Christoph Hülsmann

Initiale Topiks und Foki im gesprochenen Französisch, Spanisch und Italienisch


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werden kann, ist in der Sequenz (66) angeführt. (cf. Hinterwimmer 2011, 1876)

(66) en. Tell me something about John. – [John] [married BERTHA]. (Hinterwimmer 2011, 1876)

      Zieht man jedoch weitere Belege heran, zeigt sich schnell, dass diese Korrelationen nicht immer zwingend zu beobachten sind. Dass auch gegebene Konstituenten einen fokalen Status aufweisen können, zeigt die mögliche Verwendung von Pro-Formen wie him in Satz (67). (cf. Krifka 2007, 39) Als weiteres Beispiel kann der Satz in (68) angeführt werden, in dem zwei Konstituenten (Felix, himself) denselben Referenten aufweisen, der einmal gegebene Information (Felix) und einmal – als Antwort auf die W-Frage – neue Information (himself) darstellt. Hielte man sich nun an die in Kapitel 2.2 präsentierten Definitionen von alter und neuer Information nach Chafe, ergäbe sich folgendes Problem: „So it turns out […] that this person is simultaneously in and not in the participants immediate awareness or general consciousness, which is a plain contradiction.“ (Reinhart 1981, 72)

(67) en. Mary only saw HIM. (Krifka 2007, 39)
(68) en. Who did Felix praise? – Felix praised HIMSELF. (Reinhart 1981, 72)

      Die Notwendigkeit einer Differenzierung des Begriffs neu wurde bereits von Daneš (1974, 111) erkannt: „[T]he property of being new has two, independent, aspects: (1) ‚new‘ in the sense of ‚not mentioned in the preceding context‘, (2) in the sense ‚related as Rheme to a Theme to which it has not yet been related‘.“4 Das Pronomen in (67) kann demnach auf eine Entität verweisen, die bereits diskursalt ist, auf der Ebene des Satzes gleichzeitig jedoch insofern neue, d.h. fokale Information darstellen, als es der Antwort auf eine W-Frage dient. Gleiches gilt für die Antwort in Satz (68), in dem Felix aktivierter Information entspricht, himself hingegen neuer Information als Antwort auf die W-Frage. Wie auch Casielles-Suárez (2004, 130) betont, spricht infolgedessen nichts dagegen, die Pronomen in Kontexten wie diesem als Foki zu analysieren.5

      Foki treten auch nicht immer satzfinal auf, wie etwa der englische Beispielsatz in (69) illustriert, in dem die Fokuskonstituente – der rigiden (syntaktischen) Wortfolge des Englischen entsprechend – satzinitial realisiert wird. (cf. Casielles-Suárez 2004, 132) Gleichzeitig zeigt der Satz, dass Fokus ebenso wenig wie Topik an eine bestimmte grammatische Kategorie gebunden ist und damit durchaus auch als Subjekt erscheinen kann.6 (cf. Casielles-Suárez 2004, 149)

(69) en. Who called you this morning? – MARK called me. (Casielles-Suárez 2004, 132)

      Nicht gänzlich unumstritten ist die Frage der obligatorischen prosodischen Prominenz von Fokuselementen. Ein Argument gegen den systematischen Zusammenhang von Fokus und Akzentuierung sieht Casielles-Suárez in der Beobachtung, dass W-Wörter nicht akzentuiert, ihr zufolge aber Foki sind.7 Satz (70) zeigt zudem, dass auch nicht fokale Elemente wie der Infinitiv buy akzentuiert werden können. (cf. Casielles-Suárez 2004, 129) Darüber hinaus ist festzuhalten, dass nicht immer alle informativen Teile einer Äußerung auch tatsächlich jeweils einen eigenen Akzent aufweisen. In (71) etwa ist das Verb des Deklarativsatzes nicht akzentuiert, obwohl es in der Antwort auf die W-Frage zweifellos zusammen mit der Objekt-Nominalphrase den Fokus bildet. (cf. Casielles-Suárez 2004, 128)

(70) en. What did you BUY? (Casielles-Suárez 2004, 129)
(71) en. What did Mary do? – She cooked LASAGNA. (Casielles-Suárez 2004, 128)

