weil Miriam gar so still blieb.
»Es gefällt mir sehr gut, aber das mit der Preisverwechslung kommt mir schon merkwürdig vor.«
»Aber es passiert, wie Sie gehört haben«, sagte Jonas. »Was sollte es denn nach dem Preisschild kosten?«
»525 Mark«, erwiderte Miriam.
»255 Mark klingt natürlich anders«, sagte Jonas leichthin. »Da haben sie halt die Fünf und die Zwei verwechselt. Das kann wirklich peinlich sein, besonders wenn sich jemand den Unterschied überlegt. Also sind wir allesamt zufrieden. Dann kann es wieder heimwärts gehen, oder möchten die Damen lieber bummeln?«
»Carry sollte sich lieber ausruhen, wenn es am Abend doch später wird«, sagte Miriam.
»Dr. Norden und seine Frau kommen übrigens auch, wenn nichts dazwischenkommt, was wir nicht annehmen wollen«, sagte Jonas.
»Da wird Tante Hanne aber doch ins Schwimmen geraten«, sagte Carry.
»Keine Sorge. Ich habe schon noch einiges bestellt«, wurde sie von Jonas beruhigt. »Aber wir sollten doch besser zu Hause sein, wenn die Lieferung kommt, sonst weiß Tante Hanne nicht Bescheid und schickt sie womöglich zurück. Sie ist schnell dabei, wenn ihr etwas nicht geheuer ist.«
Miriam war auch etwas nicht geheuer, und wenn sie diesem Gefühl nachgegeben hätte, hätte sie das Kleid auch zurückschicken müssen, denn sie konnte ganz gut kombinieren. Warum war Carry so rasch verschwunden, und warum hatte man das Kleid so rasch aus dem Fenster entfernt, wenn man es möglicherweise auch zu dem weit höheren Preis an die Frau hätte bringen können?
Sie hatte zwar immer darauf geschaut, für ihre Garderobe nicht zu viel Geld auszugeben, aber sie war eine Frau und verstand auch ein bisschen was von Stoffen und Modellen. Und auch von den Preisen, die man dafür zahlen musste.
Es konnte nur ein Komplott zwischen Carry, ihrem Vater und der Geschäftsführerin gewesen sein, aber schließlich verriet dieses Komplott, wie gern beide ihr eine Freude machen wollten. Zu dieser Freude kam die weitere, dass Jonas und Daniel sich gleich so gut verstanden hatten, dass es zu einer so schnellen Einladung gekommen war. Nun begann sie sich schon auf diesen Abend zu freuen, der noch weitere Überraschungen bringen sollte.
*
Wendy und Anja schwelgten in Glückseligkeit. Anja war zwar ein bisschen aus der Fassung geraten, als sie an Wendys linker Hand einen Verlobungsring blitzen sah, als sie sich am späten Vormittag in ihr Zimmer geschlichen hatte um ihr zu erzählen, wie herrlich und schön die Welt seit gestern Mittag für sie sei.
Sie hatten sich viel zu erzählen, und später trafen sie sich dann mit Holger und Chris. Wendy konnte sich überzeugen, dass Chris kein leichtfertiger Abenteurer war, sondern ein sehr gebildeter und tüchtiger junger Mann, bei dem auch alles andere stimmte, wie Anja es sich immer gewünscht hatte. Er war humorvoll, sah gut aus, kleidete sich geschmackvoll und schien auch finanziell allerhand zu bieten zu haben, was aber in diesem Fall bei Anja gewiss eine untergeordnete Rolle spielte, denn beide waren verliebt bis über die Ohren.
So Hals über Kopf konnten sich Jonas und Miriam nicht mehr verlieben, aber irgendwie spürten auch sie, dass sich ihre Sympathie füreinander von Stunde zu Stunde vertiefte, wenngleich sie bemüht waren, es nicht zu zeigen.
Daheim angekommen, läutete auch schon das Telefon. Tante Hanne, die mit hochroten Wangen aus der Küche kam, seufzte erleichtert auf, weil Jonas sich dieses lästigen Störenfrieds annehmen konnte, der sie schon ein paarmal von der Arbeit weggeholt hatte.
Unwillkürlich lauschten sie alle drei, als sie ein lautes »Potztausend« vernahmen, und dann sagte Jonas: »Das ist wahrhaftig eine Feier wert, aber selbstverständlich kommt ihr alle zu uns heraus. Die Vorbereitungen sind schon getroffen. Auf zwei mehr kommt es nicht an. Ich freue mich sehr, Chris.«
»Was, noch zwei mehr?«, fragte Tante Hanne sogleich, als Jonas sich wieder zu ihnen gesellte.
