aber sich nicht auf diese beschränkt, ergeben.[45] Dieser zufolge ist der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff wohl auch auf Fremd-Geschäftsführer einer GmbH sowie Fremdvorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften zu erweitern.[46] Inwiefern sich diese Rechtsprechung auf das deutsche Arbeitsrecht auswirken und welche Anpassungen erforderlich werden, bleibt allerdings abzuwarten. Nach einer Auffassung sollen infolge dieser Entscheidung und unter Berücksichtigung des Art. 288 AEUV im Zuge einer richtlinienkonformen Auslegung der Richtlinie Wirkung verliehen und somit Arbeitnehmer-Geschäftsführerinnen in den Schutzbereich des Mutterschutzrechts einzubeziehen sein.[47] Nach der sog. „Balkaya-Entscheidung“ des EuGH ist – was durchaus kritisch zu werten ist, (Fremd-)Geschäftsführer im Rahmen von § 17 Abs. 5 KSchG als Arbeitnehmer zu berücksichtigen.[48] Maßgeblich für § 17 KSchG soll insoweit der europarechtliche für die Massenentlassungsrichtlinie maßgebliche Arbeitnehmerbegriff sein. In der Folge kommt es darauf an, ob der Geschäftsführer – ungeachtet der seiner Tätigkeit zugrundeliegenden Verträge – in einem Unterordnungsverhältniss steht. Maßgeblich für das Vorliegen eines Unterordnungsverhältnisses i.d.S. sind die Bedingungen, unter denen der Geschäftsführer als Leitungsorgan bestellt wurde, die Art der übertragenen Aufgaben, der Rahmen, in dem diese Aufgaben ausgeführt werden, der Umfang der Befugnisse des Mitglieds und die Kontrolle, der es innerhalb der Gesellschaft unterliegt. Dabei soll selbst weder ein weiter Ermessensspielraum des Geschäftsführers dem Bestehen eines Unterordnungsverhältnisses entgegenstehen, noch soll entscheidend sein, ob der Geschäftsführer Gesellschaftsanteile hält, soweit er hierdurch nicht als Mehrheitsgesellschafter zu qualifizieren ist. Des Weiteren darf in Anbetracht der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache „Betriebsrat der Ruhrlandklinik“ erwartet werden, dass auch der Anwendungsbereich der EU-Richtlinie 2008/104/EG („Leiharbeitsrichtlinie“) für Fremdgeschäftsführer als eröffnet angesehen werden wird, was wiederum zu erheblichen Weiterungen im Bereich des nationalen Rechts der Leiharbeit führen würde.[49] Klargestellt hat das BAG in einer aktuellen Entscheidung demgegenüber nochmals, dass der Fremdgeschäftsführer als „arbeitgeberähnliche“ Person einzustufen ist, mit der Folge, dass in Rechtsstreitigkeiten zwischen ihm und der Gesellschaft, für die er bestellt ist, der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet ist.[50]
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Aber auch dann, wenn die Arbeitnehmereigenschaft eines GmbH-Geschäftsführers verneint wird, ist allgemein anerkannt, dass einzelne arbeitsrechtliche Schutzvorschriften entsprechende Anwendung auf Geschäftsführer einer GmbH finden können. Dies ist dann der Fall, wenn der betroffene Geschäftsführer sich in einer mit einem Arbeitnehmer vergleichbaren Lage befindet und sich demnach als entsprechend schutzbedürftig erweist. Dies gilt insbesondere für die Kündigungsschutznorm des § 622 BGB dann, wenn der Geschäftsführer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft wie ein Arbeitnehmer hauptberuflich zur Verfügung stellt und er daher aufgrund seiner wirtschaftlichen Abhängigkeit ausreichend Zeit benötigt, um eine neue hauptberufliche Beschäftigung zu finden.[51]
Der BGH bejaht unter europarechtskonformer Auslegung die Arbeitnehmereigenschaft eines Fremdgeschäftsführers einer GmbH im Rahmen des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AGG.[52] Der Anwendungsbereich des AGG ist in diesem Fall eröffnet.
