Christoph Hülsmann

Initiale Topiks und Foki im gesprochenen Französisch, Spanisch und Italienisch


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Analyse von Topiks vor. Viele Probleme würden sich nur deshalb stellen, weil man nicht näher auf die syntaktischen Charakteristika der jeweiligen Sprachen achte, also etwa darauf, dass das Spanische eine Nullsubjektsprache ist. Sprachen können sich ja schließlich durchaus darin unterscheiden, wie sie Topiks syntaktisch markieren.38 (cf. Casielles-Suárez 1999, 354)

      Auch wenn aboutness-Testverfahren existieren, die Topikkonstituenten mittels Elementen wie as for, what about und said about zu identifizieren versuchen, ist eine eindeutige Eruierung aufgrund der mangelnden Reliabilität dieser Verfahren schwierig.39 (cf. Casielles-Suárez 1999, 348) Mit besonderer Vorsicht ist der as for-Test anzuwenden, da er einen Satz zur Folge hat, der einer Linksdislokation entspricht, welche selbst Beschränkungen aufweist. So hat as for die Funktion ein Topik (wieder) einzuführen und nicht ein unmittelbar im Diskurs gegebenes Topik direkt wiederaufzunehmen. Aus diesem Grund führt das Testverfahren in (61) zu einem wenig akzeptablen Ergebnis.40 (cf. Reinhart 1981, 64) Als vergleichsweise reliabler gilt das about-Testverfahren. Sätze können nur dann nach diesem Verfahren paraphrasiert werden, wenn die auf about folgende Nominalphrase wie in (62) Topik ist. (cf. Reinhart 1981, 65)

(61) en. Kracauer’s book is probably the most famous ever written on the subject of the cinema. ??As for this book, many more people are familiar with its catchy title than are acquainted with its turgid text. (Reinhart 1981, 64)
(62) en. He said {about/of} the book that many more people are familiar with its catchy title than are acquainted with its turgid text. (Reinhart 1981, 65)

      In der Regel deutlich weniger kontrovers diskutiert als das Topik wird die Kategorie Kommentar, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, dass diese – wie bereits am Anfang des Kapitels erwähnt – meist als komplementärer Teil zum Topik definiert wird. Analog zur Annahme einer Korrelation zwischen Topik und Gegebenheit wurde in anfänglichen informationsstrukturellen Analysen auch ein Zusammenhang zwischen Kommentar und neuer Information postuliert, wie etwa von Daneš (1964, 228): „[A]n utterance may usually be divided into two portions: the theme (or topic), conveying the known (given) elements, and the rheme (or comment), conveying the unknown (not given) elements of an utterance.“ Die Antwort in Beispiel (63) zeigt jedoch, dass der Kommentar auch aus gegebenen, d.h. vorerwähnten Elementen bestehen kann.

(63) dt. Auf dem Tisch liegen so viele Bücher: die Bibel, „Harry Potter und der Halbblutprinz“, „Die Forsyte-Saga“. Was hat Eva gelesen? – Eva hat „Harry Potter und der Halbblutprinz“ gelesen. (Musan 2010, 29)

      Um die in diesem Beispiel aus informationeller Sicht festzustellende Relevanz der Objekt-Nominalphrase adäquat beschreiben zu können, ist eine weitere Kategorie nötig, die im folgenden Kapitel vorgestellt wird.

      2.4 Fokus-Hintergrund-Gliederung

      Neben der Ebene des zum Zeitpunkt der Äußerung bei den Gesprächsteilnehmern vorhandenen bzw. angenommenen Informationsstatus von Referenten und der Topik-Kommentar-Gliederung auf der Ebene des Satzes wird innerhalb der Informationsstruktur eine weitere Dimension angenommen, die einen Satz in Fokus und Hintergrund teilt.

      Erneut sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die einzelnen informationsstrukturellen Ebenen in der Literatur meist nicht ausreichend voneinander abgegrenzt werden, was wiederum eine zum Teil sehr uneinheitlich verwendete Terminologie zur Folge hat. Gundel und Fretheim (2006, 176) etwa arbeiten mit einer Topik-Fokus-Dichotomie, bei der Fokus das bezeichnet, was im vorhergehenden Kapitel Kommentar genannt wurde: „Topic is what the sentence is about; focus is what is predicated about the topic.“ Gleichzeitig werden – wie bereits erwähnt – Topiks häufig mit alter Information gleichgesetzt, während Foki meist als Träger neuer Information gelten. Auf letztere Korrelation weist etwa Halliday (1967b, 205) hin: „The focus of the message […] is that which is represented by the speaker as being new, textually (and situationally) non-derivable information.“

