Marianne Schwarz

Mami Bestseller Staffel 1 – Familienroman


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auf, hielt dann inne. »Aber warte mal… Vielleicht hat das Nichtkommen deiner Mutter ja auch sein Gutes. Wie spät ist es jetzt? Möglicherweise können wir ja noch einen Flug nach Mailand erreichen. Kümmere dich doch gleich einmal darum, Hanno. Mach es sehr dringend, verstehst du? Ich will unbedingt heute noch nach Mailand. Dann hätte die Sache ja doch noch etwas Positives. Ich zeige dir Mailand und führe dich bei meinen Freunden ein. Los, worauf wartest du noch? Und laß dich nicht abweisen. Es muß einfach möglich sein.«

      Hanno hatte zwar einen etwas bitteren Geschmack im Mund, aber er tat, was Yvonne wünschte. Er war ja so stolz auf seine so tatkräftige, tüchtige Braut, die er bisher absolut vorbehaltlos bewundert hatte.

      Daß er jetzt aber unwillkürlich an diese Gudrun dachte, an die junge Frau, die er bei seiner Mutter kennengelernt hatte, verwunderte ihn selbst. Und er staunte auch über die Frage, die sich ihm in diesem Zusammenhang förmlich aufdrängte, ob nicht vielleicht eine junge Witwe mit zwei kleinen Kindern noch tüchtiger sein mußte.

      *

      Alexander Werth war sehr an dem interessiert, was sein Sohn ihm von dem Besuch bei Dorothee zu berichten hatte. Die beiden Herren saßen beim gemeinsamen sonntäglichen Frühstück, einer der wenigen Gelegenheiten, wo sie sich in dem großen, weitläufigen Haus in Santiago begegneten. Dieses gemeinsame sonntägliche Frühstück war immer schon wichtig gewesen im Hause Werth, wo jeder eigentlich so viele Verpflichtungen hatte, daß man nur wenig Zeit miteinander verbringen konnte. Nun, da die Hausfrau nicht mehr da war, hielten Vater und Sohn sich nach Möglichkeit an die alten Traditionen. Wenn es auch nicht immer klappte.

      Daß es nicht zu der Begegnung zwischen Dorothee und Hannos Braut gekommen war, interessierte Alexander Werth nur am Rande. Dieses neue andere Leben seiner Frau war ihm wichtiger.

      »Du hattest also den Eindruck, daß es ihr wirklich gutgeht, deiner Mutter?« fragte Alexander Werth.

      Hanno nickte. »Ja, diesen Eindruck hatte ich tatsächlich, und ich bin auch sicher, daß ich mich nicht getäuscht habe. Du hättest Mutter nur einmal sehen sollen. In einem ganz einfachen Kleid, ohne eine Spur von Make-up – und trotzdem sah sie glatt zehn Jahre jünger aus. Sie strahlte eine solche Zufriedenheit, ja geradezu Heiterkeit aus… ich habe nur gestaunt.«

      »Und sie wohnt in einem kleinen Einfamilienhaus, sagtest du?«

      »Nun, ganz so klein ist das Haus wohl nicht. Jedenfalls aber sehr hübsch, und mit einem ziemlich großen Garten. Am meisten verwundert hat es mich aber, daß sie nicht allein lebt. Sie hat so etwas wie eine Hausgemeinschaft mit einer jungen Frau und deren zwei kleinen Kindern. Das kleine Mädchen nennt sie Dote und wollte unbedingt mit ihr die Blumen im Garten begießen.«

      »Blumen im Garten«, sagte Alexander Werth träumerisch. »Und ein hübsches kleines Einfamilienhaus… Weißt du, mein Junge, daß das so etwas wie ein Traum von mir ist? Natürlich haben wir hier auch Blumen, in Hülle und Fülle sogar, aber wir haben auch zwei Gärtner. Und ein Haus so groß, daß man sich hier wahrhaftig nicht heimisch fühlen kann. Aber wir brauchen es ja zum Repräsentieren. Und Zeit, um sich in einem gemütlichen Haus mit Garten wohl zu fühlen, hätte ich ohnehin nicht. Der Job hier frißt mich ja förmlich auf. Weißt du, manchmal hätte ich wirklich Lust, alles einfach hinzuschmeißen.«

      »Nun, dann fahre doch zu Mutter«, grinste Hanno. »Hilf ihr beim Blumengießen.«

      Alexander Werth verzog den Mund. »Du hast gut spotten, Junge. So etwas kann ich nicht einmal träumen. Abgesehen davon, daß ich gar nicht weiß, wie deine Mutter mich aufnehmen würde… ich bin doch hier absolut unentbehrlich. Ohne mich ginge in der Firma alles den Bach herunter. Nein, da kann ich mich nicht einfach aus der Verantwortung stehlen.«

      »Sei ehrlich, Vater, du wolltest es auch gar nicht. Es gefällt dir doch, gewissermaßen am Schalthebel der Macht zu sitzen.«

      »Ach, wer weiß, Hanno. Manchmal bin ich mir da gar nicht mehr so sicher. Aber du hast schon recht, man verläßt den Platz nicht, den man sich ja schließlich selbst erobert hat.«

      Ein Diener im weißen Jackett und mit weißen Handschuhen brachte auf einem Silbertablett ein Telefon. »Da ist ein Anruf für Sie, Señor.«

      Alexander Werth nickte und nahm das schnurlose Telefon.