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Zumeist wird die entsprechende Anwendung arbeitsrechtlicher Vorschriften bei Fremd-Geschäftsführern geboten sein, die die für die Arbeitnehmereigenschaft erforderliche Schutzbedürftigkeit deshalb aufweisen, weil sie nicht am Stammkapital beteiligt sind.[53] Bei einer Beteiligung am Stammkapital von mehr als 50 % wird es dagegen überwiegend an dieser fehlen.[54] Keine Anwendung auf den GmbH-Geschäftsführer finden nach herrschender Auffassung die Normen des Arbeitszeitgesetzes[55] sowie des Bundesurlaubsgesetzes.[56] Ebenfalls nicht anwendbar sind arbeitsrechtliche Schutzvorschriften dann, wenn die Anwendung der Vorschriften aufgrund der Organstellung der betroffenen Person durch gesetzliche Vorschriften wie § 5 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG oder § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG ausgeschlossen ist.[57]
b) Arbeitnehmer im sozialversicherungsrechtlichen Sinne
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Für das Arbeitsstrafrecht ist der sozialversicherungsrechtliche Arbeitnehmerbegriff (auch „Beschäftigtenbegriff“[58]) vor allem wesentlich für die Straf- und Bußgeldtatbestände des SGB III und des SchwarzArbG. § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV erklärt das Arbeitsverhältnis zum Hauptanwendungsfall des Beschäftigungsverhältnisses.
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Der sozialversicherungsrechtliche und der arbeitsrechtliche Arbeitnehmerbegriff stimmen weitgehend überein, jedenfalls solange es um die Einordnung einer entgeltlichen Beschäftigung geht.[59] Auch hier erfolgt die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft anhand des Kriteriums der persönlichen Abhängigkeit. Das BSG stellt – wie auch das BAG – das Vorliegen der Unselbstständigkeit des Arbeitnehmers anhand eines Indizienkataloges fest, der in den entscheidenden Punkten dem arbeitsrechtlichen Katalog entspricht.[60]
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Im Rahmen des sozialversicherungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs sind Indizien, die für eine unselbstständige Beschäftigung sprechen, vor allem folgende:[61]
– | keine wesentliche Teilhabe am Ergebnis, |
– | Weisungsunterworfenheit bezüglich Zeit, Ort, Art und Ausführung der Arbeit,[62] |
– | Eingliederung in Betrieb,[63] |
– | keine eigene Entscheidungsverantwortlichkeit für die wesentlichen Funktionen des Unternehmens, |
– | feste, keine erfolgsabhängige Vergütung, |
– | Urlaubsantritt nicht ohne vorherige Genehmigung, |
– | Weiterzahlung der Vergütung im Krankheitsfall und |
– | Bewertung als nicht selbstständige Arbeit durch eine andere Stelle. |
Auch hier ist das Gesamtbild entscheidend und nicht das bloß zahlenmäßige Überwiegen einiger Kriterien.[64]
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Zu beachten ist, dass insbesondere die Beurteilung der Arbeitnehmerstellung von Organmitgliedern im Rahmen des Sozialversicherungsrechts abweichend zum Arbeitsrecht ausfallen kann. Die Organmitgliedschaft schließt nicht aus, dass die erbrachte Arbeit in einer GmbH oder einer sonstigen juristischen Person nicht selbstständig i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV erbracht wird, sodass bei Organmitgliedern – obschon keine Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne – dennoch ein sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis zu ihnen bestehen kann.[65] Ein Fremdgeschäftsführer wird also zwar sozialversicherungsrechtlich als abhängig Beschäftigter, allerdings arbeitsrechtlich nicht als Arbeitnehmer qualifiziert.[66]
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So ist der GmbH-Geschäftsführer nicht selbstständig i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV tätig, wenn er persönlich abhängig ist. Die persönliche Abhängigkeit des Geschäftsführers beurteilt sich nach einer Gesamtschau von gesellschaftsrechtlicher Stellung, Anstellungsvertrag und der konkreten Durchführung des Vertragsverhältnisses.[67] Infolgedessen ergibt sich, dass Fremd-Geschäftsführer einer GmbH regelmäßig als abhängig Beschäftigte der GmbH und somit versicherungspflichtig einzustufen sind, wobei Ausnahmen denkbar sind.[68] Eine solche Ausnahme liegt dann vor, wenn „das die abhängige Beschäftigung prägende Merkmal der Unterordnung unter das Weisungsrecht eines Arbeitgebers