– die durch den planerischen Gestaltungsspielraum gekennzeichneten Entscheidungen in der Bauleitplanung können hier als exemplarisch gelten – kommt dem Verfahren bei der Formung der endgültigen Entscheidung eine zentrale Rolle zu[239]. Das Verwaltungsverfahren dient hier nicht der „Ermittlung“ der rechtlich einzig möglichen Entscheidung, sondern nähert sich einem Verhandlungsprozess mit einer gewissen Bandbreite möglicher Ergebnisse an[240]. Eine Position hat in diesem Prozess umso größere Chancen in die Entscheidung Eingang zu finden, je früher sie in das Verfahren eingebracht wird. Aber auch dieser Gedanke findet sich im Verfahrensrecht in zunehmender Weise manifestiert. Von großer Bedeutung sind hier vor allem europarechtliche Einflüsse[241], namentlich die UVP-Richtlinie und die für das Bauplanungsrecht besonders bedeutsame Plan-UP-Richtlinie. Die Rechtsentwicklung ist demgemäß einerseits von einer Beschleunigungsdiskussion geprägt, die in der Tendenz den Abbau von Verfahrensrechten fordert, und unterliegt andererseits jedenfalls im Hinblick auf die Umweltauswirkungen den Einflüssen des Europarechts, das sehr stark den Eigenwert des Verfahrens betont.
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Die sogenannte Verfahrensgrundnorm des § 2 Abs. 3 BauGB[242] bringt den zentralen Zweck des Bauleitplanverfahrens zum Ausdruck. Die für die Abwägung erheblichen Belange sind zu ermitteln und zu bewerten. § 4a Abs. 1 BauGB konkretisiert dies noch einmal für die Öffentlichkeits- und die Behördenbeteiligung. Das Verfahren dient also vor allem dem Zweck, die planende Behörde mit den relevanten Informationen zu versorgen[243]. Daneben ist anerkannt, dass die frühzeitige Geltendmachung von Rechtspositionen im Verfahren auch der Rechtswahrung dient[244]. Die Wahrung von Rechten oder Belangen erfordert Kenntnis von der möglichen Betroffenheit. Dementsprechend dient das Verfahren mit seinen Elementen zur Herstellung der Publizität auch der Information der Öffentlichkeit über die Planung, wie auch in § 4a Abs. 1 BauGB herausgestellt wird[245]. Die Öffnung des Bauleitplanverfahrens auch für die allgemeine Öffentlichkeit unabhängig von möglicher Betroffenheit weist darüber hinaus auf die Funktion des Verfahrens zur Aktivierung eines öffentlichen Diskurses und damit der Kontrolle der Verwaltung durch die Öffentlichkeit hin[246]. Schließlich zeigt die häufig kontroverse Debatte um städtebauliche Projekte, dass das Potenzial des Bauleitplanverfahrens zur Schaffung von Akzeptanz und zusätzlicher Legitimation nicht ungenutzt bleiben sollte.[247]
b) Gesetzliche Grundlagen
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Das Bauleitplanverfahren ist zunächst übergreifend für beide Typen von Bauleitplänen in den §§ 2 bis 4b BauGB geregelt. Diese enthalten wesentliche Regelungen über die Zuständigkeit sowie die wesentlichen Bestandteile und den Ablauf des Verfahrens. Weitere jeweils speziell auf den Flächennutzungsplan und den Bebauungsplan bezogene Regelungen enthalten die §§ 6 und 10 BauGB über den Beschluss, die gegebenenfalls erforderliche Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde und die Bekanntmachung des Plans. Da das BauGB die Zuständigkeiten und Verfahren im Rahmen der gemeindlichen Willensbildung nicht selbst regelt, kommt diesbezüglich das Kommunalrecht der Länder zum Tragen[248]. Anforderungen an das Verfahren ergeben sich grundsätzlich auch aus dem Erfordernis der Beachtung der UVP-Richtlinie und der Plan-UP-Richtlinie. Die entsprechenden Regelungen des UVPG kommen in der Bauleitplanung jedoch nicht zum Tragen, sondern werden gemäß § 50 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 UVPG durch die Vorschriften des BauGB verdrängt[249]. Der Gesetzgeber geht demgemäß davon aus, dass die Verfahrensregelungen des BauGB den Anforderungen der genannten Richtlinien genügen. Im Übrigen trifft § 50 Abs. 1 S. 1 UVPG die Entscheidung, dass die UVP in der Bauleitplanung als Umweltprüfung durchgeführt wird.
c) Umweltprüfung
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Das Bauleitplanverfahren steht unter erheblichem Einfluss europarechtlicher Anforderungen, insbesondere der Plan-UP-Richtlinie[250]. Diese Richtlinie überträgt das Konzept der Umweltprüfung, das zuvor schon im Anwendungsbereich der UVP-Richtlinie zur Anwendung kam, auf den Bereich der umweltrelevanten Pläne und Programme. Dies folgt dem Gedanken, dass umweltrelevante Entscheidungen nicht erst bei der Zulassung des konkreten Vorhabens getroffen werden, sondern bereits die vorgelagerten Planungen wesentliche Festlegungen enthalten[251]. Diese Richtlinie erfordert es, auch Bauleitpläne zum Gegenstand einer Umweltprüfung zu machen. Schon vor der Geltung der Plan-UP-Richtlinie war das Instrument der Umweltprüfung im Bereich der Bauleitplanung bekannt. Auch die UVP-Richtlinie unterwarf Bauleitpläne bereits zum Teil der Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung. Dieses Instrument kam jedoch aufgrund des zumeist fehlenden konkreten Projektbezugs der Bauleitpläne nur lückenhaft zum Einsatz[252].
