des Abkommens gelang es den israelischen Wissenschaftlern Yechiel Gaoni und Raphael Mechoulam die chemische Struktur des Hauptcannabinoids, das THC, aufzuklären. Bereits 1 Jahre vorher war ebenfalls R. Mechoulam bereits dasselbe mit Cannabidiol (CBD) gelungen.
Ein weiterer Meilenstein in der Cannabisforschung folgte zu Beginn der 1990er-Jahre: die Entdeckung des körpereigenen Endocannabinoid-Systems. Das Auffinden der Cannabinoidrezeptoren führte zu einer explosionsartigen Intensivierung der Forschung. Aufgrund dieser neuen Erkenntnisse haben verschiedenste Länder Anstrengungen unternommen, Cannabispräparate oder Cannabinoide (THC bzw. Dronabinol, CBD, Nabilon, Nabiximol) verkehrsfähig zu machen, wenngleich dies je nach Land sehr unterschiedlich gehandhabt wird. In den letzten Jahren war es vor allem das Cannabisextrakt enthaltende Fertigarzneimittel Nabiximols (Sativex®), das sich, nebst den Individualrezepturen (v.a. Dronabinol), etablieren konnte. Weltweit ist eine starke Tendenz zu erkennen, dass der Zugang für die medizinische Verwendung von Cannabis liberalisiert wird, so auch in Deutschland, wo seit 2017 das Verschreiben von THC-haltigen Hanfblüten möglich ist. Grosse Hoffnungen werden zudem in das medizinische Potenzial des nicht psychoaktiven CBD gesetzt, insbesondere zur Behandlung von Epilepsie. Ein neuerlicher Schritt in diese Richtung war die Zulassung des CBD-haltigen Medikamentes Epidiolex® zur Behandlung schwerer Epilepsieformen durch die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA im Juni 2018.
Es scheint sich abzuzeichnen, dass die Renaissance der Arzneipflanze Cannabis nicht mehr aufzuhalten ist. Ob Hanf die großen Erwartungen erfüllen kann, wird die Zukunft zeigen. Bereits heute ist Cannabis für viele Patienten ein unverzichtbares Medikament geworden.
Literatur
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3 Die Geschichte eines Gesetzes: Von der Ausnahme zur regulären Verschreibung von Cannabis
Franjo Grotenhermen
Die juristische Auseinandersetzung, die schließlich zur Durchsetzung von Ausnahmeerlaubnissen für die Verwendung von Cannabisblüten ab dem Jahr 2007 und zu einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts für den Eigenanbau von Cannabis durch Patienten im Jahr 2016 führte, begann mit einer Verfassungsbeschwerde durch acht Patienten am 14. Dezember 1999. Bereits im Jahr 1995 gelangte ein durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums erstelltes Gutachten zu dem Schluss, dass die medizinische Verwendung von Cannabis bzw. Tetrahydrocannabinol (THC) nicht mit dem Argument zurückgewiesen werden könne, es gäbe „auf jedem Gebiet bessere therapeutische Alternativen“ (Goedecke u. Karkos 1996).
3.1 Die Folgen eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts
Im Dezember 1999 hatten acht Patienten mit verschiedenen Erkrankungen eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht gegen das Verbot der medizinischen Verwendung von Cannabis eingereicht. Ihre behandelnden Ärzte hatten ihnen bescheinigt, dass sie von Cannabisprodukten profitieren (Grotenhermen 2018). Das Bundesverfassungsgericht öffnete mit seinem Beschluss die Tür für dynamische juristische und politische Auseinandersetzungen, die schließlich am 19. Januar 2017 zur einstimmigen Verabschiedung eines Gesetzes führten, durch die Cannabisblüten in Deutschland verschreibungsfähig wurden.
3.1.1 2000: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts
Das Bundesverfassungsgericht entschied am 20. Januar 2000, dass Patienten bei der Bundesopiumstelle des BfArM eine Ausnahmeerlaubnis zur Verwendung von Cannabis beantragen können (2 BvR 2382–2389/99). Das Bundesverfassungsgericht wies darauf hin, dass sich Patienten auf den § 3 Abs. 2 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) beziehen können, in dem es heißt:
„(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.“
In ihrem Urteil schrieben die Richter, dass auch die medizinische Versorgung der Bevölkerung ein öffentlicher Zweck sei, der im Einzelfall die Erteilung einer Erlaubnis rechtfertigen kann.
„Die medizinische Versorgung der Bevölkerung ist danach auch ein öffentlicher Zweck, der im Einzel fall die Erteilung einer Erlaubnis gemäß §3 Abs. 2 BtMG rechtfertigen kann (…).“
„Zwar steht die Erteilung einer Erlaubnis zum Verkehr mit Betäubungsmitteln im Ermessen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte; jedoch haben Antragsteller einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung.“ (Bundesverfassungsgericht 2000)
3.1.2 2005: Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
Von der Möglichkeit eines Antrags an die Bundesopiumstelle gemäß des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts haben mehr als 100 Patienten Gebrauch gemacht. Darunter war auch ein Rechtsanwalt, der an multipler Sklerose (MS) mit schweren Symptomen litt, die sein Leben massiv beeinträchtigten. Alle Anträge