Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Staffel 3 – Arztroman


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die Hauptperson würde dann wohl der Herr Flugkapitän sein«, warf Chris hintergründig ein.

      »Der erst seine schwierigste Landung zustande bringen musste, um einen Kuss zu bekommen, der schwerwiegende Folgen nach sich ziehen sollte«, meinte Anja neckend.

      Aber am Abend staunten auch sie, als sie neben Carry auch Miriam in dem Hause von Jonas Henneke vorfanden, und da gab es dann ein Wiedersehen, das von vornherein jede Gehemmtheit ausschloss.

      Es war eine gelungene Überraschung, die sogleich mit einem Glas Sekt begossen wurde, denn die Nordens kamen doch mit Verspätung. Wie konnte es bei einem Arzt auch anders sein. Auf dem Wege hierher hatte Daniel noch einen dringenden Krankenbesuch machen müssen, der ihn aber glücklicherweise nicht lange aufhielt, da es sich diesmal nicht um einen entzündeten Blinddarm handelte, sondern um eine ungefährliche Magenverstimmung, die nur ziemliche Schmerzen verursachte.

      Fee sah auch in ihrem Umstandskleid bezaubernd aus, und obgleich selbst jetzt wohlversorgt, mussten Wendy und Anja feststellen, dass sie einem so blendend aussehenden Arzt wie Dr. Norden noch nie begegnet waren. Vor allem nicht einem, der so lässig und charmant war und selbst Carry aus ihrer Schüchternheit herauslockte.

      Auch Tante Hanne kam auf ihre Kosten, denn mit Fee konnte sie sich über die Insel der Hoffnung unterhalten, der ihr Interesse schon lange galt.

      Was junge Leute so verputzen konnten, machte ihr zusätzlich Freude, aber wer hätte bei solchen Delikatessen widerstehen können, und bei so netter, angeregter Unterhaltung schmeckte es noch mal so gut. Selbst Carry wurde an diesem Abend nicht so schnell müde, wenn sie auch die Erste war, die sich dann zurückzog. Miriam ging schnell noch zu ihr. Mit einem glücklichen Lächeln lag Carry in ihrem Bett.

      »Ist es nicht seltsam, Miriam«, sagte sie verträumt, »dieser Flug hat uns nur Glück gebracht. Es war ein wunderschöner Abend, ich werde noch davon träumen. Geh du nur wieder runter. Papi wird dich sonst vermissen. Wunderschön siehst du aus in dem Kleid. Ich habe dich schrecklich lieb. Du hast uns Glück gebracht, Miriam, und ich haben jetzt überhaupt keine Angst mehr.«

      Aber nun hatte Miriam Angst um dieses Mädchen, Angst vor der Operation, und alles, was ihr eigenes Leben beschwert hatte, war vergessen.

      »Ich habe dich auch sehr, sehr lieb, Carry«, sagte sie zärtlich. »Ja, der Flug hat mir auch sehr viel Glück geschenkt.«

      Und als sie sich dann wieder neben Jonas setzte, denn nur zwischen ihm und Daniel war ein Stuhl frei, nachdem man sich während ihrer kurzen Abwesenheit anders gruppiert hatte, dachte Tante Hanne, wie schön es wäre, wenn sie immer an seiner Seite bleiben würde. Dann brauchte ihr auch um ihn nicht mehr bange zu sein, meinte sie für sich. Na ja, man konnte vielleicht ein bisschen nachhelfen. Sie überlegte schon, wie sie das am besten anstellen würde.

      »Was war das für ein gemütlicher Abend, Daniel«, sagte Fee, als sie heimwärts fuhren. »Sind das zwei reizende Mädchen, und wie es scheint, wird Miriam der Familie Henneke zugehörig betrachtet. Sie sah schon sehr viel besser aus. Das Kleid war bildschön.«

      »Und mir hat sie das Geld wieder zugesteckt, damit du nicht etwa meinst, sie hätte es verwendet, um sich einzukleiden.«

      »Auf den Gedanken wäre ich nun wirklich nicht gekommen«, sagte Fee. »Ein bisschen Menschenkenntnis darfst du mir schon zutrauen. Bleibt zu hoffen, dass sie ihr Glück auch beim Schopf packt.«

      »Wenn schon, dann wird es wohl Jonas Henneke sein müssen, der das tut. Ich glaube nicht, dass Miriam sich diesbezüglich verändert hat. Sie hat nicht den Mumm wie die Anja. Es war wirklich amüsant, wie sie erzählte, wie sie ihren Zukünftigen kennenlernte.«

      »Und wenn du mir damals so spontan einen Kuss gegeben hättest wie Wendy ihrem Holger, wären wir schon sehr viel länger ein Ehepaar«, sagte Daniel.

