Kanghan YUAN

Einer der auszog, um reich zu werden


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wenn Frauen nicht laufen könnten, dann blieben sie auch zuhause und seien treu. Nur am Laternenfest erlaubten die reichen Eltern ihren Töchtern mit den kleinen, zusammengebundenen Füßchen auf der Straße spazieren zu gehen. Das war der einzige Tag im Jahr, an dem sie mit Männern flirten konnten. Diese furchtbare Tradition der Qing-Dynastie wurde erst 1919 aufgehoben, wobei das Laternenfest noch immer zur Brautschau und Ehestiftung genutzt wirf. Bis heute ist es noch üblich, dass nur Frauen und Männer aus der gleichen Gesellschaftsschicht heiraten dürfen.«

      In diesem Jahr fällt der Valentinstag auf einen Freitag. Aus meinem Versprechen, spätestens sieben Uhr abends von der Arbeit zurück zu sein, wurde leider nichts. Ich war schon spät dran und dann haben mir noch die vollen Straßen einen Strich durch die eh schon knappe Rechnung gemacht. Chinesen nehmen es mit der Pünktlichkeit zwar nicht so genau, aber meine eineinhalbstündige Verspätung ist selbst für Hong zu viel.

      Da wir nun alle Hunger haben, gehen wir vor unserem Urlaub gemeinsam huǒguō, chinesischen Feuertopf, essen. Das Essen ist günstig. Für fünfzig Renminbi pro Person, was etwa 6,50 Euro entspricht, können wir drei Stunden lang essen und trinken, so viel wir wollen.

      Wie nebenbei klärt mich Hong darüber auf, was es bei Geschenken in China unbedingt zu beachten gibt. »Es gibt drei Geschenke, die du in China unbedingt vermeiden musst! Regenschirme, Standuhren und Birnen.«

      Der Regenschirm macht mich ehrlich nervös und ich frage nach dem Warum.

      Hong malt mir die Schriftzeichen auf und erklärt, dass »Standuhr« leicht zu verwechseln ist mit »enden«, »Birne« sich anhört wie »scheiden lassen« und die Aussprache für das Wort »Regenschirm« genauso klingt wie das Wort »trennen«.

      Oh je, dann war mein gestriges Geschenk an meine Frau nicht gerade beziehungsfördernd, aber meine chinesische Familie hat geflissentlich darüber hinweggesehen und meinen Fehlgriff offenbar nicht so tragisch genommen.

      Bei »Äpfeln« ist es anders, denn eine Silbe ähnelt »Frieden«, daher schenken sich vor allem Liebespaare gerne Äpfel.

      Klingt abergläubisch … oder war das jetzt ein Wink mit dem Zaunpfahl? Als Deutscher muss ich mich besser vorher informieren, bevor ich hier Geschenke verteile.

      An unserem ersten Urlaubstag brechen wir gleich frühmorgens zum Flughafen auf mit dem Reiseziel Pattaya in Thailand. Hongs Erkältung ist trotz Abgehärtetsein nicht besser geworden und sie sehnt den Urlaub herbei. Ich hoffe sehr, dass die Wärme ihr gut tun und sie sich schnell in der klaren Luft erholen wird.

      Ganz entspannt trete ich den Urlaub nicht an, denn mich interessiert brennend, weshalb mir der Bauträger und der Finanzberater noch nichts über den Baufortschritt sagen konnten? Der ganze Finanzierungsprozess hatte so einfach begonnen. Ich musste nur über die HSBC Bank in Hongkong mein Geld in Thai-Baht umtauschen und auf ein Konto in Thailand überweisen. Postwendend bekam ich die Bestätigung der Anzahlung und die unterschriebenen Vertragsunterlagen zurück. Jetzt will ich mir selbst ein Bild machen.

      Aus Kostengründen besteht Hong auf einem Billigflug … keine Lounge, kein Essen, sitzen wie in einer Sardinenbüchse und kein Entertainment-System an Bord. Nachdem wir mit einer Stunde Verspätung in Bangkok angekommen sind, geht es im Reisebus weiter gen Süden. Der Bus bietet gegenüber dem Flugzeug einigen Komfort, er ist modern und gut klimatisiert: Außentemperatur 27 Grad, innen sind es angenehme 17. Doch des einen Freud ist des anderen