Friedrich Schulz

Die Hanse und England von Eduards III. bis auf Heinrichs VIII. Zeit


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hatte29. Auch an dem Tuchexport waren die Hansen stark beteiligt. 1359/60 führten sie aus London 263 Stück Tuch, 2709 Worsteds und 16150 Ellen schmales Tuch und 1360/61 586 Stück Tuch und 2709 Worsteds aus, während die Ausfuhr der englischen Kaufleute in diesem Jahr 432 Stück Tuch und 3852 Worsteds und die der anderen Fremden 528 Stück Tuch und 779 Worsteds betrug. Aus Kingston upon Hull führten die Hansen in den Jahren 1362 bis 1369 durchschnittlich jährlich 430 Stück Tuch, die Engländer 860 und die anderen Fremden 150 aus30.

      Gegenüber dem überlegenen hansischen Handel hatte ein selbständiger englischer Außenhandel einen schweren Stand und konnte sich oft nur mit Mühe behaupten. An einigen Stellen mußten die englischen Kaufleute sogar dem mächtigen Konkurrenten das Feld überlassen.

      Dies war der Fall in Norwegen, wo in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts die wirtschaftliche Vorherrschaft an die Deutschen überging31. Der englische Eigenhandel nach Norwegen verlor seit dieser Zeit jede Bedeutung und kam trotz mehrfacher Anstrengungen der englischen Kaufleute, das verlorene Gebiet wiederzugewinnen, nicht wieder in die Höhe. Nur wenn die norwegischen Könige mit der Hanse brachen, hob sich die Zahl der Engländer, die Bergen aufsuchten32. Als 1368 die hansischen Kaufleute wegen des Krieges ihrer Städte mit Hakon und Waldemar Atterdag Bergen räumen mußten, erschienen sofort wieder die englischen Kaufleute in größerer Zahl in Bergen33. Aber lange dauerte die englische Herrlichkeit nicht. Nachdem die deutschen Städte am 3. August 1369 mit Hakon einen Waffenstillstand geschlossen hatten, gaben sie am Ende des Jahres die Fahrt nach Norwegen wieder frei34. Die hansische Übermacht wurde nun so groß, daß in den nächsten Jahrzehnten der englische Eigenhandel nach Norwegen ganz geruht zu haben scheint. Wenigstens hören wir nichts davon, daß englische Kaufleute Bergen aufsuchten. Erst am Ende des Jahrhunderts wurden die Fahrten englischer Kaufleute nach Norwegen wieder zahlreicher35.

      Auf den Heringsmärkten Schonens hatten die Deutschen von Anfang an eine maßgebende Stellung inne; fremde Konkurrenz ist ihnen hier nie gefährlich geworden, wenn sich auch vlamische, normannische, englische und schottische Händler auf Schonen im 13. und 14. Jahrhundert nachweisen lassen36. Als dann Waldemar Atterdag im Stralsunder Frieden die schonenschen Schlösser den Städten zu fünfzehnjährigem Pfandbesitz überlassen mußte, machten die Städte, um ihr Übergewicht im Heringshandel für immer zu sichern, den Versuch, die fremden Kaufleute ganz aus Schonen zu verdrängen. Gleich nach der Besitzergreifung der Halbinsel durch die Städte wurde den Schotten, Engländern und Walen das Heringsalzen verboten und den Vögten bei einer Strafe von 50 Mark Silber untersagt, Fremde in ihre Fitten aufzunehmen37. Die englischen Kaufleute waren aber nicht gewillt, den hansischen Verordnungen, die eine Unterbindung jedes fremden Handels bedeuteten, Folge zu leisten. Sofort nach ihrem Inkrafttreten veranlaßten sie eine Petition des Parlaments an den König, daß dieser sich bei den Städten für seine bedrängten Untertanen auf Schonen verwenden möchte. Die hansischen Kaufleute in England sollten sich für deren Sicherheit und Freiheit verbürgen. König Eduard versuchte nun durch gütliche Vorstellungen bei den Städten, eine bessere Behandlung seiner Untertanen zu erwirken. Aber vergeblich38. Die Städte kehrten sich an solche Klagen und Bitten nicht. Sie fuhren in ihrer Politik fort. Da noch immer Engländer bei den Vögten auf Schonen lagen, erneuerte 1377 die Johannisversammlung zu Lübeck den Beschluß von 1369. Zwei Jahre später griffen die Städte zu noch schärferen Mitteln. Der Schutz, den bis dahin die städtischen Vögte den Engländern und den andern fremden Kaufleuten hatten angedeihen lassen, wurde aufgehoben. Die Vögte wurden angewiesen, keinen Fremden mehr vor Mord und Totschlag, Diebstahl und Raub zu schützen39. Die Hansen haben zwar durch diese Maßregeln die volle Beseitigung des fremden Handels auf Schonen nicht zu erreichen vermocht, aber dieser blieb so minimal, daß er neben dem ihrigen weiter keine Beachtung verdient. Die englischen Klagen aus den Jahren 1378 und 1388 zeigen deutlich, daß die wenigen englischen Kaufleute sich nur notdürftig neben der hansischen Übermacht auf Schonen halten konnten40.

