Christoph Hülsmann

Initiale Topiks und Foki im gesprochenen Französisch, Spanisch und Italienisch


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as required (for the current purposes of the exchange).

       Q2: Do not make your contribution more informative than is required.

      Anhand der Grice’schen Submaximen kann nach Gundel et al. die Wahl der jeweiligen Verweisformen erläutert werden. So impliziert etwa die Realisierung eines unbestimmten Artikels nach Q1, dass der Hörer den Referenten nicht eindeutig identifizieren kann. (cf. Gundel et al. 1993, 296) Die Tatsache, dass nach einer Analyse der Autoren 85 % der vollen Nominalphrasen, deren Referenten zumindest familiar waren, sowohl im Englischen als auch im Spanischen mit dem bestimmten Artikel eingeführt wurden, obwohl auch ein Demonstrativbegleiter als die „stärkere“ Form möglich gewesen wäre, könne durch Q2 erklärt werden.22 (cf. Gundel et al. 1993, 299–300)

      Die Autoren listen in ihrem Beitrag die Korrelationen zwischen kognitivem Status und Verweisform auch für weitere Sprachen auf. Anders als für das Englische nehmen sie beim Spanischen nicht sechs, sondern nur fünf Status an, da in dieser Sprache die Kategorien referential und type identifiable ihnen zufolge zusammenfallen. (cf. Gundel et al. 1993, 283–284) Die Referenten von Nullpronomen sind im Spanischen für die Autoren in focus, jene von overten Pronomen (sowohl Personal- als auch Demonstrativpronomen) zumindest activated. Die Referenten jener Substantive, die mit den Determinierern ese/esa kombiniert werden, sind zumindest familiar, jene mit den bestimmten Artikeln el/la zumindest uniquely identifiable und schließlich jene mit den unbestimmten Artikeln un/una zumindest type identifiable. (cf. Gundel et al. 1993, 292) Die Tabelle 1 bietet einen Überblick über die Korrelationen.23

in focus activated familiar uniquely identifiable referential type identifiable
Englisch it HE, this, that, this N that N the N this N a N
Spanisch Ø, él ÉL, éste, ése, aquél, este N ese N, aquel N el N Ø N, un N

      Tab. 1: Givenness hierarchy für das Englische und Spanische (Gundel et al. 1993, 284)

      Einen vor allem aus terminologischer Sicht alternativen Zugang zur Dimension des Informationsstatus von Referenten wählt Krifka (2007). Er geht, in Anlehnung an Stalnaker (1974), von einer gemeinsamen Basis zwischen Sprecher und Hörer, dem common ground (CG), aus, der im Laufe einer Kommunikation ständig modifiziert wird. (cf. Krifka 2007, 15–16) Givenness zeigt Krifka zufolge an, ob – und wenn ja bis zu welchem Grad – die Denotation eines Ausdrucks im CG präsent ist oder nicht. Auch für ihn lässt die Verwendung bestimmter Formen Rückschlüsse auf den Informationsstatus der Referenten zu. Üblicherweise geben Klitika und (Personal- und Demonstrativ-)Pronomen an, dass die Denotation im unmittelbaren CG gegeben ist, definite Artikel können auch anzeigen, ob eine Denotation im generellen CG gegeben ist.24 Unbestimmte Artikel hingegen weisen auf eine Nicht-Gegebenheit des Referenten hin. Dabei ist – wie auch von Gundel et al. (1993) postuliert wurde – die grundsätzliche Tendenz feststellbar, einfachere anaphorische Ausdrücke zu wählen, um sich auf salientere Denotate zu beziehen. (cf. Krifka 2007, 37–38) Neben dem Einsatz von anaphorischen Elementen verfügen Sprecher über weitere Möglichkeiten givenness anzuzeigen. Gegebenes kann deakzentuiert (25) oder ausgelassen (26) werden. Auch syntaktische Mittel stehen dem Sprecher – vor allem in Sprachen mit freier Wortstellung – zur Verfügung. Aber auch im Englischen wird etwa in ditransitiven Konstruktionen wie jenen in (27) das gegebene Objekt in der Regel vor dem neuen realisiert.25 (cf. Krifka 2007, 38–39)

