Marianne Schwarz

Mami Bestseller Staffel 1 – Familienroman


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ich einen mindestens dreistöckigen Whisky. Aber nein, ich sehe die Champagnerflasche. Das ist vielleicht noch besser. Denn ich glaube, wir haben etwas zu feiern. Meine Nicht-Verlobung nämlich. Kommt, ihr beiden, darauf müssen wir anstoßen. Und Rosita«, grinste er, während er schwungvoll die Gläser füllte, »Rosita darf ihr Züngelchen auch einmal ins Glas stecken. Ob es ihr schmeckt oder nicht. Sie war heute hier die wichtigste Person, und aus Dankbarkeit werde ich ihr einen riesengroßen Teddy kaufen.«

      *

      »Das tut mir nun wirklich leid, Hanno«, sagte Dorothee, als ihr Sohn ihr das Champagnerglas reichte. »Das sollte doch ein so glücklicher Tag für dich werden. Und jetzt das. Tut mir wirklich leid.«

      Doch Hanno schüttelte nur den Kopf, ließ sich auch in einen der Sessel fallen. »Es ist wohl ganz gut, daß es so gekommen ist, Mutter. Rechtzeitig genug. Zugegeben, ich wundere mich selbst, daß ich die Sache so leicht nehme, aber wahrscheinlich bin ich durch diesen Auftritt einem viel größeren Fiasko entgangen. Jetzt habe ich nämlich endlich begriffen, wie Yvonne wirklich ist. Und jetzt weiß ich auch, daß sie bestimmt nicht die Frau ist, mit der ich verheiratet sein möchte. Verdammt noch mal, ich war geblendet von so viel Schönheit, von einem solchen Namen. War stolz wie ein Schneekönig, von einer solchen Frau als gut genug betrachtet zu werden. Doch jetzt bin ich endlich erwachsen geworden. Gott sei Dank! Und darauf wollen wir trinken.«

      Er nahm einen kräftigen Schluck, schaute dann tiefsinnig ins Glas und sagte: »Ich bin tatsächlich überhaupt nicht traurig. Bloß erleichtert.«

      Blanka kam und fragte, ob sie das Kind jetzt holen sollte. Rosita war nämlich inzwischen schon auf Dorothees Schoß eingeschlafen. Während die Kinderfrau Rosita behutsam hochnahm und aus dem Raum trug, forderte Dorothee lebhaft: »Jetzt mußt du mir aber alles erzählen, Hanno. Wer ist Rositas Mutter, und warum habt ihr nicht geheiratet? Und warum habe ich überhaupt nichts davon erfahren? Wie konntest du mir so etwas nur verschweigen, Hanno? Insofern bin ich richtig enttäuscht von dir. Aber andererseits – die Kleine ist so süß, da kann ich dir ja nicht böse sein. Da bin ich praktisch von einem Augenblick zum anderen zu einer stolzen, glücklichen Großmutter geworden.«

      Hanno grinste, sagte aber nichts. Blickte nur zu seinem Vater hinüber, der sich sichtlich nicht wohl in seiner Haut fühlte.

      Alexander Werth schien sich mit beiden Händen am Champagnerkelch festzuhalten, ehe er sich schließlich räusperte: »Nun ja, Dorothee, da muß ich wohl einiges klarstellen.«

      Während er noch nach Worten suchte, warf Hanno ein: »Diese Rolle ist mir gar nicht so unsympathisch, Vater. Wenn du willst…«

      »Nein, nein, Hanno, natürlich nicht. Mit meiner unüberlegten Lüge habe ich schon genug angerichtet. Ist mir peinlich genug. Also, Dorothee, ich war ziemlich feige und habe Hanno dadurch in diese unmögliche Situation gebracht. Er ist nämlich keineswegs Rositas Vater.«

      »Ist er nicht?« fragte Dorothee verblüfft. »Ja, was ist er denn?«

      »Ich bin der große Bruder«, grinste Hanno vergnügt. »Rosita ist nämlich mein Schwesterchen.«

      »Dein Schwesterchen?« Dorothee schien überhaupt nicht zu begreifen. Verständnislos blickte sie von ihrem Sohn zu ihrem Mann, und dieser nickte jetzt schuldbewußt.

      »Ja, Dorothee, es ist so. Ich bin der Vater. Rosita ist meine Tochter. Ich weiß das selbst erst seit ganz kurzer Zeit und habe noch nicht gewagt, es dir zu sagen. Ich wollte dich erst irgendwie vorbereiten. Und als ich durch die Unaufmerksamkeit der Kinderfrau so plötzlich in die Situation gedrängt wurde… ja, da kam ich auf den unglückseligen Einfall, Hanno vorzuschieben. Geschieht mir wohl ganz recht, daß ich mich jetzt wie ein begossener Pudel fühle.«

      »Rosita ist deine Tochter?« fragte Dorothee ungläubig, und dann geschah etwas, womit wohl beide Männer nicht gerechnet hatten.

      Dorothee lachte nämlich. Sie lachte laut und so herzlich, daß ihr die Tränen kamen. Und es fiel ihr sehr schwer, sich wieder zu beruhigen.

