhalten des Täters nicht vorgenommen hätte. Im Hinblick auf die Drohung reicht es aus, dass der Täter es für möglich hält, dass das Opfer an die Ernstlichkeit der Drohung glaubt und dadurch zu seinem Entschluss bestimmt wird.[221] Auch muss der Täter den Vorsatz haben, das Opfer (oder einen Dritten) in seinem Vermögen zu schädigen.[222] Es ist allerdings zu beachten, dass dieser Schädigungsvorsatz bereits zum Zeitpunkt der Gewaltanwendung bzw. dem Ausspruch der Drohung bestehen muss.[223] Ferner muss der Täter das Nötigungsmittel gerade zu dem Zweck einsetzen, die Vermögensverfügung beim Opfer herbeizuführen, insoweit ist also eine Finalität des Handelns erforderlich.[224] Außerdem muss sich der Vorsatz auch auf den Ursachen- und Zurechnungszusammenhang beziehen.[225] Dabei entfällt der diesbezügliche Vorsatz jedoch nicht deshalb, weil der Täter weniger Geld erbeutet als ursprünglich geplant.[226]
b) Bereicherungsabsicht
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Da es sich bei der Erpressung um ein Vermögensverschiebungsdelikt handelt, ist die bloße Nachteilszufügung nicht ausreichend. Der Täter muss vielmehr handeln, „um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern“. Die angestrebte Bereicherung ist also für die Vollendung der Tat nicht erforderlich, sie muss allerdings das Tatziel sein, es handelt sich insoweit um ein sog. „kupiertes Erfolgsdelikt“.[227] Einer Vollendung der Erpressung steht es also nicht entgegen, wenn das Opfer das erpresste Geld auf den Postweg gibt (im Moment der Absendung ist der Vermögensschaden eingetreten) und das Geld während dem Transport verloren geht.[228] § 253 StGB fordert dabei gerade die Absicht rechtswidriger Bereicherung. Die Voraussetzungen decken sich hier mit denjenigen des Betruges, § 263 StGB.[229]
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Der Täter muss also zum Zeitpunkt der Tatbegehung (d.h. bei Einsatz des Nötigungsmittels)[230] jedenfalls irgendeine (materielle) Bereicherung im Sinne einer günstigeren Gestaltung der Vermögenslage erstreben. Eine solche kann bereits in einer bloßen Besitzerlangung,[231] dem Erhalt eines Kredits oder in der Erteilung eines gewinnbringenden Auftrags gesehen werden.[232] Allerdings wurde die Nötigung zum Abschluss eines wirtschaftlich ausgeglichenen Vertrages nicht als Vermögensvorteil angesehen,[233] was jedenfalls dann zweifelhaft ist, wenn der Vertrag eine (im üblichen Rahmen liegende) Gewinnspanne für den Nötigenden enthält. Keine Bereicherung soll auch in der bloßen Besitzerlangung einer Sache zum Zweck der Vernichtung derselben liegen.[234] Auch wer eine Sache (wie z.B. ein Mobiltelefon) einem anderen abnötigt, um diesen damit in eine hilflose Lage zu bringen, soll keine Bereicherung anstreben.[235] Der BGH lehnte es ferner ab, dem Standplatz einer Prostituierten einen Vermögenswert zuzusprechen.[236] Unzutreffend ist es hingegen, wenn der BGH[237] auch dem abgenötigten Geschlechtsverkehr mit einer Prostituierten einen Vermögenswert abspricht.[238] Wie beim Betrug scheidet eine Erpressung aber in denjenigen Fällen aus, in denen durch die Nötigung nur ein staatlicher Bußgeldanspruch oder eine vergleichbare staatliche Sanktion abgewendet werden soll.[239]
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Problematisch ist eine solche (beabsichtigte) Bereicherung dann, wenn der Täter vorhat, die Vermögensgegenstände unmittelbar nach der Tat wieder zurückzugeben,[240] der Polizei auszuhändigen[241] oder zu vernichten.[242] Hier kommt es darauf an, ob der Täter die Vermögensgegenstände wenigstens kurzzeitig für einen bestimmten vermögensrechtlich relevanten Zweck benutzen möchte, z.B. wenn er die Herausgabe eines Autos erpresst, um dieses kurzfristig als Transportmittel zu verwenden.[243]
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Der Täter muss ferner handeln, „um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern“. Die Absicht muss somit auf eine rechtswidrige Bereicherung gerichtet sein. Trotz der unterschiedlichen Formulierung entspricht § 253 StGB auch in diesem Punkt der Regelung in § 263 StGB („sich […] einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen“).[244] Wer einen materiell-rechtlich existierenden Anspruch mit (unerlaubten) Nötigungsmitteln durchsetzt, macht sich demnach nicht wegen einer Erpressung strafbar,[245] da, wie auch beim Betrug, der eingetretene Vermögensvorteil hier durch den Wegfall der Forderung kompensiert wird. Allerdings wird es in diesen Fällen zumeist schon an einem Vermögensschaden des Opfers fehlen, sodass bereits der objektive Tatbestand nicht vorliegt. Dies gilt zumindest