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Das Erfordernis der Umsetzung der Plan-UP-Richtlinie stellte den Gesetzgeber somit vor die Aufgabe, den Anwendungsbereich der Umweltprüfung in der Bauleitplanung deutlich auszudehnen. Mit dem Europarechtsanpassungsgesetz Bau 2004 verfolgte der Gesetzgeber im Sinne der Vereinheitlichung und damit auch der Vereinfachung die Strategie, alle Bauleitpläne der Umweltprüfung zu unterwerfen[253]. Zugleich dient die Umweltprüfung als Trägerverfahren auch für andere zum Teil ebenfalls europarechtlich erforderliche Umweltverfahren[254]. Ausnahmen von der Umweltprüfung sah der Gesetzgeber nur im beschränkten Anwendungsbereich des vereinfachten Verfahrens nach § 13 BauGB vor[255]. Mit dieser Umsetzungsstrategie sollte vor allem die Vorprüfung im Einzelfall vermieden werden. Dies leuchtet insofern ein, als Umweltbelange ohnehin zum Prüf- und Abwägungsprogramm der Bauleitpläne gehören, die umweltrelevanten Auswirkungen also in jedem Fall ermittelt werden müssen. Vor diesem Hintergrund erscheint der Aufwand der Durchführung einer Umweltprüfung nicht größer als der der Vorprüfung. Von dieser Strategie hat sich der Gesetzgeber bereits mit der BauGB-Novelle 2007 und der Einfügung des § 13a BauGB wieder verabschiedet. Dieser schafft das Instrument des Bebauungsplans der Innenentwicklung und sieht für diesen ein beschleunigtes Verfahren vor, das auf die Umweltprüfung verzichtet. Der Anwendungsbereich des beschleunigten Verfahrens wird durch § 13b BauGB zeitlich befristet noch ausgedehnt. Für einen Teil der Anwendungsfälle des § 13a BauGB muss eine Vorprüfung durchlaufen werden.
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Der Ablauf der Umweltprüfung ist europarechtlich durch die Plan-UP-Richtlinie vorgeprägt. Zunächst beschreibt Art. 3 Abs. 2 Plan-UP-Richtlinie den Anwendungsbereich. Dieser umfasst unter anderem Pläne im Bereich der Bodennutzung. Allerdings werden nur solche Pläne der Verpflichtung zur Umweltprüfung unterworfen, die die Grundlage für UVP-pflichtige Vorhaben bilden oder Auswirkungen auf geschützte Gebiete nach der FFH- oder der Vogelschutzrichtlinie haben können. Art. 3 Abs. 3 und 4 Plan-UP-Richtlinie modifizieren diesen Anwendungsbereich jedoch in erheblicher Weise. Zum einen bezieht Art. 3 Abs. 3 Plan-UP-Richtlinie Pläne für „die Nutzung kleiner Gebiete auf lokaler Ebene“ sowie „geringfügige Änderungen“ von Plänen in den Anwendungsbereich der Umweltprüfung nur dann ein, „wenn die Mitgliedstaaten bestimmen, dass sie voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben“. Art. 3 Abs. 4 Plan-UP-Richtlinie bestimmt umgekehrt, dass die Mitgliedstaaten bestimmen können, dass nicht einbezogene Pläne voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben. Die Mitgliedstaaten sind also in der Lage, den Anwendungsbereich der Umweltprüfung einer Feinsteuerung zu unterziehen. Gemäß Art. 3 Abs. 5 Plan-UP-Richtlinie stehen hierfür zwei Verfahren zur Verfügung. Zum einen können die Mitgliedstaaten die einzubeziehenden oder nicht einzubeziehenden Pläne generell festlegen. Dies ist etwa in § 13 Abs. 1 BauGB geschehen, der zwei Fallgruppen dem vereinfachten Verfahren unterwirft und damit aus dem Anwendungsbereich der Umweltprüfung herausnimmt. Das gleiche gilt für § 13a Abs. 1 Nr. 1 BauGB mit der Eröffnung des beschleunigten Verfahrens für bestimmte Bebauungspläne der Innenentwicklung. Darüber hinaus erlaubt Art. 3 Abs. 5 Plan-UP-Richtlinie auch, die Pläne einer Einzelfallprüfung, einem sogenannten Screening zu unterziehen. Hiervon hatte das BauGB zunächst abgesehen. Erst mit der BauGB-Novelle 2007 wurde als möglicher Anwendungsfall des