Rn. 25), da dann die Vollendung des § 224 im Schuldspruch nicht zum Ausdruck käme (BGH 21, 195).
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Die Fragen des Zusammentreffens des § 226 mit Tötungsverbrechen sind auch hier unter Zugrundelegung der sog. Durchgangstheorie (vgl. o. §§ 2 Rn. 21, 8 Rn. 42) zu entscheiden. Wenn der Täter dem Opfer absichtlich eine schwere Körperverletzung zufügen will, es aber bei dieser Handlung fahrlässig tötet, ist Idealkonkurrenz zwischen §§ 226, 22 und § 227 gegeben. Wenn dagegen der Täter sein Opfer in Verstümmelungsabsicht verletzt und hierbei den tatsächlich nicht eingetretenen Tod des Verletzten in Kauf genommen hat, stehen § 226 und §§ 212, 22 in Idealkonkurrenz[46]. § 226 Abs. 2 kann – als Durchgangsverletzung – auch bei direktem Tötungsvorsatz gegeben sein, sodass er bei Rücktritt vom Tötungsversuch wieder auflebt (BGH NJW 01, 980 m. abl. Anm. Joerden JZ 02, 414).
Anmerkungen
BGH NStZ 07, 470 m. Anm. Hardtung 702 u. Bosch JA 07, 818. A.A. wegen der Höhe der Strafdrohung Paeffgen/Böse NK 26 ff.; Wessels/Hettinger/Engländer 315; Jesse NStZ 08, 605.
Unvergesslich der Kommentar von Dreher/Maassen (1952) zum alten Recht: „Ein steifes Glied ist nicht verloren“.
BGH NStZ 08, 32: nicht ausreichend 12 cm lange, 4 mm breite leicht wulstförmige Narbe vom Ohrläppchen bis zum Unterkiefer.
RG 44, 60; 72, 322; Grünewald LK 23.
Ebenso, z.T. mit Einschränkungen, Blei § 13 IV 1 f.; Wegner NJW 66, 1849; Sternberg-Lieben S/S 5 und Schröder JR 67, 146; Grünewald LK 21 ff.; v. Els NJW 74, 1074. A.A. BGH 17, 161, 165; NJW 67, 297; GA 68, 120.
BGH 17, 161, 165; Grünewald LK 18. A.A. BGH 24, 315 m. zust.Anm. Ulsenheimer JZ 73, 64; abl. Anm. Hanack JR 72, 472.
Wie hier BGH 21, 194; 48, 36 (zugleich mit wesentl. Abweichung des Kausalverlaufs!) m. Anm. Kühl JZ 03, 639 n. Hardtung NStZ 03, 261; Fischer 18; Ulsenheimer aaO 276. A.M. Schröder JZ 67, 368.
A.A. die h.M.; eingehend Schroeder LK11 § 18 37.
Schmitt JZ 62, 392; Eser/Sternberg-Lieben S/S § 212 23.
3. Verstümmelung weiblicher Genitalien (§ 226a)
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a) § 226a ist durch das 47. StÄG eingeführt worden und am 28.09.2013 in Kraft getreten (BGBl. I 2013, 3671). Die Verstümmelung weiblicher Genitalien war allerdings zuvor bereits nach § 223 und regelmäßig auch nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 als Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs strafbar. Soweit an der Tat Personen beteiligt waren, denen eine besondere Schutzpflicht gegenüber dem Opfer zukommt, wie dies insbesondere bei Eltern gegenüber ihrer Tochter der Fall ist, griff zudem i.d.R. auch § 225 ein. Verlor das Opfer infolge der Verstümmelung seiner Genitalien die Fortpflanzungsfähigkeit, kam bei entsprechender Fahrlässigkeit auch § 226 Abs. 1 in Betracht. Obwohl es also an einer Strafbarkeitslücke fehlte, hielt es der Gesetzgeber für erforderlich, das Bewusstsein der Öffentlichkeit für das Unrecht, das auch in einer religiös motivierten Genitalverstümmelung liegt, durch Schaffung eines eigenständigen Straftatbestandes zu schärfen und den strafrechtlichen Schutz dagegen durch eine Erhöhung des Strafrahmens zu verbessern (BT-Dr 17/13707, 1, 4).