      »Das musste ja kommen«, lächelte Fee. »Aber darin bin ich halt Miriam wohl ähnlicher.«

      »Und wie sehr«, nickte er. »Leicht hast du es mir wahrhaftig nicht gemacht, Feelein.«

      »Aber ich glaube, bei Wendy und Holger war es auch nicht ganz einfach. Ein Moment gibt den Ausschlag, ein winziger, kleiner Augenblick …«

      »Und dennoch gibt es Menschen, die füreinander bestimmt sind und aneinander vorbeilaufen. Warum nur?«

      Das fragten sich halt manchmal auch die, die mitten im Leben standen.

      Für sie waren alle Probleme gelöst. Sie waren untrennbar verbunden. Für Wendy und Holger, für Chris und Anja würde es vielleicht noch manche Probleme zu bewältigen geben. Wusste man es vorher?

      Und für Miriam und Jonas gab es jetzt nur ein Problem. Carry! Obgleich auch sie den Abend genossen hatten, dachten sie beide das Gleiche.

      Jonas allerdings sprach diesmal seine Gedanken aus, als Miriam sagte, dass seine Überraschung wirklich gelungen sei.

      »Ich war schon lange nicht mehr so entspannt, Miriam, aber richtig froh kann ich erst sein, wenn wir Carry aus der Klinik heimholen können.«

      »Ich auch«, erwiderte sie, und mit ihrem Blick verriet sie viel, doch nicht so viel, dass er den Mut gehabt hätte, sie in die Arme zu nehmen, wie er es ganz plötzlich wünschte.

      »Morgen wird Dr. Semmelbrot Carry untersuchen«, sagte er. »Wir wollen so schnell handeln, wie es nur möglich ist. Sie haben es gesagt, Miriam. Und Dr. Norden hat mir Mut gemacht. Er sagte mir, dass Carry mehr Kraft hat, als man in ihr vermutet.«

      »Das weiß ich jetzt auch, Jonas. Eins sollen Sie wissen, mein Herz schlägt für Ihre Tochter. Es mag pathetisch klingen, aber es ist die Wahrheit.«

      »Das weiß ich nun auch schon«, sagte Jonas. »Es sollte uns noch näher bringen.«

      Waren sie nicht auch schon unlöslich verbunden? Doch keiner von beiden hatte den Mut und den jugendlichen Elan wie Chris und Anja, es sich einzugestehen. Man durfte nicht vergessen, dass sie beide bereits einen schweren Weg hinter sich und bitterste Erfahrungen gesammelt hatten.

      *

      Carry nahm es gelassen hin, als ihr Vater ihr am nächsten Morgen erklärte, dass er sie in die Klinik bringen wolle.

      »Aber Miriam kommt mit«, sagte sie nur. »Und wenn alles vorbei ist, möchte ich auf die Insel der Hoffnung, Papi. Du hast gesagt, dass ich mir wünschen darf, was ich will.«

      »Dein Vater hält sein Wort«, sagte Tante Hanne mit ernstem Nachdruck.

      »Ich möchte, dass Miriam dann auch bei mir bleibt. Versprich es mir in die Hand, Miriam.«

      »Darüber brauchst du dir keine Gedanken zu machen, Carry«, warf Tante Hanne rasch ein. »Zwischen uns ist alles klar.«

      Sie gab sich optimistisch, sie verbreitete Ruhe und Zuversicht um sich, dass niemand auf den Gedanken kommen konnte, sie könne sich zurückgesetzt fühlen. Das war weiß Gott auch nicht der Fall. Ihr gefiel die Entwicklung, und sie hatte sich in der Nacht noch den Kopf darüber zerbrochen, was sie beitragen könne, um ihre heimlichen Wünsche in Bezug auf Jonas und Miriam möglichst schnell zu verwirklichen.

      Dr. Semmelbrot wollte sie allerdings auch kennenlernen, bevor Carry ihm anvertraut wurde.

      Er blickte ein bisschen verschreckt, als sie zu viert in der Klinik anrückten. Er war mittelgroß, schmal und blass. Er hatte kluge graue Augen und einen sensiblen Mund, dessen Winkel leicht nach oben gebogen waren und eine optimistische Lebenseinstellung verrieten. Sehr schön waren seine schmalen, ausdrucksvollen Hände, und seine Stimme war leise und angenehm. Komplexe hatte er wegen seines Namens anscheinend nicht bekommen, denn er war keine Spur unsicher, nachdem er nun mit allen bekannt gemacht worden war.

      Carry hatte sofort Zutrauen zu ihm gefasst, und er unterhielt sich ganz ernsthaft und vernünftig mit ihr, immer mal ein paar aufmunternde Worte einflechtend.

      Carry wäre geradewegs in den Operationssaal gegangen und war sichtlich enttäuscht, als er ihr sagte, dass die Untersuchungen noch einige Tage dauern würden.

      »Die