Christoph Hülsmann

Initiale Topiks und Foki im gesprochenen Französisch, Spanisch und Italienisch


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      Andererseits basiert die Ebene der Topik-Kommentar-Gliederung auch auf den semantisch orientierten Ansätzen von Reinhart (1981) und Heim (1988). In diesen Modellen entsprechen Topiks file-cards, auf denen die Information, die durch den Kommentar zum Ausdruck kommt, abgelegt wird. Jede indefinite Nominalphrase stellt eine eigene file-card dar, während definite Nominalphrasen oder Proelemente – im Modell von Vallduví (1990) auch links genannt28 – auf bereits vorhandene file-cards verweisen.29 Dieser Ansatz kann auch als Modell der mentalen Speicherung von Information im laufenden Diskurs seitens des Rezipienten verstanden werden.30 (cf. Konerding 2003, 212–213) So reiht sich etwa auch Krifka (2007) in diese Forschungstradition ein, indem er das Topik anhand des common ground (CG) als jene Einheit definiert, unter der die im Kommentar ausgedrückte Information im CG content gespeichert werden soll. (cf. Krifka 2007, 41)

      Eine systematische Analyse der in der Literatur als Topik bezeichneten Elemente nimmt Jacobs (2001) vor. In seinem Beitrag zeigt er, dass die aboutness nur eine von insgesamt vier relevanten Topik-Dimensionen darstellt. Die erste Dimension besteht für den Autor in der informationellen Trennung von Topik und Kommentar. Diese ist in vielen Topikdefinitionen, wie etwa in der von Hockett (1958, 201: „The speaker announces a topic and then says something about it“), bereits impliziert und unterscheidet Topik-Kommentar-Konstruktionen von den bereits erwähnten Anti-Topik-Sätzen wie jenen in (50), die nur einen satzphonologischen stress-Akzent aufweisen.31 (cf. Jacobs 2001, 641–642) Da jedoch Nicht-Argumente, wie etwa das satzinitiale Adverbial in (51), immer informationell vom restlichen Satz getrennt sind, kann die Separation nicht als alleiniges Merkmal von Topik-Kommentar-Konstruktionen angesehen werden. (cf. Jacobs 2001, 646–647)

(50) dt. Die PoliZEI kommt.
(51) dt. Mit SICHerheit wird Peter ZUstimmen. (Jacobs 2001, 646)

      Die zweite Dimension betrifft die Prädikation. Topik-Kommentar-Strukturen zeichnen sich demnach, wie in Satz (52), durch die Präsenz eines semantischen Subjekts (Peter) und eines semantischen Prädikats (schläft) aus. Ersteres ist dabei ein Element der semantischen Valenz von zweiterem. Auf die Präpositionalphrase (PP) in Beispiel (51) trifft dies nicht zu. (cf. Jacobs 2001, 647)

(52) dt. PEter SCHLÄFT. (Jacobs 2001, 647)

      Da nun weder die Separation noch die Prädikation stets aboutness inkludieren, muss eine weitere Dimension angenommen werden, die Jacobs Adressierung nennt. Das erste Element ist demnach jenes, unter dem die Information, die durch die folgenden Elemente zum Ausdruck kommt, abgespeichert wird. (cf. Jacobs 2001, 650)

      Als vierte und letzte Dimension führt Jacobs die Rahmensetzung an. So kann das satzinitiale Element in (53) nicht durch Adressierung erklärt werden. Es setzt vielmehr einen Rahmen, auf den die Aussage des restlichen Satzes beschränkt ist. (cf. Jacobs 2001, 655–656)

(53) dt. Körperlich geht es Peter gut. (Jacobs 2001, 655)

      Diese Art von Topik wird im Allgemeinen als Rahmen(setzungs)topik bezeichnet. Mit der Frage, welche Adverbien als Rahmentopiks in Frage kommen, hat sich Wandruszka (1982) näher auseinandergesetzt. Für ihn muss auch hier die Voraussetzung gegeben sein, dass eine Aussage über die Topikkonstituente (bei Wandruszka Thema) gemacht werden kann. Mit diesem Kriterium fallen bereits manche Adverbien als potenzielle Topiks weg. Während etwa temporale und lokale Konstituenten wie in (54) als (Rahmen-)Topiks fungieren können, ist das bei den Elementen in (55) nicht der Fall. (cf. Wandruszka 1982, 167–168)