      In syntaxzentrierten Ansätzen wird in diesem Zusammenhang davon ausgegangen, dass das Fokusmerkmal von Konstituenten durch Projektion an andere Konstituenten weitergegeben werden kann. (cf. Meibauer 2008, 151) Üblicherweise wird die Möglichkeit der Fokusprojektion mithilfe von Frage-Antwort-Paaren ermittelt. (cf. Hetland/Molnár 2001, 620) Um in (71) auch das Verb als Fokus analysieren zu können, wird eine Fokusprojektion ausgehend von der fokalen Nominalphrase hin zum Verb angenommen. Das Gleiche gilt für den Satz (72), der – aufgrund der im Englischen als unmarkiert geltenden prosodischen Prominenz der finalen Konstituente – gleichermaßen eine Antwortmöglichkeit auf die Fragen in (73)–(75) darstellt und damit je nach Kontext mehrere oder wenigere fokale Elemente beinhaltet.8 (cf. Casielles-Suárez 2004, 138)

(72) en. Laurie followed Ralph into the BEDROOM.
(73) en. Where did Laurie follow Ralph?
(74) en. What did Laurie do?
(75) en. What happened? (Casielles-Suárez 2004, 138)

      Umfasst der Fokus wie in (72) als Antwort auf die Frage (73) nur ein Element, wird dieses meist als enger Fokus bezeichnet. Sind mehrere oder sämtliche Bestandteile eines Satzes fokalisiert, wird in der Regel von einem weiten Fokus gesprochen.9 Befindet sich der Fokus im Satz nicht so weit rechts wie möglich, wie etwa in (76), kann es sich – so die allgemeine Auffassung – nur um einen engen Fokus handeln, da man annimmt, dass diese Foki aufgrund ihrer syntaktischen Position keine Fokusprojektion ausüben können.10 (cf. Casielles-Suárez 2004, 163)

(76) en. Laurie followed RALPH into the bedroom. (Casielles-Suárez 2004, 163)

      Während die Unterscheidung zwischen engem und weitem Fokus in der Literatur als weitestgehend akzeptiert gelten kann, ist für einige Autoren die Definition von Fokus als der auf die W-Frage antwortende Teil einer Aussage insofern nicht präzise genug, als damit bestimmte Subtypen von Fokuskonstruktionen nicht adäquat erklärt werden können.

      Mit einer Fokusdefinition, die auf einem zusätzlichen Kriterium auf paradigmatischer Ebene basiert, arbeitet unter anderem Féry (2010a). Die Autorin definiert Fokus einerseits als jenes Element des Diskurses, das die relevante Information hinsichtlich des common ground (CG) liefert. Im Gegensatz zum engen Fokus werden bei einem weiten Fokus sämtliche Elemente zum Zeitpunkt der Äußerung neu eingeführt. Hier existiert kein CG, sondern ein informationelles Vakuum. Gleichzeitig bringt Féry den Begriff Fokus aber auch, in Anlehnung an Rooth (1985), mit potenziellen Alternativen in Verbindung: „Der fokussierte Teil des Satzes identifiziert ein Element einer Alternativmenge, und signalisiert, dass der Rest des Satzes für dieses Element zutrifft.“11 (Féry 2010a, 3) Auch Peeters (1999) sieht den realisierten Fokus als das Resultat einer Selektion. Diese ist für ihn Grundlage einer negativen Bedeutungskonstitution: „[L]e sens se définit négativement et relativement par rapport aux autres sens virtuels en les excluant de facto.“12 (Peeters 1999, 46)

      Heute herrscht Uneinigkeit darüber, ob eine vereinheitlichte Definition von Fokus als Alternativen aufzeigendes und als auf W-Fragen antwortendes Element angenommen werden soll oder ob die beiden Eigenschaften strikt voneinander zu trennen sind. (cf. Hartmann/Winkler 2013, 3) Meist werden in der Literatur zwei Subtypen von Fokus unterschieden. So wird neben dem bereits erwähnten auf eine W-Frage antwortenden engen oder weiten Fokus, der auch als Informationsfokus (cf. Kiss 1998), vervollständigender Fokus (cf. Dik et al. 1981) oder neutraler Fokus (cf. Bolkestein 1993, 346) bezeichnet wird, nach dem Kriterium des Alternativausschlusses ein kontrastiver Fokus oder auch identificational focus (cf. Kiss 1998) angenommen. Kiss (1998, 248) differenziert die zwei Fokustypen aufgrund unterschiedlicher semantischer und syntaktischer Eigenschaften:

      1 Identificational focus drückt exhaustive Identifikation aus13, Informationsfokus markiert hingegen