Gesetzgebungskompetenzen
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Die Gesetzgebungskompetenz für das Bauplanungsrecht ergibt sich aus dem Titel „Bodenrecht“ in Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG. Nach dem Baugutachten des Bundesverfassungsgerichts gehören hierzu solche „Vorschriften, die den Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand rechtlicher Ordnung haben, also die rechtlichen Beziehungen des Menschen zum Grund und Boden regeln“[29]. Dies umfasst zum einen das Recht der städtebaulichen Planung, also der Bauleitplanung, da diese Pläne bestimmen, „in welcher Weise der Eigentümer sein Grundstück nutzen darf, insbesondere, ob er überhaupt bauen darf und in welcher Weise“[30]. Gleiches gilt auch für die Regelungen über die planungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben, auch soweit diese im nicht beplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) oder im Außenbereich (§ 35 BauGB) nicht von planerischen Vorgaben abhängt. Das Bauplanungsrecht unterliegt somit der konkurrierenden Gesetzgebung, wobei Art. 72 GG keine weiteren Anforderungen an die Ausübung der Gesetzgebungskompetenz durch den Bund stellt. Dabei ist davon auszugehen, dass das Bauplanungsrecht im BauGB durch den Bund im Wesentlichen abschließend geregelt worden ist, sodass für Ländergesetze in diesem Bereich kein Raum bleibt[31]. Landesgesetzliche Regelungen können jedoch insofern noch eine Rolle spielen, als gerade in der Wiederaufbauphase vor dem Erlass des BBauG zahlreiche Pläne auf landesrechtlichen Grundlagen ergangen sind, die als übergeleitete Pläne in der städtebaulichen Praxis nach wie vor eine erhebliche Rolle spielen. Gerade die jüngere Entwicklung des Bauplanungsrechts, etwa die weitgehende Instrumentalisierung auch für Zwecke des Umweltschutzes, lässt es möglich erscheinen, dass der Gesetzgeber die Grundlage des Kompetenztitels „Bodenrecht“ verlässt. In diesen Fällen muss er auf andere Kompetenztitel zurückgreifen können[32].
2. Kommunale Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 GG)
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Von erheblicher Bedeutung für das Bauplanungsrecht ist die Verbürgung der kommunalen Selbstverwaltung in Art. 28 Abs. 2 GG. Gemäß dem Grundsatz der Allzuständigkeit obliegt den Gemeinden die Regelung aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Hierzu gehört auch die Planungshoheit, jedenfalls soweit sie die bauliche Nutzung von Grund und Boden betrifft[33]. Die verfassungsrechtliche Garantie erschöpft sich jedoch nicht allein in dem Recht, Bauleitpläne aufstellen zu können (§ 2 Abs. 1 BauGB)[34]. Auch etwa das interkommunale Abstimmungsgebot (§ 2 Abs. 2 BauGB)[35] und die Mitwirkungsrechte bei überörtlichen Planungen sind auf diese Weise verfassungsrechtlich untermauert.
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Allerdings zeigen gerade diese Beispiele, dass die Planungshoheit nicht unbeschränkt besteht, sondern die bauliche Nutzung des Gemeindegebiets in vielfältiger Weise dem Zugriff überörtlicher Planungen ausgesetzt ist[36]. Auch wird das zentrale Instrumentarium der örtlichen Planung, die Bauleitplanung, den Gemeinden teilweise entzogen. Dies ist jedenfalls insofern gerechtfertigt, als die Entscheidung über die bauliche Nutzung des Gemeindegebiets in erheblichem Maße auch überörtliche Auswirkungen zeitigt. Dies kann sich äußern in der Übertragung der Erstellung des Flächennutzungsplans auf einen Regionalverband[37], der Verschmelzung des Flächennutzungsplans mit der überörtlichen Planungsebene des Regionalplans (regionaler Flächennutzungsplan, § 13 Abs. 4 ROG)[38] oder dem grundstücksscharfen Zugriff der Regionalplanung mittels detaillierter verbindlicher Festlegungen in Raumordnungsplänen[39]. Verfassungsrechtlich lassen sich diese Beschränkungen der Planungshoheit und damit der kommunalen Selbstverwaltung durch den Gesetzesvorbehalt in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG rechtfertigen. Zum entscheidenden Korrektiv des Ausgleichs zwischen dem Interesse der Kommunen, ihre Planungshoheit autonom ausüben zu können, und staatlicher Beschränkungen wird damit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit[40]. Unabhängig hiervon muss den Gemeinden jedenfalls ein Kernbereich der Selbstverwaltung erhalten bleiben. Soweit die Planungshoheit zu diesem Kernbereich gezählt werden kann, schützt dies jedoch wiederum nur den Wesensgehalt derselben vor Beschränkungen[41]. Der vollständige Entzug der Bauleitplanung – einschließlich der Aufstellung der Bebauungspläne – dürfte demgemäß einen Verstoß gegen die kommunale Selbstverwaltungsgarantie darstellen[42]. Im Hinblick auf die Aufstellung der Flächennutzungspläne erscheint dies vor dem Hintergrund des räumlichen Verflechtungszusammenhangs, dem Gemeinden unterliegen können, nicht in jedem Fall als ausgeschlossen[43].
