Nina Kayser-Darius

Kurfürstenklinik Paket 1 – Arztroman


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Bett saß, mahnte: »Sie müssen in Ihr Zimmer zurück, Herr Bergmann. Sie sind selbst noch sehr krank, und es wäre nicht gut, ein Risiko einzugehen.«

      »Unsinn. Mir geht’s hervorragend – im Gegensatz zu meinem Kind. Was, zum Teufel, ist nur mit ihr los?«

      »Wenn wir das wüßten!«

      Die beiden Männer fielen jetzt wieder in gemeinschaftliches Schweigen zurück. Hin und wieder kontrollierte Dr. Reinhardt Christinas Puls- und Kreislauffunktionen, aber mehr konnte er nicht tun. Man hatte eine Infusion angelegt, da die Patientin merkwürdig ausgetrocknet gewirkt hatte. Jetzt war die Haut wieder glatter, wirkte besser durchblutet.

      Und plötzlich schlug die Kranke die Augen auf. »Vati…« Die Stimme war nur ganz leise, aber der alte Mann im Rollstuhl reagierte sofort.

      »Christina!« Er beugte sich vor, versuchte gar aufzustehen, aber da war Markus Reinhardt schon bei ihm und drückte ihn behutsam auf den Sitz zurück.

      »Was ist mit mir?« Fragend sah die junge Frau von einem zum anderen.

      »Du hattest einen kleinen Zusammenbruch, erinnerst du dich?« fragend sah Markus sie an.

      »Ja. Ich… ich konnte nicht mehr richtig sprechen. Und elend war mir. Komisch, das hatte ich vor ein paar Tagen schon mal. Aber nicht so schlimm.«

      »Wir haben dich schon gefragt, ob du irgend etwas gegessen hast, das aus dem Rahmen fiel, aber…« Markus zuckte die Schultern. »Überleg noch mal ganz genau. Es ist wichtig, Christina!«

      Die Schauspielerin schloß die Augen, konzentrierte sich, versuchte sich zu erinnern.

      Aber das fiel ihr schwer. Unsagbar schwer. Immer wieder glitten die Gedanken fort…

      Leise wurde an die Tür geklopft, und gleich darauf trat

      Adrian Winter ein.

      Als er sah, daß auch Christinas Vater da war, atmete er schneller. Es ging der Patientin doch wohl nicht so schlecht, daß man ihren Vater gerufen hatte?

      Aber ein Blick auf die junge Frau beruhigte ihn. Er wandte sich an Markus Reinhardt:

      »Ist sie mal wach geworden« wollte er wissen.

      »Und sie ist ansprechbar.«

      »Das ist gut.« Adrian legte die Hand auf Christinas Arm und drückte ihn sacht. »Hallo, ich bin’s – Adrian Winter. Frau Bergmann… hören Sie mich?«

      »Ja.« Christina öffnete die Augen.

      »Sagen Sie, haben Sie in den letzten Wochen eine Hungerkur gemacht?«

      Die Patientin nickte. »Ja. Für die neue Rolle mußte ich abnehmen.«

      »Und die Dreharbeiten – wo haben die stattgefunden?«

      »Erst an der Riviera, dann in Paris.«

      »Und immer war Sonnenschein, ja?«

      Markus sah den Freund und Kollegen verständnislos an. Was bezweckte Adrian mit all diesen Fragen?

      Christina, die bereits wieder müde wurde, mußte sich zwingen zu antworten: »Ja, leider. Ich bekomme so rasch eine Sonnenallergie.«

      »Das ist es!« rief Dr. Winter triumphierend. »Gegen diese Allergie haben Sie bestimmt Kalzium genommen, ja?«

      Sie nickte. »Klar. Brausetabletten. Die helfen immer.«

      »Ach, du liebe Güte«, murmelte Markus Reinhardt, dem inzwischen auch klargeworden war, worauf sein Freund hinauswollte. »Darauf kommt man nicht so leicht.«

      Dr. Winter nickte. »Sie hat eine extreme Hyperkalziämie, dazu eine Exsikkose.«

      »Die zu starke Kalziumzufuhr, die Hautaustrocknung… alles Symptome. Aber es fehlten uns noch einige, um wirklich sofort die richtige Diagnose stellen zu können.«

      »Da hast du recht. Sie hat zwar über Übelkeit geklagt, aber nicht in starkem Maße. Von Muskelschwäche war gar nichts zu merken. Auch haben wir keine Polyurie, also eine krankhafte Vermehrung der Harnmenge festgestellt.«