(54) dt. Er redet über 1980/heute/damals/hier.
(55) dt. *Er redet über manchmal/häufig/trotzdem/deswegen/wahrscheinlich/leider.32 (Wandruszka 1982, 168)

      Das entscheidende Kriterium für die Topikfähigkeit der Konstituenten ist, so Wandruszka, ihre unabhängige Existenz. Das Denotat des Adverbs muss als solches eindeutig identifizierbar sein, damit das Adverb als Topik fungieren kann. (cf. Wandruszka 1982, 168) Mit diesem Kriterium wiederum korreliert für den Autor die Verwendbarkeit der betreffenden Konstituenten in W-Fragen: „Thema ist das, worüber geredet wird, und geredet werden kann nur darüber, worüber etwas gefragt werden kann. […] Worüber man nichts fragen kann, kann man auch nicht reden.“ (Wandruszka 1982, 168) Während nicht topikfähige Elemente wie manchmal demzufolge nur mit Entscheidungsfragen kompatibel sind (56), können Topiks auch in W-Fragen wie in (57) realisiert werden. (cf. ibid.)

(56) dt. *Was macht Peter manchmal?33
(57) dt. Wie geht es Peter körperlich?

      Die Rahmensetzung in Sätzen wie (58) zeichnet sich insofern durch eine Besonderheit aus, als hier offensichtlich alternative Rahmen eine Rolle spielen. So kann die Antwort der dialogischen Sequenz in (58) implizieren, dass es dem Referenten von John auf anderer, beispielsweise finanzieller Ebene, nicht gut geht. Gäbe es keine alternative Perspektive, wäre – so Krifka (2007, 45–46) – keine Notwendigkeit für ein explizites Rahmensetzungstopik gegeben. In der Antwort in (59) wird der alternative Rahmen in der Folge explizit genannt, wodurch ein overter Kontrast zum ersten Rahmensetzungstopik entsteht. Die beiden Präpositionalphrasen in Krifkas Beispielsatz können demnach als kontrastive Rahmensetzungstopiks analysiert werden.

(58) en. How is John? – HEALTHwise/As for his HEALTH, he is FINE.
(59) en. How is business going for Daimler-Chrysler? – In GERmany the prospects are GOOD, but in AMErica they are losing MOney. (Krifka 2007, 45)

      Eine kontrastive Lesart ist nun nicht nur auf Rahmensetzungstopiks beschränkt. Auch das aboutness-Topik kann, wie etwa in (60), mit einem oder mehreren anderen Elementen in Kontrast stehen.34 Für Jacobs treten die zwei Dimensionen oft gleichzeitig auf. Sowohl die Rahmensetzung als auch die Adressierung führen einen Hintergrund ein, anhand dessen die Äußerung interpretiert werden muss.35 (cf. Jacobs 2001, 656–657)

(60) dt. Anna hat Spätzle gegessen, Paul nur Kuchen.36 (Féry 2010a, 6)

      Jacobs zieht das Fazit, dass eine informationsstrukturelle Analyse von Äußerungen jeweils alle vier Topik-Dimensionen berücksichtigen muss. Je nachdem, wie viele der genannten Eigenschaften ein Satz aufweist, nicht aufweist oder gar ausschließt, kann in der Folge von Topik-Kommentar-Strukturen gesprochen werden, oder auch nicht.37 Anti-Topik-Sätze wiederum können durch negative Werte in den Dimensionen erklärt werden. Tatsächlich könnte man, so der Autor, völlig auf den zu allgemeinen Topikbegriff zugunsten der spezifischeren Termini (Separation, Prädikation, Adressierung, Rahmensetzung) verzichten. (cf. Jacobs 2001, 674–675)

      Tatsache ist, dass in der Literatur trotz der vielfach bemängelten Operabilität auch weiterhin das aboutness-Kriterium oft als alleiniges Definitionskriterium für Topiks herangezogen wird, da es für viele „the core of topicality“ (Frey 2005, 96) darstellt. Casielles-Suárez (1999) zufolge herrscht in der Forschung zumindest Einigkeit darüber, dass dieses Kriterium eine conditio sine qua non für den Topikbegriff ist. Das Topik bildet den Ausgangspunkt für die Äußerung des Sprechers. Es ist meist initial, Subjekt, aktiviert oder salient im Diskurs und wird oft in Form von pronominalen oder nicht akzentuierten lexikalischen Konstituenten realisiert. Zu bestimmen, welche dieser Eigenschaften nötig oder ausreichend sind, um ein Element als