Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Staffel 3 – Arztroman


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worden, um der jungen Kollegin zu helfen.«

      »Davon ist Miriam nichts bekannt. Sie wurde zwar freigelassen, dann aber abgeschoben, ohne Rehabilitation.«

      »Das ist mir unverständlich, aber vielleicht sind daran die misslichen Verhältnisse in diesem Lande schuld. Wir hören zwar, was man dort beschließt, aber was sich unter den Verantwortlichen abspielt, erfahren wir doch nicht.«

      »Hat sich Professor Benten auch mit Miriam solidarisch erklärt?«, fragte Jonas sehr direkt, denn Dr. Semmelbrot hatte ja geraten, ohne Umschweife mit seinem Chef zu reden.

      »Benten ist nicht Fisch und nicht Fleisch«, meinte der andere. »Er sagte wohl, dass man von hier aus nicht überprüfen könne, wie sich die Dinge wirklich verhielten. Außerdem sei Frau Perez keine deutsche Staatsbürgerin. Aber so weit mir bekannt ist, wurde doch eine Ehrenerklärung für sie abgegeben. Ich werde mich jetzt erkundigen, ob ihr hier die Ausübung ihres Berufes versagt wurde, und wenn das nicht geschah, habe ich nichts dagegen einzuwenden, dass sie der Operation beiwohnt.«

      Jonas konnte Miriam eine positive Nachricht bringen, doch augenblicklich war ihr Carry so wichtig, dass sie ganz vergaß, auch Daniel diesen günstigen Bescheid mitzuteilen. Er erfuhr dann von Dr. Behnisch, dass Miriam nichts mehr zu befürchten hätte. Ihr Anwalt hätte ihren Freispruch erreicht. Dass sie vorher des Landes verwiesen worden sei, beruhe auf einem Irrtum.

      »Da mögen schöne Zustände herrschen«, sagte Fee kopfschüttelnd. »Wir haben in unserem guten alten Europa wahrhaftig keinen Grund zu meckern, wenn uns auch manches nicht passt. Doch immerhin kann man sagen, dass ihr dieser Irrtum irgendwie doch Glück gebracht hat.«

      »Das wollen wir erst sagen, wenn Carry die Operation gut überstanden hat«, sagte Daniel.

      *

      Miriam kämpfte gegen die innere Angst an, als sie Carry auf dem Operationstisch liegen sah. Es ging nicht um irgendeinen Patienten, es ging um den Menschen, dem ihre ganze Zuneigung gehörte. Carry, die so schwach erschien, hatte ihre Kräfte mobilisiert. Sie war voller Vertrauen.

      »Ich freue mich so auf mein neues Leben, Miriam«, hatte sie noch am Vorabend gesagt. »Und wenn wir das hinter uns gebracht haben, werden wir alles tun, damit du dich auch wieder richtig freuen kannst.«

      Carry dachte nie nur an sich selbst. Sie bewies so viel Mut, dass Miriam sich wegen ihrer inneren Ängste nun fast schämte.

      Dr. Jürgen Semmelbrot lächelte ihr aufmunternd zu, aber sie fragte sich, ob er so zuversichtlich wäre, wie er sich gab.

      Zu aller Überraschung erschien Professor Dietl im Operationssaal, gekleidet wie es sein musste.

      »Keine Angst, ich will Ihnen nicht ins Handwerk pfuschen, mein Junge«, sagte er zu Dr. Semmelbrot, und Staunen war in manchen Augen, dass er den Jüngeren so anredete. »Vielleicht kann ich doch noch einen Tipp geben, wenn es nötig sein sollte«, fuhr Professor Dietl fort. »Wird es akzeptiert?«

      »Mit Dank, Herr Professor«, erwiderte Dr. Semmelbrot. Und dann setzte er das Skalpell an, so sicher, dass Miriam den Atem anhielt.

      Sie hatte schon öfter Menschenherzen freigelegt gesehen, aber dies war Carrys Herz. Sie musste für einen Augenblick die Augen schließen.

      Professor Dietl tat das für sie, was sie nun eigentlich tun musste, er reichte seinem jungen Kollegen die richtigen Instrumente. Mit der linken Hand konnte er es, ohne dass diese zitterte. Aber zu sagen brauchte er nichts.

      Das tat er erst später, als die Wunden vernäht waren.

      »Sie haben sich gut vorbereitet«, sagte er zu Dr. Semmelbrot. »Sie sind unter der Zeit geblieben.«

      »Eine Nachnarkose hätten wir nicht geben können«, murmelte Jürgen.

      Er sah kurz zu Miriam hinüber, die leicht schwankend den Operationssaal verließ. »Ich hatte einen sehr guten Lehrer, der immer mein Vorbild bleiben wird«, fuhr er dann fort.