      »Geschieht mir wohl ganz recht, daß du mich auslachst«, meinte Alexander Werth zerknirscht. »Ich gebe im Augenblick ja wohl auch wirklich eine lächerliche Figur ab. Trotzdem ist mir eine solche Reaktion von dir lieber als… Nun, du hättest ja auch anders reagieren können. Immerhin bist du ja eine betrogene Ehefrau.«

      »Die inzwischen ja längst ihren eigenen Weg gegangen ist«, nickte Dorothee, die nun wieder ernst geworden war. »Da mach dir keine Gedanken, Alexander. Ich werfe dir nichts vor.«

      »Na prima«, meinte Hanno erleichtert. »Ich habe schon immer gewußt, daß du eine kluge Frau bist, Mutter. Aber nun sage mir bloß, warum du so gelacht hast. Denn lächerlich ist diese Geschichte doch eigentlich wirklich nicht.«

      »Da hast du wohl recht, Hanno. Und warum ich unwillkürlich so lachen mußte, das verrate ich euch später mal. Jetzt möchte ich erst mehr über die kleine Rosita erfahren. Lebt sie wirklich ganz bei dir, Alexander? Oder ist sie nur vorübergehend hier? Und magst du mir etwas über ihre Mutter sagen?«

      Alexander Werth war jetzt sehr ernst geworden. »Eva Martinez ist… war Rositas Mutter.« Er mußte sich räuspern, denn seine Stimme klang jetzt sehr belegt.

      »Eva?« rief Dorothee bestürzt. »Sie ist doch jetzt gerade…«

      »Ja, Dorothee, sie ist tödlich verunglückt. Zusammen mit ihrem Mann. Sie hatte mir seinerzeit ihre Schwangerschaft verschwiegen, als sie aus meinem Leben verschwand, und ich habe ihr nie nachgeforscht. Erst unmittelbar vor ihrer Heirat meldete sie sich wieder bei mir, vertraute mir gewissermaßen das Kind an. Es sollte nur vorübergehend sein, und nun… Du hast wohl von dem entsetzlichen Unglück erfahren?«

      »Ja, das habe ich. Und ich war erschüttert. Da wußte ich natürlich noch nichts von dem Kind. Mein Gott, die arme Kleine hat nun keine Mutter mehr.«

      »Aber sie hat ihren Vater«, sagte Alexander Werth fest. »Es ist bereits alles in die Wege geleitet. Rosita wird adoptiert und auch offiziell meine Tochter. Eine so jämmerliche Figur wie vorhin dir gegenüber bin ich nämlich nicht, Dorothee. Rosita ist mein Kind, sie bekommt meinen Namen, und ich werde immer und in jeder Beziehung zu ihr stehen.«

      »Gut so«, nickte Dorothee ernst. »Das gefällt mir, Alexander. Und Eva wird sich sicher auch keine Sorgen gemacht haben, als sie dir das Kind anvertraute.«

      Bitter dachte Dorothee dabei an ihre eigene Erfahrung mit Rufus Toelken. Aber davon erwähnte sie natürlich nichts.

      *

      Dorothee und Alexander Werth frühstückten gemeinsam am nächsten Morgen.

      »Schön«, sagte Alexander. »Wie in alten Zeiten. Das mag ich.«

      Er nahm einen Schluck Kaffee, setzte die Tasse ab und blickte Dorothee ruhig an. »Sag mal, könnte es nicht wieder so sein wie früher?« fragte er. »Du hast mir gefehlt, das gestehe ich ganz offen. Daß du seinerzeit fortgegangen bist – nun, das mußte vielleicht so sein, ich mache dir keinen Vorwurf. So hatten wir beide viel Zeit zum Nachdenken. Aber ich meine, jetzt ist es genug. Unser Zusammensein jetzt hier beweist doch, daß wir uns gut verstehen. Ich finde, du solltest zurückkommen, Dorothee. Dein Platz ist hier.«

      Dorothee ließ sich Zeit mit der Antwort. Nicht, weil diese Antwort nicht schon von vornherein feststand, sie wollte nur sicher sein, die richtigen Worte zu wählen. Sie wollte Alexander nicht verletzen.

      »Du meinst es gut, Alexander«, sagte sie vorsichtig. »Und daß du mir nichts vorwerfen willst, finde ich großzügig. Kein Mann wird ja schließlich gern verlassen. Und doch, Alexander – diesen Schritt damals habe ich ja nicht unüberlegt getan. Ich hatte sehr lange mit mir gerungen, bis mir eindeutig klar war, daß ich so nicht weiterleben konnte und wollte. Du weißt, um was es mir ging. Wir haben seinerzeit ja ausgiebige Diskussionen geführt. Und es hat sich im Grunde überhaupt nichts geändert. Es mag richtig sein, daß wir uns beide irgendwie geändert haben. Diesen Eindruck habe ich allerdings auch. Wir scheinen beide ruhiger und ausgeglichener, vielleicht auch toleranter geworden zu sein. Das ist schön, und ich freue mich darüber. Aber trotzdem… nach Santiago zurückkommen,