Christoph Hülsmann

Initiale Topiks und Foki im gesprochenen Französisch, Spanisch und Italienisch


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Informationsfokus kann jede Art von Konstituente fungieren. Gewisse Konstituenten wie universale Quantifizierer, Phrasen mit Fokuspartikeln wie en. also und even können hingegen keinen identificational focus bilden.

      3 Der identificational focus hat Skopus, Informationsfokus nicht.

      Dik et al. (1981) führen weitere Subtypen des kontrastiven Fokus nach den jeweiligen Funktionen im konkreten Kontext an. Das folgende Schema sowie die Beispielsätze stammen aus ihrem Beitrag.

      Abb. 6: Funktionen von Fokus nach Dik et al. (1981), zit. n. Meibauer (2008, 154)

(77) en. What did John buy? – John bought COFFEE. (vervollständigend)14
(78) en. Did John buy coffee or rice? – He bought COFFEE. (selektiv)
(79) en. John went to London. – No, he didn’t go to LONDON, he went to NEW YORK. (ersetzend)
(80) en. John bought coffee. – John not only bought COFFEE, he also bought RICE. (erweiternd)
(81) en. John bought coffee and rice. – No, he didn’t buy RICE, he only bought COFFEE. (einschränkend)
(82) en. JOHN bought a BIKE, but PETER a CAR. (parallel) (Dik et al. 1981, 59–68)

      Auch an dieser Stelle manifestiert sich die uneinheitliche Terminologie innerhalb des Gegenstandbereiches der Informationsstruktur. Während der parallele Fokus bei Dik et al. etwa nur eine von mehreren Untergruppen darstellt, verwendet Féry (2010a, 4) den Begriff als Hyperonym für Kontrastiv‑, Selektiv‑, Alternativ- und Korrektivfokus. Gibt es wie in (78) nur eine einzige Alternative zum Fokuselement, ist es Krifka (2007, 32–33) zufolge zwar verlockend, von kontrastivem Fokus zu sprechen, da der Fokus aber nicht unbedingt kontrastiver als jener der Antwort auf die allgemeinere Frage (77) zu sein scheint, bevorzugt der Autor in diesen Fällen die Unterscheidung zwischen geschlossenen und offenen Alternativen, d.h. zwischen geschlossenem und offenem Fokus.

      Der bislang am wenigsten verstandene Fokussubtyp ist für Krifka (2007, 24) der parallele Fokus. Dik et al. (1981, 67) sehen den grundlegenden Unterschied zwischen dem parallelen Fokus und den anderen Subtypen des kontrastiven Fokus darin, dass es beim parallelen Fokus nicht um das Spannungsverhältnis zwischen den Annahmen des Sprechers und den Präsuppositionen des Hörers geht, sondern vielmehr um den Kontrast, der innerhalb der Prädikation selbst ausgedrückt wird.

      Für Musan (2010) wiederum ist klar, dass eine Fokusdefinition, der zufolge Fokus die Anwesenheit von Alternativen aufzeigt, impliziert, dass das Topik jeder Teilantwort zugleich Fokus ist, und zwar ungeachtet dessen, dass die zwei Begriffe oft – wie bereits erwähnt – als Gegensatzpaar gesehen werden.15 So sind in (82) nicht nur die auf die W-Frage antwortenden und Alternativen ausschließenden Konstituenten bike und car Fokus, sondern auch die Topikkonstituenten John und Peter, die ihrerseits Alternativen ausschließen. Derartige kontrastive Topiks sind der Autorin zufolge also Topiks und Foki zugleich.16 Das gilt auch für Subtopiks, die wie jenes in (83) offensichtlich nicht exhaustiv sind und damit auf weitere Alternativen verweisen. (cf. Musan 2010, 63)

(83) dt. Was haben deine Gäste mitgebracht? – [[Kim]F]T [hat [Muffins]F mitgebracht]K.17 (Musan 2010, 63)

