wissen ja Bescheid, wie man damit umgeht, Molly. Besser als ich. Alle Gespräche werden mitgeschnitten.«
»Ist in Ordnung«, sagte Molly. »Und wenn Frau Attenberg zu sich kommt, rufe ich an.«
*
Ein Fremder rief nicht an, aber Leslie. Molly kannte diesen Namen nicht und war hellwach.
»Ich bin die Geschäftsführerin von Herrn Attenbergs Geschäft«, sagte Leslie beklommen. »Ich wollte fragen, ob Denise inzwischen daheim ist.«
»Nein«, erwiderte Molly, »und Herr Attenberg hatte einen Unfall. Er ist im Krankenhaus.«
»Nein«, schrie Leslie am anderen Ende der Leitung auf. »In welchem Krankenhaus?«
»Das weiß ich nicht. Da müssen Sie sich bei Kommissar Röck erkundigen.«
»Kann ich nicht mit Frau Attenberg sprechen?«
»Nein, das geht auch nicht. Sie hat einen Schock erlitten und ist ohne Bewußtsein.«
Ganz plötzlich wurde der Hörer aufgelegt. Zu plötzlich, wie Molly für sich dachte, aber jetzt kam Gisela langsam zu sich, wohl von dem Läuten des Telefons in die Gegenwart zurückgeholt.
Molly setzte sich zu ihr.
Gisela schlug die Augen auf und schaute verwirrt um sich.
»Molly«, sagte sie stockend.
»Ja, ich bin es. Dr. Norden hat gesagt, daß ich mich um Sie kümmern soll.«
»Denise«, schluchzte Gisela auf. »Was ist mit ihr?«
»Sie wird schon bald heimkommen«, sagte Molly tröstend, weil ihr im Augenblick wirklich nichts anderes einfiel, da sie durch das Telefongespräch ein bißchen durcheinander gebracht worden war.
»Hatte nicht das Telefon geläutet?« fragte Gisela.
»Es war eine Frau Holden. Geschäftsführerin hat sie gesagt.«
»Leslie? O Gott, was ist mit meinem Mann? Er hatte einen Unfall. Molly, ich bin völlig durcheinander. Ich verstehe nichts mehr. Alles kommt zusammen.«
»Ganz ruhig sein, Frau Attenberg«, sagte Molly. »Sie dürfen jetzt nicht die Nerven verlieren. Denise wird gesund heimkommen. Ich fühle es.«
»Sie konnten immer gut trösten, Molly«, sagte Gisela, »aber sagen Sie mir die Wahrheit. Hat niemand angerufen und ein Lösegeld gefordert?«
»Nein. Sie können das Band abhören. Es kam nur der Anruf von Frau Holden.«
»Das Band?« fragte Gisela.
»Der Kommissar hat es angeschlossen.«
»Der Kommissar?« fragte Gisela erregt. »Wer hat die Polizei eingeschaltet?«
»Dr. Norden, und nun schimpfen Sie nicht auf ihn. Er weiß, was er tut, und was richtig ist.«
»Aber wenn Denise ein Leid zugefügt wird, nein, ich will keine Polizei.«
»Die sind gescheiter als wir, Frau Attenberg. Glauben Sie es doch, haben Sie Vertrauen. Denise kommt wieder. Glauben Sie daran.«
Molly konnte predigen und Hoffnung geben. Aber dennoch begann Gisela wieder zu zittern.
»Und mein Mann. Ich muß mit meinem Mann sprechen«, schluchzte sie. »Ich weiß doch gar nichts.«
»Es geht ihm ganz gut«, tröstete Molly, obgleich sie überhaupt nichts wußte. »Ich rufe jetzt Dr. Norden an.«
Sie tat es, während Gisela nun wie versteinert war.
*
»Mein Kind, wo ist mein Kind?« flüsterte Raimund Attenberg, als er aus der Ohnmacht erwachte.
»Was ist mit Ihrem Kind?« fragte der Arzt, der sich zu ihm herabbeugte.
»Meine Tochter ist entführt worden. Ich muß nach Hause. Ich muß zu meiner Frau. Was ist eigentlich mit mir?«
»Sie hatten einen Unfall, Herr Attenberg. Sie können jetzt nicht gleich nach Hause.«
»Ich muß aber.« Er richtete sich auf und stöhnte vor Schmerzen.