(25) en. Ten years after John inherited an old farm, he SOLD [the shed]geg.
(26) en. Bill went to Greenland, and Mary did _ too.
(27) en. Bill showed the boy a girl. / *Bill showed a boy the girl. / Bill showed the girl to a boy. (Krifka 2007, 38)

      Den common ground differenziert Krifka weiter in CG content und CG management. Unter den CG content fällt für den Autor alles, was im Laufe des Diskurses explizit oder implizit eingeführt wurde sowie ein „set of propositions that is presumed to be mutually accepted“ (Krifka 2007, 16–17). Der Autor schlägt nun vor jene Aspekte, die Auswirkungen auf den Wahrheitsgehalt einer Aussage haben, dem CG content zuzuordnen. Die pragmatischen Aspekte, die kommunikativen Interessen und Ziele der Sprecher hingegen subsumiert Krifka unter dem CG management. Auf dieser Ebene gehe es vor allem um die Frage, wie sich der CG im Laufe eines Gesprächs weiterentwickeln soll. (cf. Krifka 2007, 17)

      Diese Unterscheidung zwischen einer semantischen und einer pragmatischen Komponente des CG ist vor allem für die Begriffe Topik und Fokus relevant. Ersterer wird im folgenden Kapitel zur Topik-Kommentar-Gliederung behandelt. Die Fokus-Hintergrund-Gliederung wird in Kapitel 2.4 näher beschrieben.

      2.3 Topik-Kommentar-Gliederung

      Die Termini Topik bzw. Thema wurden im Zuge der Beschäftigung mit Informationsstruktur zum Teil sehr unterschiedlich definiert.1 Ein Hauptgrund dafür liegt in der Tatsache, dass die Topik-Kommentar-Gliederung, wie in diesem Kapitel gezeigt werden soll, oft nicht ausreichend von den weiteren Dimensionen der Informationsstruktur, aber auch von anderen sprachlichen Ebenen abgegrenzt wurde.2

      Heute versteht man unter den Begriffen Topik und Kommentar (en. topic/comment) auf der Ebene des Satzes üblicherweise die Unterscheidung zwischen jenem Element, über das etwas ausgesagt wird (Topik), und dem Teil, der die Aussage bildet (Kommentar). (cf. Musan 2010, 25) Das komplementäre Begriffspaar geht auf Hockett (1958, 201) zurück, der damit prädikative Strukturen beschreibt: „The most general characterization of predicative constructions is suggested by the terms ‚topic‘ and ‚comment‘ for their I[mmediate] C[onstituent]s3: the speaker announces a topic and then says something about it.“ Eine etwas spezifischere pragmatische Definition von Topik findet sich bei Gundel (1988b, 210): „An entity, E, is the topic of a sentence, S, iff in using S the speaker intends to increase the addressee’s knowledge about, request information about, or otherwise get the addressee to act with respect to E.“ Den Kommentar definiert die Autorin anhand des Topiks wie folgt: „A predication, P, is the comment of a sentence, S, iff, in using S the speaker intends P to be assessed relative to the topic of S.“ (Gundel 1988b, 210)

      Bezieht man sich auf größere Einheiten als Sätze, wird – in Anlehnung an Barnes (1985) – meist der Begriff Diskurstopik verwendet. (cf. Stark 1997, 39) „A D[iscourse] T[opic] is, roughly, that thing which a segment of discourse larger than the sentence is about, i.e. about which it supplies information.“4 (Barnes 1985, 28) Wird ein Diskurstopik sprachlich realisiert, kann es gleichzeitig die Rolle des Satztopiks einnehmen. Darüber hinaus können aber auch außersprachliche Sachverhalte als Diskurstopiks fungieren. (cf. Stark 1997, 40)

      Als prototypische Topikkonstituenten5 gelten im Allgemeinen Nominalphrasen (NP). (cf. Molnár 1991, 193) Eine generelle Übereinstimmung herrscht darin, dass die Referenzialität von Konstituenten eine notwendige Voraussetzung für ihren Status als Topik ist.6 (cf. Gundel/Fretheim 2006, 187) Quantifizierte Konstituenten mit der Bedeutung ‚ein nicht spezifisches x‘, ‚jedes x‘ oder ‚kein x‘ gelten als nicht topikfähige Elemente, wie Jacobs (2001, 652) anhand des Beispiels (28) illustriert. Allquantifizierte nominale Ausdrücke, die wie in (29)