weitere, tiefgreifende Folgen für die Gendergleichheit. Besonders in Ländern mit gesetzlich geregeltem Mutterschaftsurlaub übergehen sexistische Arbeitgeber, die fürchten, die Frauen könnten schwanger werden und die Firma dann Zeit und Geld kosten, Frauen routinemäßig bei der Neubesetzung freier Stellen. In den meisten Ländern sorgen Antidiskriminierungsgesetze dafür, dass so etwas im Allgemeinen gesetzeswidrig ist, aber es kann schwer zu beweisen sein, dass die Entscheidung des Arbeitgebers, keine Frau einzustellen, dadurch motiviert war. Eine Frau mag die erfahrenere und kompetentere Kandidatin für eine Stelle sein, doch wenn der Arbeitgeber fürchtet, womöglich gezwungen zu sein, ihr in einer Zeit, in der sie nichts zum Vorankommen der Firma beiträgt, Geld zu bezahlen, kann das dazu führen, dass er stattdessen einen weniger geeigneten Mann einstellt. Ein solcher Arbeitgeber findet, die höheren Erträge, die eine weibliche Mitarbeiterin womöglich für die Firma erwirtschaftet, würden durch die Kosten für ihren Mutterschaftsurlaub wieder aufgefressen.
Geld regiert die ganze Welt
Es überrascht nicht, dass Frauen schon lange dagegen aufbegehren, doch während ihr Kampf sich historisch gegen Einkommensungleichheit richtete und für die Verbesserung der Beschäftigungsaussichten von Frauen, befassen sich in den letzten Jahren immer mehr Menschen auch mit den negativen Auswirkungen, die das auf Männer hat. Was ich euch jetzt erzähle, mag euch erschüttern bis ins Mark, also legt die Ohren an: Eine der stärksten Antriebskräfte auf der Welt ist Geld. Geld ist toll, mit Geld kann man sich Dinge kaufen und Sachen machen, und es gibt kaum jemanden, der nicht gern mehr davon hätte. Folglich haben sich Männer traditionellerweise wenig Gedanken über ein System gemacht, von dem sie persönlich profitieren, selbst wenn es unfair ist.
»Mike, wären Sie damit einverstanden, etwas weniger zu verdienen, damit Sandra zwei Räume weiter, die dieselbe Arbeit macht wie Sie und zwar genauso gut wenn nicht gar besser, ein wenig mehr verdienen kann?«
»Ähm. Na ja, Chef, eigentlich nicht. Was habe ich denn davon?«
»Ihre Kinder würden in einer faireren Gesellschaft aufwachsen.«
»Aber ich würde weniger verdienen?« »Ja.«
»Dann nicht.«
Sieht man sich die Superreichen an, ist – außer bei einer Handvoll knuddeliger Philanthropen wie Warren Buffet und Richard Branson – der Teil ihres Einkommens, den sie an Wohltätigkeitsorganisationen spenden, prozentual oft geringer als das, was in ärmsten Schichten der Gesellschaft gespendet wird. Wenn wir vom Wohlstand dieser Superreichen lesen, ist dieser für die meisten von uns so riesig, dass wir gar nicht begreifen, wie viel Geld das überhaupt ist oder wie man es je ausgeben kann. Überlegt mal, was ihr mit, sagen wir, 3 Millionen Euro machen würdet. Das wäre schön, nicht wahr? Und ganz unmöglich ist es nicht: Vielleicht gewinnt ihr ja im Lotto. Wenn ihr 100 Jahre alt würdet, wären das dann 30.000 Euro für jedes Jahr eures Lebens, auch für die Jahre vor dem Lottogewinn. Das ist fast so viel wie das Durchschnittseinkommen im Vereinigten Königreich. Solange ihr also die 3 Millionen auf einem Sparkonto lasst, um mit der Inflation Schritt zu halten, und keine Dummheiten macht, müsstet ihr euer ganzes Leben lang keinen einzigen Tag mehr arbeiten. Stellt euch vor, genug Geld zu haben, um nie mehr arbeiten zu müssen! Stellt euch vor, wie phantastisch das wäre. Und jetzt stellt euch vor, was ihr mit tausend Mal so viel Geld machen würdet. Das sind 3 Milliarden, damit könnte man tausend Mal 100 Jahre alt werden, ohne je einen einzigen Tag arbeiten zu müssen. Im Jahr 2015 gab es 1.826 Milliardäre auf der Welt mit einem Durchschnittsvermögen von 3,8 Milliarden US-Dollar,8 was zu dem Zeitpunkt, da ich dies schreibe, nicht ganz 3 Milliarden Euro sind. Wenn diese 1.826 Menschen ihren Wohlstand so verteilten, dass sie sich ein jährliches Durchschnittseinkommen zahlen könnten, besäße jeder von ihnen genug, um 100.000 Jahre zu leben, ohne je arbeiten zu müssen. Lasst uns das mal relativieren: Da erst zehn Prozent der Reise vergangen sind, wären sie dann so weit in der Zukunft wie die Epoche, als wir den Lebensstil als Jäger und Sammler aufgegeben haben, in der Vergangenheit liegt. Auf halbem Weg hätten sie so lange gelebt, wie modernes menschliches Verhalten existiert. Bis sie ihr Geld ausgegeben haben, bereuen sie die Entscheidung wahrscheinlich und fragen sich, warum sie beschlossen haben, behaglich 100.000 Jahre zu leben, und gütiger Himmel, es ist verdammt heiß auf der Erde heutzutage, was?
