Stree GA 60, 294. Eigenartig und unhaltbar BGH 14, 110 und NJW 71, 152: einerseits Verursachung durch auf Verletzung gerichteten Tätigkeitsakt genügend, andererseits vollendete Körperverletzung neben der „Durchgangsverletzung“ erforderlich; Geier LM Nr. 7; Tröndle GA 62, 328; W/Hettinger 229; abl. Deubner NJW 60, 1068; Geilen FS Welzel 655.
BGH NJW 95, 3194 m. Anm. Wolters JR 96, 471; Ingelfinger GA 97, 573. Eingehend Köhler, Beteiligung und Unterlassung beim erfolgsqual. Delikt am Beisp. der Körperverl. m. Todesfolge (§ 227 I StGB), 2000.
BGH NStZ 04, 684; 05, 93 m. Anm. M. Heinrich; kritisch Sowada FS Schroeder 06, 621; Stuckenberg FS Jakobs 07, 693.
RG JW 25, 2138; Grünewald LK 25; BGH 25, 222; NStZ 83, 555; StV 94, 315.
A.A. aufgrund der o. Rn. 33 abgelehnten Auffassung Geier aaO; Stree aaO; dagegen treffend Deubner aaO.
III. Die Körperverletzung im Amt (§ 340)
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1. Die §§ 339–342 enthielten ursprünglich eine relativ geschlossene Gruppe von Straftaten gegen die Person im Amt: Nötigung, Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Hausfriedensbruch. Diese Tatbestände sind in den Strudel der Auseinandersetzung über das Wesen der Amtsdelikte geraten[57]: Sieht man dies lediglich in einer gesteigerten Pflichtenstellung des Täters, so werden die genannten Tatbestände zu bloßen Strafschärfungen und im Zuge der allgemeinen Erweiterung der Strafrahmen überflüssig. Dementsprechend wurde die Nötigung im Amt (§ 339) bereits durch die VO vom 29.5.1943 anlässlich einer Anhebung des Strafrahmens des § 240 aufgehoben. Dasselbe Schicksal erfuhren die Freiheitsberaubung und der Hausfriedensbruch im Amt durch das EGStGB 1974. Dadurch wirkt § 340 wie ein übriggebliebener Findling. Der Einwand des Bundesrates gegen den E 6. StrRG, eine „singuläre Herausnahme“ des § 340 StGB aus dem Zusammenhang der Amtsdelikte sei nicht sinnvoll (BT-Dr 13/8587 S. 60), wirkt daher bizarr.
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2. Die Tat ist ein uneigentliches Amtsdelikt, das auf § 223 aufbaut[58]. Der Tatbestand ist ungenau formuliert: nicht jede Körperverletzung während des Dienstes (z.B. eine Prügelei unter Polizeikameraden) genügt, sondern es muss eine Beziehung auf den Dienst, ein innerer Zusammenhang vorliegen[59]. Die erste Alternative hat danach keine eigenständige Bedeutung. Erfasst werden nicht nur Körperverletzungen selbst, sondern auch deren „Begehenlassen“, d.h. die Teilnahme. Kein Begehenlassen ist dagegen das bloße Unterlassen[60]; hier greift § 13 ein.
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3. Eine Rechtfertigung kann in begrenzten Fällen durch Ausübung polizeilichen Zwanges eintreten, doch ist Verhältnismäßigkeit zu fordern; nicht gerechtfertigt sind z.B. Schläge mit dem Gummiknüppel zur Verhinderung einer bloßen Ordnungswidrigkeit (OLG Bremen NJW 64, 735). Zur Rechtfertigung von Körperverletzungen durch militärisch gebotene Tiefflugeinsätze OLG Stuttgart NZWehrR 86, 215. Die Einwilligung kann z.B. die Entnahme einer Blutprobe rechtfertigen[61].
4. Nicht anwendbar sind die Regeln über den Strafantrag. Zwischen § 340 Abs. 1 und § 223 besteht Gesetzeskonkurrenz. Der eigenartige Abs. 3 bedeutet wohl, dass keine Idealkonkurrenz besteht, sondern die Taten gefährliche usw. Körperverletzungen im Amt bleiben[62].
Anmerkungen
Wagner, Amtsverbrechen, 1975, 28 ff. und ZRP 75, 273.
H.L. A.A. Wagner aaO 35, 166 und ZRP 75, 253; dagegen Hirsch ZStW 88, 752, 775.
RG 6, 21; 17, 166; BTD 7/550 S. 277. A.A. Wagner ZRP 75, 253.
RG 59, 86; Schroeder Täter S. 141 f.; arg. § 357 Abs. 1. Unzutr. BGH NJW 50, 196, 435 und h.L.
Hirsch LK11 15. Kritisch Fischer 7.
Wolters JuS 98, 586; Rengier ZStW 111, 27.
IV. Die fahrlässige Körperverletzung (§ 229)
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1. Wesen der Tat: Während die vorsätzliche Körperverletzung in zahlreiche Tatbestände aufgegliedert ist, werden alle Arten fahrlässiger Körperverletzung in einem Tatbestand zusammengefasst; der erhöhte Strafrahmen für beruflich zu besonderer Sorgfalt Verpflichtete wurde – wie bei der fahrlässigen Tötung (s.o. § 3 Rn. 11) – durch VO vom 2.4.1940 beseitigt. Eine Berücksichtigung der Erfolgsschwere ist nur innerhalb des Strafrahmens des § 229 möglich. Der Begriff der Körperverletzung umfasst hier den gesamten Bereich des § 223, also auch die Misshandlung (RG 32, 113).
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Die eigentlichen Probleme des § 229 liegen in der in den Allgemeinen Teil gehörigen Dogmatik der Fahrlässigkeit[63]. War ein Todeserfolg nicht voraussehbar, kann eine fahrlässige Körperverletzung übrigbleiben (OLG Köln NJW 56, 1848). Das Problem des unvermeidlichen Erfolgseintritts auch bei nichtfahrlässigem Verhalten (s.o. § 3 Rn. 5) erfährt bei § 229 die zusätzliche Komplikation, dass bei nicht fahrlässigem Verhalten eine geringere Verletzung eingetreten wäre (z.B. wäre der unvorsichtige Passant auch bei Vorbeifahrt an einem haltenden Omnibus mit Schrittgeschwindigkeit unter das Auto geraten, hätte jedoch geringere Verletzungen erlitten). Hier greift § 229 ein, da er (s.o. Rn. 5) auch die relative Verschlechterung eines Zustandes umfasst[64].
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Häufig sind die Fälle der fahrlässigen Körperverletzung durch unechte Unterlassung (OLG Bremen NJW 57, 72: Haftung des Ehemannes für Verletzungen durch den eingebrachten Hund seiner Ehefrau; BGH NJW 64, 412 u. KG VRS 11, 357: Haftung des Gastwirts; BGH VRS 13, 470: Haftung des nicht einschreitenden Autohalters für Verkehrsdelikte seines Fahrers; OLG Karlsruhe NJW 81, 1054: Haftung beim Handel mit Kfz.-Reifen). Ein Arzt kann aufgrund des mit dem Patienten geschlossenen Behandlungsvertrages zu Hausbesuchen verpflichtet sein (BGH NJW 61, 2068).
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2. Strafe: Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe. Antragsbedingtheit bzw. Antragsgelöstheit gemäß § 230 unter den gleichen Voraussetzungen wie bei der einfachen vorsätzlichen Körperverletzung (vgl. o. Rn. 8; zur Praxis bei Verkehrsunfällen Kellner MDR 77, 626).