      In den hansischen Ostseestädten lassen sich Engländer vor der Mitte des 13. Jahrhunderts nicht nachweisen. Im Jahre 1262 sehen wir in Rostock englische Kaufleute mit dortigen Bürgern einen Vertrag über einen Kornhandel abschließen41. Von nun an begegnen wir häufiger englischen Händlern in den wendischen Städten. Der Getreidereichtum der mecklenburgischen und pommerschen Lande zog sie herbei. Besonders wurde Stralsund von ihnen aufgesucht42. Aber einen großen Umfang hatte dieser englische Verkehr sicher nicht. Die Hansestädte hielten es nicht für nötig, gegen die Konkurrenz der englischen Kaufleute besondere Maßregeln zu ergreifen. Diese genossen dieselben Handelsfreiheiten wie die nichteingeborenen hansischen Kaufleute.

      Bei weitem wichtiger als Bergen, Schonen und die wendischen Städte wurde im 14. Jahrhundert für den englischen Handel das Ordensland Preußen. Die Entwicklung enger Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern ist sicher durch die Fahrten englischer Ritter nach Preußen, die dort im Kampfe gegen die Ungläubigen Ruhm und Ehre erwerben wollten, nicht wenig beeinflußt und gefördert worden. Im 14. Jahrhundert finden wir auf den Kriegszügen gegen die Litauer, den sogenannten Reisen, besonders häufig den englischen Adel vertreten. Heinrich IV. z. B. hat als Prinz zweimal Preußen aufgesucht, um an solchen Reisen teilzunehmen43.

      Bis in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts waren die englischen Kaufleute in den Städten des Ordenslandes gern gesehene Gäste. Ihre Stellung war im allgemeinen eine sehr freie. Sie wohnten in den Häusern vornehmer Bürger und betrieben ihre Geschäfte unter deren Schutz. Die Bestimmungen des Gästerechts wurden scheinbar ihnen gegenüber sehr milde gehandhabt. Die englischen Kaufleute verkauften, soviel wir sehen können, ihr Tuch auch im Detail und trieben Handel, mit wem sie wollten44. Die Bewohner der an der Nordsee gelegenen Städte waren in erster Linie an dem Handel mit Preußen beteiligt; wir finden dort Kaufleute aus London, Lynn, York, Norwich, Hull, Bristol, Beverley, Colchester und Boston45.

      In der Mitte der siebziger Jahre trat in dem guten Verhältnis, das bis dahin die Beziehungen der englischen Kaufleute zu Preußen beherrscht hatte, eine Trübung ein. Wir dürfen die veränderte Haltung der Preußen nicht allein auf ihren Wunsch zurückführen, den steigenden Umfang des englischen Verkehrs in ihren Städten einzudämmen. Es ist sicher kein Zufall, daß wir von Beschränkungen des englischen Handels erst hören, als die englischen Kaufleute nach dem Tode Eduards III., wie wir im nächsten Kapitel sehen werden, mit weitgehenden Forderungen hervortraten und dadurch den Streit mit der Hanse herbeiführten. Als Antwort auf die 1378 aufgestellte Forderung, ihnen für immer zuzugestehen, daß sie alle Hansestädte mit ihren Waren frei und ungehindert aufsuchen und untereinander und mit allen fremden Kaufleuten Handel treiben dürften46, mögen die Preußen wohl die strenge Beobachtung des Gästerechts von ihnen verlangt und es für nötig gehalten haben, ihnen die Freiheiten, die sie früher ohne jede Hinderung gebraucht hatten, zu nehmen. Vor allem schritten die städtischen Behörden gegen den Gewandschnitt der englischen Kaufleute ein. 1379 wurden einige von ihnen, die in