»Nur keine Aufregung. Ich habe in der Stadt noch eingekauft. Du brauchst dich nicht abzustrampeln. Und ihr werdet eine hübsche Überraschung erleben«, fuhr er zu Miriam und Carry gewandt, fort.
»Sag doch was, Papi«, bat Carry, aber er lächelte nur. »Dinge gibt es zwischen Himmel und Erde, die man nicht für möglich hält. Na, ihr werdet schon sehen.«
»Sind die alten Andresens etwa auch schon herbeigeeilt, um die neue Liebe von Chris zu beschnuppern?«, fragte Tante Hanne. »Da kann ich nämlich nicht nur ein kaltes Büfett präsentieren. Die essen lieber warm.«
»Nein, Chris bringt nur Freunde mit«, erwiderte Jonas. »Freunde, die ich auch gern kennenlernen möchte.«
»Tu doch nicht so arg geheimnisvoll«, meinte Tante Hanne, die längst neugierig geworden war.
»Wenn ich es verrate, ist es ja keine Überraschung mehr«, meinte Jonas. »Es wird bestimmt ein sehr netter Abend werden.«
Und dann kam auch schon der Lieferant aus der Delikatessenfirma. Tante Hanne schlug die Hände über dem Kopf zusammen.
»Vorgesorgt hast du ja«, meinte sie, »als ob du es geahnt hättest.«
»Aber ich wette, dass deine Köstlichkeiten bevorzugt werden«, sagte Jonas ihr zum Trost.
»Ich freue mich ja, wenn Leben im Hause ist«, sagte sie, und dann gingen sie gemeinsam an die Arbeit, um die Tafel festlich zu decken.
Es machte Spaß, doch Miriam und Carry hatten wirklich keine Ahnung, welche Überraschung sie erleben sollten.
Holger, Wendy und Anja wussten indessen schon aus Chris Andresens Mund, wohin er sie an diesem Abend entführen wollte. Sonst hätten sie die Einladung auch nicht angenommen.
Gestaunt hatten auch sie, wie merkwürdig dieses Zusammentreffen war.
»Jonas hat nicht schlecht gestaunt, als ich ihm sagte, dass Anja Stewardess in der Maschine war, mit der seine Tochter aus Rom gekommen ist«, erklärte er. »Natürlich freut es ihn, die ganze Besatzung kennenzulernen.«
»Außer Conny«, meinte Wendy. »Den werden wir diese Tage kaum noch zu Gesicht bekommen. Fränzi müssen wir auch noch besuchen, bevor sie wieder auf die Reise gehen. Und erfahren darf der hohe Chef auch nicht, dass wir uns verlobt haben, sonst werde ich gleich versetzt.«
»Anja wird sofort kündigen«, sagte Chris energisch.
»Aber die Frist muss ich einhalten«, erklärte sie. »Ganz so einfach ist es doch nicht, Chris.«
»Was, ich soll hier unten auf der Erde hunderttausend Ängste ausstehen, während Ihr da droben herumschwirrt?«
»Genauso viel Angst werde ich auch um dich ausstehen, wenn du mit dem Auto herumrast«, sagte Anja.
»Ich rase nicht. Ich fahre bereits zwölf Jahre unfallfrei.«
»Und doch muss man immer mit der Unzulänglichkeit anderer Verkehrsteilnehmer rechnen«, warf Holger ein. »Das ist auf der Erde noch ein bisschen gefährlicher als in der Luft. Nebel ist auch beim Autofahren gefährlich, und da kann dann noch Glatteis hinzukommen. Ich bin auch schon acht Jahre Pilot, und wie du siehst, lebe ich immer noch.«
»Aber ich weiß, was Jonas für Angst um Carry ausgestanden hat, und er ist wahrhaftig ein gestandener Mann.«
»Reden wir doch von etwas anderem«, sagte Wendy. »Es kommt doch alles so, wie es einem vorausbestimmt ist. Ich kann mich gut an das Mädchen erinnern. Weißt du, Anja, die Ärztin aus Beirut kümmerte sich rührend um sie.«
»Was du nicht alles weißt, Wendy«, staunte Anja. »Hat man ihr den Beruf an der Nase angesehen?«
»Ich habe in die Passagierliste geschaut, weil es mich interessierte, was das für eine Frau ist. Zuerst saß sie stumm da und äußerte nicht einen Wunsch. Nicht mal ihr Essen hat sie angerührt, wie auch das Mädchen nicht. Aber als es gefährlich wurde, hatte ich direkt das Gefühl, als würde sie ihr Leben geben wollen für ihre kleine Nachbarin.«
»Unsere romantische