      Die komplexe terminologische Situation rund um den Begriff Fokus ist darüber hinaus auch darauf zurückzuführen, dass dieser von manchen Autoren mit Zusätzen wie psychologisch oder semantisch verwendet wird. Als psychologischen Fokus bezeichnet Gundel (1999, 294) jene Entität, auf der die Aufmerksamkeit der Gesprächspartner aufgrund ihrer zu einem gewissen Diskurszeitpunkt gegebenen Salienz liegt. Wie Casielles-Suárez (2004, 143) anmerkt, handelt es sich hierbei eindeutig um – die im vorhergehenden Kapitel behandelten – Topiks. Um terminologische Konfusionen und Redundanzen zu vermeiden, schlägt sie vor, gänzlich auf den Begriff des psychologischen Fokus zu verzichten.

      Mit einer sehr weiten Fokusdefinition arbeitet Wehr (2011, 190), die Fokus als „concept qui est d’une importance particulière pour le locuteur (ou, selon lui, pour l’interlocuteur)“ beschreibt. Konkreter sowie operabler ist die Definition des semantischen Fokus von Gundel (1999, 295) als „the part of the sentence that answers the relevant wh-question (implicit or explicit) in the particular context in which the sentence is used“. Da (assertive) Äußerungen grundsätzlich dazu dienen, eine Veränderung im common ground der Gesprächspartner herbeizuführen, herrscht heute weitestgehend Übereinstimmung darin, dass jede Äußerung zumindest ein fokales Element beinhaltet.1 (cf. Hedberg 2006, 385) Dass ein Satz nach der Fokusdefinition von Gundel auch mehrere Foki aufweisen kann, illustriert die Antwort in Beispiel (64), in der sowohl Max als auch Moritz als Foki zu interpretieren sind. (cf. Musan 2010, 52)

(64) dt. Wer hat wen beim Schachspielen geschlagen? – Max hat Moritz beim Schachspielen geschlagen. (Musan 2010, 53)

      W-Fragen wie jene in (64) enthalten in der Regel eine Präsupposition, die in der Antwort alter, aktivierter Information entspricht. Auch das gilt in der Literatur als allgemein anerkannt. (cf. Dryer 1996, 486) Lambrecht (1994, 52) etwa definiert die Präsupposition als „[t]he set of propositions lexicogrammatically evoked in a sentence which the speaker assumes the hearer already knows or is ready to take for granted at the time the sentence is uttered“. Mit der Frage in (64) präsupponiert der Sprecher demnach das Wissen des Hörers, dass eine Person eine andere beim Schach geschlagen hat. Anhand der Präsupposition definiert der Autor Fokus komplementär als „the semantic component of a pragmatically structured proposition whereby the assertion differs from the presupposition“. (Lambrecht 1994, 213) Damit bestimmt Lambrecht Fokus zwar auf eine andere Art und Weise als Gundel, nämlich indirekt über die Präsupposition, kommt aber, zumindest was das Beispiel (64) betrifft, zum gleichen Resultat, d.h. zu den gleichen Fokuskonstituenten.2

      Als charakteristische (übereinzelsprachliche) Korrelate für Foki werden neben ihrer Nicht-Gegebenheit auch ihre prosodische Prominenz sowie ihre satzfinale Position gesehen. Wendet man den Fragetest, der bereits in Kapitel 2.2 zur Identifizierung von neuer Information thematisiert wurde, nun zur Ermittlung von fokalen Konstituenten an, zeigt sich, dass sich in (65) der Fokus als auf die W-Frage antwortendes Element (John) tatsächlich mit neuer Information deckt, prosodisch prominent sowie satzfinal ist, während das satzinitiale, nicht prominente Topik (Peter) mit gegebener Information korreliert. (cf. Casielles-Suárez 2004, 127)

(65) en. Who did Peter see? – Peter saw JOHN. (Casielles-Suárez 2004, 127)

      Wiederum schafft der Fragtest offensichtlich einen Kontext, in dem diese Korrelationen auftreten.3 Nicht deckungsgleich mit dem Topik und der gegebenen Information bzw. dem Fokus und der neuen Information sind in (65) hingegen die Kategorien Hintergrund bzw. Kommentar. So umfasst der Hintergrund als komplementäre Kategorie zum Fokus nicht nur Peter, sondern auch das Verb, während sich der Kommentar über die gesamte Verbalphrase erstreckt. Ein Beispielsatz, in dem eine Konstituente – in diesem Fall die Subjekt-Nominalphrase – gleichzeitig Topik, alte Information sowie