      Markus streichelte Christinas Wange und lächelte ihr aufmunternd zu. »Wenn man den Feind erst mal erkannt hat, kann man ihn bekämpfen – und das werden wir jetzt auch tun.«

      »Es wäre wahrscheinlich gar nicht zu einem solch massiven Verlauf der Erkrankung gekommen, wenn Sie vorher nicht so stark gehungert hätten, Christina.«

      Die schöne junge Frau zuckte die Schultern. »Ich mußte doch! Für die Rolle war’s wichtig, wie ein ganz junges Mädchen zu wirken – zart und zerbrechlich!« Sie schnitt eine kleine Grimasse. »Und das bin ich ja eigentlich nicht.«

      Dr. Reinhardt beugte sich über sie. »Für mich bist du die Schönste – und meine Traumfrau.«

      Christina lächelte. »Herr Doktor. Ich glaube, das ist die Medizin, die ich am meisten brauche.«

      »Nichts da«, bestimmte Dr. Winter. »Jetzt wird erst mal ganz vernünftig das getan, was ich anordne. Wir werden morgen früh auch noch die Kollegin Martensen hinzuziehen. Alles andere hat Zeit.«

      Christina nickte. Sie fühlte sich schon wieder völlig schlapp, doch es war ein gutes Gefühl zu wissen, daß man ihr jetzt wirkungsvoll helfen konnte. Und wenn sie Markus ansah, wenn sie in seinen Augen las, was er für sie empfand, dann fühlte er sich schon wieder richtig glücklich.

      Adrian Winter ging zur Tür. »Drei Minuten noch«, sagte er und zwinkerte dem Freund zu.

      Markus beugte sich tiefer über Christina. »Drei Minuten… das ist viel zu wenig um dir zu sagen, wie sehr ich dich liebe.«

      »Sag’s einmal«, flüsterte sie.

      Zärtlich nahm er ihr Gesicht in seine Hände. »Ich liebe dich, Christina. Ich glaube, ich habe dich schon als ganz junger Mann geliebt. Und dieses Gefühl ist immer mehr gewachsen. Ich will dich nie wieder loslassen. Wir gehören zusammen, ja?« Sie nickte, dann schloß sie die Augen – und war eingeschlafen.

      Von den Infusionen, die man ihr in den nächsten Stunden anlegte, merkte sie nichts mehr. Sie spürte auch keine Beschwerden mehr.

      Doch Markus’ Nähe war ihr bewußt, tief im Innern merkte sie, daß er da war. Und dieses Wissen zauberte ein kleines Lächeln auf ihr schönes blasses Gesicht.

      *

      »Ihre Schwester ist da, Herr Doktor«, meldete Lernschwester Bea, und schon trat Esther in das Büro ihres Bruders.

      »Ich bin gerade in der Nähe und wollte mal sehen, was unser süchtiges Baby macht.« Sie ließ sich Adrian Winter gegenüber in einen der Besuchersessel fallen. »Du selbst scheinst ja nicht mehr zu Hause zu wohnen, sondern nur noch in der Klinik – also mußte ich herkommen.«

      Schwester Bea zog es vor, schnell wieder hinauszugehen. Sie hätte der Besucherin gern noch einen Kaffee angeboten, doch da wurde offenbar eine sehr private Unterredung geführt, da wollte sie nicht stören.

      Adrian Winter grinste. »Stimmt, Schwesterchen. Ich bin hier voll im Einsatz. Aber… es zahlt sich aus. Ich hab’ mir schon einen Kuppelpelz verdient, hab’ geholfen, unser kleines Sorgenkind aufzupäppeln, hab’ einen alten Mann mit seiner Tochter versöhnt und…«

      »Du bist ein Held«, grinste Esther respektlos. »Aber jetzt mal im Ernst: Was macht das Baby?«

      »Dem geht’s schon richtig gut. Klein-Katrin hat den Entzug schon recht gut verkraftet, ich denke, daß sie bald ganz gesund ist.«

      »Und dann? Was passiert dann mit ihr? Das Jugendamt wird sie in einem Säuglingsheim unterbringen, man wird Adoptiveltern suchen…«

      Dr. Winter nickte. »Natürlich. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Aber ich denke, daß sorgfältig ausgewählte Adoptiveltern der Kleinen einen besseren Start ins Leben geben können als die leibliche Mutter.«

      Esther nickte. »Da hast du schon recht. Und ich wüßte auch ein junges