»Geben Sie mir eine Spritze, Mann. Tun Sie doch um Himmels willen etwas, und wenn Sie dazu nicht fähig sind, rufen Sie Dr. Norden an.«
»Norden?« fragte der Arzt gedehnt. »Daniel Norden?«
»Ganz recht, Daniel Norden. Er ist unser Hausarzt. Er versteht es, Kranke zu kurieren.«
»Das ist mir bekannt«, sagte der Arzt mit einem feinen Lächeln. Mein Name ist Leibrecht, wenn Sie wollen Prof. Leibrecht, und Daniel Norden kannte ich schon als Studenten. Aber er würde auch nicht gestatten, daß Sie aufstehen, Herr Attenberg.«
»Meine Tochter ist entführt worden, verstehen Sie. Oh, mein Gott, warum mußte mir das passieren! Was wird Gisela so allein nur tun? So helfen Sie mir doch! Stehen Sie nicht herum, Herr Professor.«
Eine Schwester kam herein und flüsterte dem Professor etwas ins Ohr.
»Es ist jemand gekommen, der Sie sprechen will«, sagte Prof. Leibrecht nachdenklich. »Eine Frau Holden.«
»Leslie? Was weiß sie? Herein mit ihr, ich will sie sprechen«, sagte Raimund Attenberg stockend.
»Sie wird von Kommissar Röck begleitet«, fuhr der Professor fort.
»Polizei? Was zum Teufel habe ich denn angerichtet?«
»Nicht viel«, sagte Kommissar Röck mit tiefer Stimme. »Der Kombi war stärker, wenn Sie auch nicht ganz schuldlos waren. Aber ich komme nicht wegen des Unfalls. Herr Professor, darf ich mit Ihrem Patienten sprechen?«
»Er ist schon ganz erstaunlich beieinander«, erwiderte der Professor. »Nur aus dem Bett darf er nicht springen.«
»Dafür werde ich sorgen«, sagte der Kommissar.
»Hilf mir, Rai«, sagte Leslie. »Sie denken, ich habe Denise entführt!«
»So ist es auch nicht«, meinte Kommissar Röck. »Ich bekomme von dieser jungen Frau nur keine klaren Auskünfte. Sagen Sie mir, in welcher Beziehung Sie zueinander stehen?«
»Ich habe Ihnen doch gesagt, daß ich die Geschäftsführerin bin«, sagte Leslie erregt.
»Sie duzen Ihren Chef, und Sie sind sehr besorgt um ihn.«
»Darf ich das nicht? Wir sind gute Freunde. Ich sorge mich nicht nur um ihn, sondern auch um seine Tochter.«
»Habt ihr schon etwas gehört von den Entführern?« fragte Raimund Attenberg.
»Nein«, sagte Kommissar Röck, »aber der Reihe nach. Warum hat Frau Holden das Geschäft verlassen?«
»Weil ich es ihr gesagt habe. Geraten habe ich es ihr«, stieß Raimund hervor. »Sie bekommt ein Baby. Ich wollte sie nicht auch einer Gefahr aussetzen.«
»Wie eng sind Ihre Beziehungen?« fragte der Kommissar. »Ich muß das fragen.«
»Wie eng? Du liebe Güte, eine verrückte Frage. Leslie war mit meinem besten Freund verlobt. Sie wollten heiraten. Er war Berichterstatter für das Fernsehen im Fernen Osten und kam bei einem Fliegerangriff ums Leben. Wir haben uns um sie gekümmert, meine Frau und ich, wenn Sie das bitte zur Kenntnis nehmen möchten, Herr Kommissar.«
»Verzeihen Sie, aber Frau Holden hat mir keine Auskunft gegeben«, sagte Kommissar Röck leise.
»Wollten Sie uns ein Verhältnis unterschieben?« fragte Raimund erbost.
»Ich halte mich grundsätzlich an Tatsachen, aber im Interesse Ihrer Tochter bin ich zu gewissen Überlegungen gekommen. Wir haben Dorle Meißner gefragt. Eine Freundin Ihrer Tochter.«
»Ja, ihre einzige Freundin. Was hat sie gesagt?«
»Sie hat gesehen, daß Ihre Frau Denise zur Schule brachte. Sie sah, wie Denise