Christoph Hülsmann

Initiale Topiks und Foki im gesprochenen Französisch, Spanisch und Italienisch


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seine Äußerung als Topik-Kommentar-Struktur oder als thetischen Satz realisieren und besonders relevante Teile der Äußerung unter Einsatz von prosodischen Mitteln markieren.2 Dadurch kann der Hörer das sprachliche Material besser verarbeiten und die Mitteilungsabsicht des Hörers leichter identifizieren. (cf. Moroni 2010, 32–33) Die Strukturierung von Information dient folglich auch dazu eventuellen Missverständnissen vorzubeugen:

      In order to decrease the chance of misunderstanding, the speaker, in creating the sentence, tailors the form of the sentence to allow the hearer to create the proper context for interpretation with minimal processing effort. For his part, the hearer assumes that the sentence will be tailored in just this way […]. (Van Valin/LaPolla 1997, 199)

      Die drei Dimensionen der Informationsstruktur sind grundsätzlich voneinander unabhängig, auch wenn sprachenspezifisch und sprachenübergreifend durchaus Präferenzen und Restriktionen im Zusammenspiel der Ebenen festzustellen sind.3 (cf. Dufter/Jacob 2009, 5) Die Korrelationen, auf die in der Literatur seit jeher hingewiesen wird, sind jedoch durchaus hinterfragenswert: „[S]uch correlations, instead of being an apriori, still have to be established explicitly, partly on empirical grounds.“4 (Dufter/Jacob 2009, 5–6)

      Darüber hinaus werden nicht nur innerhalb der drei informationsstrukturellen Ebenen Korrelationen postuliert, sondern immer wieder auch zwischen der Informationsstruktur und der Syntax sowie den semantischen Rollen. Für Bech und Eide (2014, 3) ist etwa eine universale Tendenz festzustellen, dass das Subjekt gleichzeitig Topik, Agens und alte Information darstellt, während das Objekt mit den Kategorien (Informations-)Fokus, Patiens und neue Information korreliert.5 Aber auch diese Korrelationen, die zweifelsohne die Komplexität von informationsstrukturellen Analysen ausmachen, sollten keinesfalls dazu verleiten, voreilige Schlüsse zu ziehen. An dieser Stelle sei noch einmal darauf hingewiesen, dass keine 1:1-Entsprechung, d.h. kein direktes Mapping zwischen Informationsstruktur und Grammatik angenommen werden kann. Dies zeigt sich in den Beispielsätzen (105)–(108), in denen eine vergleichbare informationsstrukturelle Gliederung (mit Peter als Fokus) durch höchst unterschiedliche syntaktische Strukturen wiedergegeben wird, sowie in Satz (109), der mit ein- und derselben Form verschiedene Informationsstrukturen aufweisen und daher auf die unterschiedlichen Fragen in (110)–(112) antworten kann. (cf. Molnár 1991, 6–7)

(105) dt. PEter hat einen Wagen gekauft.
(106) dt. Es ist PEter, der einen Wagen gekauft hat.
(107) dt. Derjenige, der einen Wagen gekauft hat, ist PEter.
(108) dt. Der Wagen wurde von PEter gekauft. (Molnár 1991, 6)
(109) dt. Peter hat einen WAgen gekauft.
(110) dt. Was ist passiert?
(111) dt. Was hat Peter gemacht?
(112) dt. Was hat Peter gekauft? (Molnár 1991, 6–7)

      Molnár (1991), die die Informationsstruktur und die Grammatik als autonome, aber gleichzeitig interdependente Module sieht6, unterstreicht die Relevanz einer systematischen Herangehensweise bei der Erforschung von Informationsstruktur und ihren Schnittstellen:

      Die modulare Beschreibung der Beziehung zwischen Grammatik und Pragmatik bedeutet, dass die relevanten grammatischen und pragmatischen Faktoren primär innerhalb der Module, als das Resultat des Zusammenwirkens der Teilbereiche des jeweiligen Moduls, charakterisiert werden sollen. Erst nach ihrer Integrierung – entweder in die Sphäre der Grammatik oder in die der Pragmatik – sollen die einzelnen Phänomene zu dem anderen Modul in Beziehung gesetzt werden. (Molnár 1991, 7)