      Neben dem (engen bzw. weiten) Informationsfokus und dem kontrastiven Fokus werden innerhalb der Informationsstruktur noch weitere Arten von Foki unterschieden. Im Falle des vor allem aus semantischer Sicht relevanten Verum-Fokus liegt der Fokus auf dem Wahrheitswert der Aussage. Im Deutschen kann er nicht nur durch finite Verben wie in (84), sondern auch mithilfe von (meist inhaltsarmen) nebensatzeinleitenden Partikeln wie ob und dass (85) markiert werden. (cf. Musan 2010, 51–52) Wie Satz (86) zeigt, eignen sich auch Auxiliare zum Ausdruck eines Verum-Fokus, wobei ihre prosodische Prominenz oft eine weitere Lesart eröffnet.18 (cf. Musan 2010, 51)

(84) dt. Ich habe geträumt, dass die Sitzung ausfällt. – Aber die Sitzung FÄLLT aus.
(85) dt. Hans meint, das Buch sei möglicherweise ausgeliehen. – Nicht nur möglicherweise, ich weiß, DASS das Buch ausgeliehen ist. (Musan 2010, 51)
(86) dt. Der hungrige Hai HAT vor dem Wrack drei Heringe verspeist.
(i) ‚das ist die Wahrheit‘
(ii) ‚er ist jetzt nicht mehr dabei, das zu tun‘ (Musan 2010, 51)

      Für Féry (2010a, 5) stellt der Verum-Fokus allerdings keinen eigenen Fokustyp dar, sondern einen speziellen Fall des engen Fokus, bei dem der affirmative Teil einer Aussage fokalisiert wird. In diesen Konstruktionen müssen, wie auch die hier angeführten Beispiele illustrieren, alle anderen Konstituenten gegeben und deakzentuiert sein, da jeder weitere Akzent die illokutionäre Funktion des Satzes zunichtemachen würde.

      Unter dem Begriff Assoziation mit Fokus werden in der Regel all jene Konstruktionen subsumiert, in denen ein fokaler Ausdruck mit einer Fokuspartikel verbunden ist. Das akzentuierte Element verhält sich dabei wie ein enger Fokus, der durch die jeweilige Partikel, die meist eine additive, restriktive oder skalare Bedeutung aufweist, weiter eingeschränkt wird. (cf. Féry 2010a, 4–5) Mithilfe von restriktiven Partikeln wie nur (en. only) gibt der Sprecher dem Hörer zu verstehen, dass es über den Fokusreferenten hinaus keine weiteren Alternativen gibt, die zu einer wahren Assertion führen. Additive Partikeln wie auch (en. also) hingegen drücken die Präsupposition aus, dass die Assertion zusätzliche Alternativen aufweist. Skalare Partikeln wie sogar (en. even) schließlich präsupponieren, dass die Denotation der Fokuskonstituente im Vergleich zu den Alternativen extrem ist.19 (cf. Krifka 2007, 25) Ein zentraler Unterschied zu Sätzen ohne fokussensitive Partikeln besteht nun darin, dass diese Konstruktionen den Wahrheitsgehalt von Sätzen verändern, sodass die Äußerungen (87) und (88) nicht in allen Kontexten austauschbar sind.20 (cf. Féry 2010a, 4)

(87) dt. Marianne hat auch ihrer TOCHTER Eis gegeben.
(88) dt. Marianne hat auch ihrer Tochter EIS gegeben. (Féry 2010a, 4)

      Eine Auswirkung auf den Wahrheitsgehalt von Aussagen wird auch bei Negationen wie jener in (89) angenommen.21 (cf. Krifka 2007, 26) Werden Negationen mit quantifizierten Topiks kombiniert, ergeben sich je nach Akzentuierung in diesen Fällen – wie in (90) bzw. (91) – unterschiedliche Lesarten. (cf. Reich 2012, 411–412)

(89) en. Not BILL stole the cookie, but JOHN.22 (Krifka 2007, 26)
(90) en. All of my friends didn’t COME. (‚Niemand ist gekommen‘)
(91) en. ALL of my friends DIDn’t come. (‚Nicht alle sind gekommen‘) (Reich 2012, 411)

      Die Feststellung,