      »Nur keine Ovationen, Nachfolger«, sagte Professor Dietl. »Das war ein Meisterstück. Ich weiß nicht, ob ich es so perfekt vollbracht hätte.«

      Diese hohe Anerkennung brachte den bescheidenen Jürgen nun doch in Verlegenheit. »Ich habe doch alles von Ihnen gelernt, Herr Professor«, sagte er leise.

      »Und warum soll der Schüler nicht mal besser sein als der Lehrer?«, fragte der. »Legen wir doch den verflixten Hochmut ab, diese verdammte Eitelkeit, die so viel anrichtet und die in unserem verantwortungsvollen Beruf fehl am Platze ist. Ich bin heute nur stolz auf meinen gelehrigen Schüler.«

      Und Miriam fiel in Jonas’ Arme, als sie befreit von Kittel, Maske und Handschuhen auf den Gang trat. »Es ist geglückt. Es wird alles gut«, sagte sie aufschluchzend, »aber beitragen konnte ich nichts.«

      »Du warst bei Carry, wie sie es sich gewünscht hat«, sagt er leise. »Ich weiß, wie viel Kraft es dich gekostet hat, Miriam.«

      Ganz nahe waren sie sich und hielten sich eng umschlungen, sie merkten gar nicht, dass der Professor und sein Schüler an ihnen vorbeigingen.

      »Da sind noch ein paar mehr Menschen glücklich«, sagte Professor Dietl. »Welch ein schöner Tag!«

      Konnten sie sich jetzt wirklich schon freuen? Professor Dietl schien davon überzeugt zu sein. Er tat etwas, was bisher einmalig in seiner Klinik war, er würdigte das Können seines Nachfolgers, als der Dr. Semmelbrot bisher offiziell noch gar nicht gegolten hatte, mit anerkennenden Worten, während Jonas und Miriam mit ineinander verschlungenen Händen neben Carrys Bett saßen und ihren Atemzügen lauschten. Schwach waren sie noch und unregelmäßig, doch das Blut, das aus der Infusionsflasche in ihre Adern tropfte, war das Blut ihres Vaters, das ihr neuen Lebenssaft zuführte.

      »Sie wird leben, Jonas. Sie wird gesund werden«, flüsterte Miriam nach langen Minuten des Schweigens.

      »Aber ganz glücklich wird sie nur sein, wenn du bei uns bleibst«, sagte er sinnend. »Wirst du bei uns bleiben, Miriam? Könnte dir ein Leben mit uns mehr bedeuten als dein Beruf, den du nun wieder ausüben könntest?«

      »Du hast mir noch gar nicht gesagt, dass es auch dein Wunsch ist«, sagte sie leise.

      »Habe ich nicht? Dann muss ich es bald nachholen. Aber eigentlich müsstest du es doch schon wissen, geliebte Miriam.«

      Ein wundervolles, berauschendes Gefühl der Geborgenheit erfüllte sie, als sein Arm sich fest um sie legte. Und während Carry dem neuen Leben entgegenschlief, spürte sie seine trockenen bebenden Lippen an ihrer Wange. Ganz sacht drehte sie ihren Kopf, bis ihre Lippen sich berührten und als dies geschah, war alles ausgelöscht, was ein anderer ihr angetan hatte.

      *

      Fee stand am Telefon, als Daniel kam. »Ich bin froh«, sagte sie, »auf baldiges Wiedersehen!«

      Mehr konnte sie nicht sagen, denn auf der anderen Seite wurde der Hörer aufgelegt. Daniels Arme umfingen sie von rückwärts.

      »Worüber bist du froh?«, fragte er, dicht an ihrem Ohr.

      »Die Operation ist glücklich verlaufen. Alles deutet darauf hin, dass Miriam nun lieber auch Ehefrau und Mutter sein will.«

      »Kein einmaliger Fall«, sagte Daniel lächelnd. »Und ganz schmerzlos war die Geburt ihrer fünfzehnjährigen Tochter auch nicht.«

      »In zwei Monaten ist Carry sechzehn«, sagte Fee.

      »Aber immerhin könnte sie Miriams Tochter sein.«

      »Jedenfalls nicht ungewöhnlich, aber weiterer Nachwuchs ist auch nicht ausgeschlossen«, meinte Fee.

      »Woran du gleich wieder denkst«, sagte er belustigt.

      »Nur eine Feststellung war das«, sagte Fee. »Wenn unser Danny mal sechzehn ist, bin ich schon im fortgeschrittenen Alter.«

      »Bis dahin wird unser Nachwuchs auch schon im fortgeschrittenen Alter sein«, meinte Daniel mit leisem Lachen.

      Als würde Danny genau verstehen,