      »Du entschuldigst mich, Vater? Ich habe noch eine Verabredung.« Hanno erhob sich und verließ nach einem zustimmenden Nicken des Vaters die schattige Terrasse, auf der man gefrühstückt hatte.

      *

      »Hier spricht Eva«, sagte eine weiche, sehr sympathische Stimme am anderen Ende der Leitung. »Eva Martinez.«

      Alexander Werth war wirklich überrascht. Eva war einmal seine Privatsekretärin gewesen. Eine äußerst tüchtige Sekretärin. Weder vor ihr noch nach ihr hatte es eine bessere Mitarbeiterin gegeben. Eva war außerdem aber auch sehr hübsch und äußerst liebenswert gewesen, und Alexander hatte mit ihr eine kurze, aber heftige Affäre gehabt. Die einzige Affäre übrigens während seiner Ehe.

      Eva hatte die Beziehung seinerzeit von sich aus beendet, und sie hatte auch die Firma verlassen. Alexander hatte das zwar bedauert, aber er hatte die Entscheidung der jungen Frau respektiert, hatte sie sogar mit einer ganz gewissen Hochachtung zur Kenntnis genommen.

      Das war vor drei Jahren gewesen, und seitdem hatte er nichts mehr von Eva Martinez gehört.

      Nun dieser Anruf. »Ich bin überrascht, Eva«, sagte er. »Aber ich freue mich. Ja, ich freue mich wirklich. Geht es dir gut? Hat dein Anruf einen besonderen Grund? Kann ich etwas für dich tun?«

      »Ich möchte dich sehen, Alexander«, sagte Eva Martinez. »Und zwar möglichst bald. Könntest du es heute noch einrichten?«

      »Bist du in Schwierigkeiten, Eva?«

      »Nein. Nein, so kann man es nicht nennen. Aber trotzdem brauche ich deine Hilfe. Könntest du zu mir kommen? Ich habe außerhalb der Stadt eine kleine Wohnung. Ich lade dich zum Essen ein.«

      »Aber Eva, wir können doch…«

      »Bitte, Alexander, ich habe meine Gründe. Und du wirst sie verstehen, wenn du erst hier bist. Kommst du? Dann notiere dir bitte die Adresse.«

      Alexander Werth machte sich zwar die Notiz, aber er tat es mit innerem Widerstreben. So sehr er Eva Martinez auch gemocht hatte, so hielt er im allgemeinen doch nichts davon, alte Beziehungen wieder aufzunehmen.

      Andererseits mochte er die so dringend vorgebrachte Bitte auch nicht einfach ablehnen. Also wäre ein persönliches Gespräch wohl gut und richtig.

      Evas Wohnung lag in einem Neubauviertel etwas außerhalb der Stadt. Früher hatte sie in einem anderen Stadtteil gelebt, und Alexander Werth hatte nicht gewußt, daß sie überhaupt noch in Santiago war.

      Nun, nachdem die erste Verwunderung sich gelegt hatte, freute er sich sogar auf das Wiedersehen. Eva war eine sehr reizvolle und äußerst liebenswerte Frau, und schließlich war er jetzt ja allein. Er war niemandem mehr Rechenschaft schuldig. Da Eva nun gewissermaßen den ersten Schritt getan hatte… was sprach da eigentlich dagegen, die alte Beziehung wieder aufzunehmen?

      Diese Frage hatte er sich schon auf der Fahrt zu Evas Wohnung gestellt, und nun, da sie ihm die Tür öffnete, fand Alexander, daß das ein ausgezeichneter Gedanke war. Denn die junge Frau war eher noch reizvoller geworden.

      Doch Eva wandte lächelnd den Kopf ab, als er sie zur Begrüßung auf die Wange küssen wollte.

      »Schön, daß du kommen konntest, Alexander.«

      »Du hast es ja auch sehr dringend gemacht, Eva. Hast mir praktisch keine andere Wahl gelassen. Und im übrigen… ich freue mich, dich zu sehen. Das ist überraschend und unerwartet gekommen, aber wirklich, ich freue mich.«

      »Nett, daß du das sagst, Alexander. Komm bitte herein.«

      Sie zögerte etwas in der kleinen, sehr persönlich eingerichteten Diele, sie schien sich dann selbst einen Ruck zu geben und sagte dann entschlossen: »Nein, komm doch bitte erst in dieses Zimmer. Ich will mich nicht erst mit