b) § 226a beschränkt sich allerdings auf den Schutz der äußern Genitalien (äußere und innere Schamlippen, Klitoris samt Klitorisvorhaut sowie Scheidenvorhof) einer weiblichen Person (Mädchen und Frauen jeden Alters), während Beschneidungen eines männlichen Kindes nicht nur aus dem Tatbestand des § 226a ausgeklammert wurden, sondern zudem auch hinsichtlich der dadurch erfüllten Tatbestände der §§ 223; 224 Abs. 1 Nr. 2 gem. § 1631 BGB durch eine Einwilligung der Personensorgeberechtigten gerechtfertigt sein können. Um zu vermeiden, dass § 226a mit dem verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz kollidiert, bedarf die Vorschrift daher einer verfassungskonform-restriktiven Auslegung des in ihr enthaltenen Tatbestandsmerkmals der „Verstümmelung“:
Dem Gesetzgeber zufolge sollen nur „negative Veränderungen an den äußeren Genitalien von einigem Gewicht“ den Begriff der Verstümmelung erfüllen (BT-Drucks. 17/13707, 6), wobei das „Negative“ der Veränderung insoweit allerdings sowohl aus einer Beeinträchtigung des Sexualempfindens als auch anderer Körperfunktionen (Abfluss von Urin oder Menstruationsblut infolge einer Infibulation) resultieren kann. Eine bloße Beschneidung der Klitorisvorhaut ohne Ektomie der Klitoris selbst (oder Teilen von ihr) ist in ihren Auswirkungen etwa einer Beschneidung der männlichen Penisvorhaut vergleichbar und daher genauso wenig i.S.d. § 226a tatbestandsmäßig wie diese. Auch rein kosmetisch motivierte Eingriffe, wie Intimpiercing oder Schönheitsoperationen im Genitalbereich, sollen dem Gesetzgeber zufolge bereits keine Verstümmelung darstellen (BT-Dr 17/13707, 6), sind aber jedenfalls durch eine Einwilligung rechtfertigbar, ohne dass § 228 deren Wirksamkeit entgegenstünde (Fischer Rn. 16). Dass die Selbstverstümmelung nicht tatbestandsmäßig ist, ergibt sich bereits aus einem Umkehrschluss zu § 109, der neben der Verstümmelung eines anderen ausdrücklich auch die Tatbegehung an „sich“ selbst erfasst.
c) Subjektiv setzt § 226a mindestens dolus eventualis voraus. Ergibt sich die Verstümmelung aus der Beeinträchtigung des weiblichen Sexualempfindens, die mit dem Eingriff verbunden ist, so muss sich der Vorsatz allerdings auch auf diesen Erfolg mit erstrecken.
d) Eine Rechtfertigung der Tat kann sich aus der Einwilligung des Opfers ergeben, sofern dieses volljährig und einwilligungsfähig ist (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a TPG analog). Die Auffassung des Gesetzgebers, dass eine solche Einwilligung stets nach § 228 unwirksam bleiben muss (BT-Dr 17/13707, 6), ist selbst dann unzutreffend, wenn die Verstümmelung zu einem Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit i.S.d. § 226 führt (Lackner Rn. 6). Die bloße Einwilligung des Personensorgeberechtigten in eine Verstümmelung des minderjährigen Opfers genügt allerdings nicht, um ihretwegen die Tat nicht mehr als sittenwidrig i.S.d. § 228 erscheinen zu lassen (Wolters SK Rn. 16). Dies gilt auch für Auslandstaten, seit und soweit § 226a gem. § 5 Nr. 9a lit. b auch für diese räumlich gilt (vgl. Hoyer SK § 5 Rn. 28 f.)
e) Aus dem Strafrahmen von § 226a Abs. 1 (Freiheitsstrafe von einem bis 15 Jahren) ergibt sich, dass es sich bei der Tat um ein Verbrechen handelt. Die Strafrahmenuntergrenze liegt aber unterhalb der zwei Jahre Freiheitsstrafe, die das öffentliche Interesse an einer Ausweisung tatbeteiligter Eltern gem. § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG besonders schwerwiegend erscheinen ließen, um die Anzeigebereitschaft der betroffenen Töchter dadurch nicht zu dämpfen. Droht den Eltern aufgrund ihrer Tatbeteiligung dennoch eine Ausweisung gem. § 53 Abs. 1 AufenthG, so kann