So viel Geld besitzt der durchschnittliche Milliardär. Viele dieser Menschen arbeiten aber weiter und widmen ihr Leben der Aufgabe, dieses Vermögen noch weiter zu vergrößern, denn so etwas macht Geld: Es verzerrt die Perspektive. Viele Menschen wollen, egal wie viel Geld sie schon besitzen, immer noch mehr davon. Egal, wie unsere Situation ist, wir sind selten zufrieden und wissen, dass es immer noch besser geht. Das gehört zu den Dingen, die den Menschen so einzigartig machen, und auch wenn es in solchen Dimensionen rätselhaft erscheint, ist es wahrscheinlich der Grund, warum wir einen so großen technischen Fortschritt erreicht haben: Es gibt immer noch etwas, was uns das Leben leichter machen kann.
Wenn Mikes Chef also fragt, ob er etwas weniger verdienen möchte, damit Sandra im Büro nebenan ein wenig mehr verdienen kann, wird er – ob er weiß, dass es eigentlich fair wäre, oder nicht – nicht das opfern, was ihn persönlich motiviert. Es entspricht der menschlichen Natur, dass die mit den größten Privilegien nicht gewillt sind, diese aufzugeben, auch wenn sie erkennen, wie unfair es ist. Der Komiker Louis CK hat dies in Bezug auf Rasse vermutlich besser erklärt, als es irgendjemand sonst könnte:
»Ich find’s toll, weiß zu sein. Im Ernst. Wenn man nicht weiß ist, verpasst man was: Es ist so richtig geiler Scheiß. Lassen Sie mich das klarstellen: Ich sage nicht, dass Weiße besser sind. Ich sage nur, dass weiß zu sein eindeutig besser ist. Wer wollte mir da widersprechen? Wenn man die Wahl hätte, würde ich jedes Jahr verlängern. ›O ja, ich nehme wieder weiß. Definitiv.‹ Ich sag Ihnen, wie toll es ist, weiß zu sein: Wenn ich eine Zeitmaschine hätte, könnte ich in jede Zeit reisen, und es wäre phantastisch, wenn ich dort ankäme! Das ist ein exklusiv weißes Privileg! Schwarze geben sich nicht mit Zeitmaschinen ab!«
Was Arbeit angeht, haben Männer immer von ihrem Gender profitiert und profitieren heute noch davon, auch wenn viele von uns es weder mit Absicht tun noch böswillig. Es ist entscheidend, dass wir dies zugeben: Wenn ihr glaubt, dass Frauen Chancengleichheit verdient haben, dann müsst ihr wenigstens zugeben, dass das Problem existiert. Wenn ihr nicht glaubt, dass Frauen Chancengleichheit verdient haben, dann solltet ihr dieses Buch wahrscheinlich nicht lesen, aber selbst dann gibt es einen Anreiz, euch das Problem bewusst zu machen, denn auch ihr als Männer könnt davon profitieren.
Wie wir uns den Weg aus unserem biologischen Schicksal gestaltet haben
Im Zuge der Veränderungen der Genderrollen in den letzten sechzig oder siebzig Jahren haben mehr Frauen einen Beruf ergriffen und sich allmählich auch in Führungspositionen hochgearbeitet, die zuvor nur Männern vorbehalten waren (197 von diesen Milliardären im Jahr 2015 waren Frauen, die höchste Zahl aller Zeiten). Finanziell haben Männer immer noch bedeutend mehr Macht, aber immer häufiger sehen wir, was einst undenkbar gewesen wäre: Haushalte und Partnerschaften, in denen Frauen die Hauptverdienerinnen sind. Das bietet den Männern eine Gelegenheit, die ihnen in der Vergangenheit selten offenstand: Sich in erster Linie um ihre Kinder zu kümmern.
Dies ist eines der zentralen Beispiele dafür, dass die Biologie bei Genderrollen inzwischen überflüssig ist. Es stimmt zwar, dass ihre Körpergröße und ihre Kraft frühen Männern einen Vorteil als Jäger verschaffte, doch Frauen hätten, auch wenn sie von Natur aus zierlicher sind, durchaus auch die Muskelkraft entwickeln können, die notwendig war, um ihre Beute zu erlegen, wenn sie die Chance bekommen hätten. Männer dagegen hätten nicht die Aufzucht der Kinder übernehmen können, denn sie können keine Milch produzieren – etwas, worüber ich manchmal jammere, wenn ich meine rätselhaft funktionslosen Brustwarzen im Spiegel betrachte. Und so war für den größten Teil der Geschichte festgeschrieben, dass Genderrollen nicht davon bestimmt wurden, was Frauen gekonnt hätten, sondern davon, was Männer nicht konnten. Es ist die grausamste Ironie, und noch heute leiden Frauen unter dem, was man tatsächlich ihre biologische Überlegenheit nennen könnte. Doch das muss nicht sein.
Das Ammentum hat eine lange