3. Eigentum (Art. 14 GG)
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Die Dogmatik des Bauplanungsrechts ist in der Vergangenheit durch eine – auch heute noch spürbare – starke Fokussierung auf das Eigentumsgrundrecht als maßgeblichem verfassungsrechtlichen Rahmen geprägt gewesen. Dies ist unter anderem auf die historische Entstehung des Bauplanungsrechts zurückzuführen, die auch darauf beruht, dass Einschränkungen der Bautätigkeit im Wesentlichen als Beschränkung der eigentumsrechtlich verbürgten „Baufreiheit“ betrachtet wurden. Soziale und ökologische Belange dienten demgegenüber vornehmlich als Rechtfertigung für Eingriffe in das Eigentumsgrundrecht. Diese einseitige Fokussierung ist jedoch verfassungsrechtlich überholt. Zum einen genießen soziale und ökologische Belange ebenfalls Verfassungsrang. Zum anderen hat sich die verfassungsrechtliche Eigentumsdogmatik von der Vorstellung verfassungsrechtlich vorgegebener Eigentumsinhalte verabschiedet und unter Hervorhebung der Bedeutung des Sozialgebots des Art. 14 Abs. 2 GG die Kompetenz des Gesetzgebers zur Gestaltung der Eigentumsordnung betont.
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Die Nutzung eines Grundstücks auch im Wege der Bebauung gehört zu den von Art. 14 Abs. 1 GG umfassten Bestandteilen des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes[44]. Dementsprechend müssen sich das Bauplanungsrecht und die hierauf basierenden Pläne in ihrer Ausgestaltung an den Vorgaben des Eigentumsgrundrechts messen lassen. Dies hat vor allem in der Vergangenheit zu Verunsicherungen geführt. Durch die Klärung der Dogmatik des Eigentumsgrundrechts in der Folge des Naßauskiesungsbeschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 15.7.1981[45] mussten eine Reihe von baurechtlichen Rechtsfiguren – etwa die eigentumskräftig verfestigte Anspruchsposition oder der Bestandsschutz – aufgegeben oder einer neuen Begründung zugeführt werden[46]. Die genannten Institute wurden unmittelbar aus der verfassungsrechtlichen Verbürgung des Art. 14 Abs. 1 GG abgeleitet und sollten gleichsam neben das, durch einfachgesetzliche Regelungen ausgestaltete, Baurecht treten. Diese Position war in der Folge des Naßauskiesungsbeschlusses nicht mehr haltbar. Das Bundesverfassungsgericht führte aus, die einem Eigentümer konkret zustehenden Befugnisse ergäben sich aus der Zusammenschau der die Eigentümerstellung regelnden gesetzlichen Vorschriften. Habe der Eigentümer danach eine bestimmte Befugnis nicht, gehöre sie auch nicht zu seinem Eigentumsrecht[47]. Für Rechtspositionen, die, gründend auf verfassungsrechtlichen Verbürgungen, dem (Baurechts-) Gesetzgeber vorgegeben und damit gleichsam seinem Zugriff entzogen sind, bleibt nach diesem Verständnis kein Raum[48]. Das gilt namentlich auch für die viel diskutierte Baufreiheit[49]. Das Recht, ein Grundstück zu bebauen, folgt demnach nicht aus dem Eigentumsgrundrecht, sondern aus der einfachgesetzlichen Ausgestaltung des Baurechts. Das entspricht im Übrigen auch der Rechtswirklichkeit, die in den bauordnungsrechtlichen Genehmigungstatbeständen einen Genehmigungsanspruch statuiert, der durch die Verweisung auf die einzuhaltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften jedoch einem umfassenden Vorbehalt der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens unterliegt[50]. Soweit das Baurecht in seiner Ausgestaltung – auch unter Berücksichtigung einer möglichen verfassungskonformen Auslegung[51] – den verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht genügt – und allein in diesen Konstellationen stellt sich die Frage des unmittelbaren Rückgriffs auf Art. 14 GG – ist es als verfassungswidrig zu betrachten. Dies hat zur Folge, dass es gemäß Art. 100 Abs. 1 GG vorzulegen ist[52].
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Die Wirkungsweise des verfassungsrechtlichen Schutzes des Eigentums ergibt sich nach diesem Verständnis von Art. 14 GG aus den Bindungen, denen der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Eigentumsordnung im Wege