      Die Beobachtung etwa, dass Einheiten, die gegebene Information kodieren, meist gleichzeitig den Hintergrund bilden, während neue Information sehr oft dem Fokus entspricht, lässt sich pragmatisch mit dem Kommunikationsprozess erklären, in dem der Sender die für den Empfänger neuen Elemente als relevanten Teil formuliert, während das, was dem Empfänger bereits bekannt ist, in erster Linie die Kohärenz und Konnektivität der Äußerung sichert und damit den nötigen Hintergrund für die Informationsverarbeitung bildet.7 (cf. Molnár 1993, 170) In machen Ansätzen, wie etwa in jenem von Steube et al. (2004), werden dementsprechend mit der Topik-Kommentar- und der Fokus-Hintergrund-Gliederung oft nur zwei Dimensionen der Informationsstruktur angenommen, wobei der Fokus generell neuer Information (auf Satz- und Diskursebene) entspricht. (cf. Steube et al. 2004, 15)

      Aber auch die Annahme dieser beiden Ebenen ist für manche Autoren nicht ökonomisch genug.8 Vallduví (1990) weist darauf hin, dass ein Modell, das sowohl eine Topik-Kommentar-Gliederung als auch eine Fokus-Hintergrund-Gliederung postuliert, insofern eine gewisse Redundanz aufweist, als etwa das Verb, wie beispielsweise im Modell von Dahl (1974), oft gleichzeitig als Teil des Hintergrunds und des Kommentars analysiert werden muss. (cf. Vallduví 1990, 55)

      Abb. 7: Informationsstrukturelle Gliederung nach Dahl (1974, 2)

      Vallduvís eigenes Modell basiert auf vier Kategorien. Zunächst lässt sich ein Satz in die Einheiten focus und ground segmentieren. Den ground unterteilt der Autor wiederum in die Einheiten link und tail. Die Kategorie Kommentar ist in diesem Modell überflüssig. (cf. Vallduví 1990, 57)

      Abb. 8: Informationsstrukturelle Gliederung nach Vallduví (1990, 57)

      Sätze können laut Vallduví nun die Kombinationen link-focus (113), link-focus-tail (114) und focus-tail (115) aufweisen, aber auch keinen ground beinhalten und damit als all-focus-Sätze (116) analysiert werden. (cf. Vallduví 1990, 61–62)

(113) en. The boss [CALLED]F.
(114) en. The boss [HATES]F broccoli.
(115) en. (I can’t believe this! The boss is going crazy!) [BROCCOLI]F he wants now.
(116) en. [The BOSS called]F. (Vallduví 1990, 62–65)

      Focus definiert Vallduví als den einzigen informativen Teil der Äußerung. Es handelt sich dabei um jenen Teil, der die eigentliche Information enkodiert und der infolgedessen nicht unrealisiert bleiben kann. (cf. Vallduví 1990, 57) Der ground entspricht einerseits insofern dem Hintergrund, als er den bzw. die komplementäre(n) Teil(e) zum focus darstellt. Andererseits beinhaltet er auch Aspekte des Topiks, da er den passenden Eingang der Information unter Berücksichtigung des Wissensstandes des Hörers garantiert. Nimmt ein Sprecher an, dass ein Hörer in der Lage ist, die Information selbst „richtig“ einzuordnen, kann der ground auch unrealisiert bleiben. Die Differenzierung des ground in link und tail nimmt Vallduví vor, da diese Elemente unterschiedliche Funktionen ausüben. (cf. Vallduví 1990, 58) Der link ist für den Autor ein „topikartiges“ Element, das in satzinitialer Position auftaucht.9 Seine Funktion besteht – wie auch im file-card-Modell von Reinhart (1981) – darin, als „address pointer“ den Hörer dorthin zu führen, wo die Information abgespeichert werden soll. Damit inkludiert der link auch das Konzept der aboutness. Multiple links in einem Satz sind Vallduví zufolge möglich,